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Samstag, 30. Januar 2010

Zu Besuch bei Freunden in Bahia

Mercilene und Jeronymo ( die beiden Wohnmobilfahrer, die wir in Peru und Bolivien trafen) hatten uns auf ihre Fazenda in der Nähe von Porto Seguro/Bahia eingeladen und da Bahia sowieso ein Ziel von uns war, wollten wir bei dieser Gelegenheit einmal das Leben auf einer Fazenda kennenlernen. Doch bis dahin galt es noch sehr, sehr viele Kilometer zu fahren. Zunächst also mussten wir die ganze Strecke zurück bis Guanhães bewältigen. Dann weiter auf wieder erträglicherer Straße bis Gov. Valdaras und Teófilo Otoni. Trotz fast unerträglicher Hitze im WoMo war Bernd nicht mehr zu bremsen und wollte noch weitere Kilometer schaffen. So kam es wie es kommen musste, kaum auf der BR 418 gab es außer schöner Landschaft nichts mehr. Weder Autoverkehr, noch Orte, geschweige denn geeignete Übernachtungsplätze für uns. Selbst die schönen Berge hatten weder in unserem Reiseführer noch in der Landkarte Namen für uns. Dabei wären sie in jedem anderen Land bestimmt Heiligtümer der Ureinwohner gewesen.

Endlich eine Tankstelle ! Allerdings schließt die um 22.00 Uhr. Was sollten wir machen, bald wird es dunkel? Wir beschlossen in den sauren Apfel zu beißen und da zu bleiben. Was sollte uns hier in der Einsamkeit schon passieren? Ein Polizeiauto kam und die Polizisten fanden unsere Idee gar nicht gut. Man wüsste nie, wer in der Nacht hier so alles vorbei kommt und auf welche Ideen er dann verfallen würde. Also mussten wir nochmals 30 Kilometer weiter und etwas abseits der Durchgangsstraße in den Ort Carlos Chagas zur Polizeistation fahren. Direkt neben der Station befand sich ein riesiger Omnibusparkplatz und dort sollten wir bleiben. Das war Premiere in Südamerika. Da erste Mal eine Übernachtung an einem Polizeiposten. Es war zwar schon stockdunkel, doch die Hitze wurde nicht weniger und so stellten wir unsere Stühle nach Draußen und bleiben die halbe Nacht da sitzen. 600 Kilometer hatten wir zurückgelegt, das war eine stramme Tagesleistung.

Auch der nächste Tag war nicht viel besser. Fahren war angesagt und bei Ibiranhém hatten wir endlich den Bundesstaat Bahia erreicht. Jetzt wurde es noch heißer und wir konnten gar nicht mehr so viel trinken wie wir gleich wieder ausschwitzten. Als wir die Atlantikküste und den Ferienort Alcobaça endlich erreichten, hatte unsere Körpertemperatur den Siedepunkt überschritten. Was gäben wir jetzt für eine Klimaanlage im WoMo.

Leider war der einzige Campingplatz im Ort trotz Hochsaison geschlossen, doch auf dem Parkplatz des Strandlokales Cata Vento fanden wir eine Heimat und Strom und Wasser dazu. Sofort begaben wir uns ans Meer in den Schatten und der Wind tat dann sein übriges dazu um aus uns wieder halbwegs normale Menschen zu machen. Hier blieben wir dann ein paar Tage.

Strandwanderungen, Muschelsuchen und Korallen fotografieren waren unsere liebsten Beschäftigungen.

Des weiteren Abendspaziergänge in den Ort und natürlich Sonnenuntergänge. Diesmal am Leuchtturm.

Sonntags war übrigens die Ruhe vorbei, da gab es am Stand nicht mal mehr Platz für ein Handtuch. Die brasilianischen Familien mit Großeltern, Kindern und sonstigen Verwandten bevölkerten jeden möglichen Winkel. Wir haben dieses Schauspiel von unseren bequemen Stühlen aus genossen.

Montags waren wir soweit erholt, das wir schon wieder zu neuen Taten schreiten wollten. Uns lockte der Parque National Marinho de Albrolhos. In diesem Teil des Atlantiks bekommen die Buckelwale ihre Jungen und laut Reiseführer sollten sie bis Dezember dort sein. Vielleicht hätten wir ja noch Glück und ein paar Nachzügler wären noch zu sehen. Also machten wir uns auf nach Caravelas, da von dort die Boote zum Nationalpark fahren. In Caravelas mussten wir wieder einmal erkennen, das sie irgendwie nicht auf Individualtouristen eingestellt sind. Keinerlei

Hinweise auf Infozentrum oder Bootstouranbieter. Lediglich das historische Zentrum war als solches gekennzeichnet und mehr heruntergekommen als historisch.

Zuerst suchten wir das Instituto Baleia Jubart auf. In dieser Forschungsstation sollten wir angeblich Informationen bekommen und es gebe einen Film über die Wale. Informationsmaterial null, aber immerhin nach längerem Suchen einen Mitarbeiter der Englisch sprach. Die Wale sind seit November weg, keine Chance mehr sie zu sehen. Beim DVD Player war die Fernbedienung nicht zu finden und so konnte die DVD nicht in Englisch abgespielt werden. Nachdem drei Mitarbeiter versuchten das Gerät zu programmieren, gaben sie auf und wir bekamen die DVD geschenkt, damit wir sie uns auf unserem eigenen Laptop ansehen können. Dann zeichnete uns der Mitarbeiter auf einem Blatt Papier einen groben Stadtplan auf, damit wir die Agentur für die Bootsfahrten (die Schnorcheltour wäre auch ohne Wale sehr schön) und das Informationszentrum finden können. Auf die Schnorcheltour verzichteten wir dann, sie war mit 100,-- Euro pro Person ohne Wale nicht mehr interessant für uns und bunte Fische haben wir ja in Bonaire mehr als genug gesehen. Doch wenigstens das Infocenter wollten wir noch besuchen. Konnten es aber trotz Zeichnung nicht finden, es gab keinerlei Hinweise wo es sein könnte. Kaum hielten wir am Straßenrand an, um uns die Zeichnung noch einmal genau anzusehen, stand schon ein Auto mit einer Familie aus São Paulo neben uns. Die Kinder der Familie waren stolz darauf in der Schule Englisch und Spanisch zu lernen und es an uns jetzt auszuprobieren. Tausend Fragen mussten beantwortet werden und eine WoMo Besichtigung war auch noch drin.

Die Familie suchten dann gemeinsam mit uns das Infocenter. Ein Haus ohne Namensbezeichnung mit Personal ohne Interesse. Erst nach mehrmaligem Nachhaken wurde uns die Tür zu einem Raum mit einer kümmerlichen Ausstellung geöffnet. Die unverschämte Nachfrage nach dem Film über das Schutzgebiet störte nun wirklich, doch unsere Begleiter blieben hartnäckig. Widerwillig wurde der DVD Player angeworfen und wir konnten einen Film in portugiesisch mit viel Gerede und wenig Bildern ansehen. Unsere Begleiter entschuldigten sich vielmals bei uns, in São Paulo würde uns so etwas nicht passieren. Es gäbe noch viel zu tun in Brasilien. Gut dass sie das und nicht wir gesagt haben. Sie verabschieden sich wortreich von uns und machen sich dann auf den Weg zu ihrem Urlaubsziel. Sechs Tage waren sie nun schon unterwegs um von São Paulo nach Natal zu kommen und fanden noch die Zeit sich um ein paar Ausländer zu kümmern. Das ist wieder mal ein super Beispiel wie hilfreich und freundlich die Brasilianer sind.

Wir fuhren zurück zu unserem schönen Stellplatz in Alcobaça und sahen uns dann am Abend anstelle in freier Natur die Wale im wirklich netten Film an und da es uns schon wieder viel zu heiß war, beschlossen wir dann auch gleich noch weitere 2 Tage hier zu bleiben.

Zwischenzeitlich hatten wir mehrmals E-Mail Kontakt zu Mercilene und wir wurden nun langsam auf der Fazenda erwartet. Also ging es mal wieder auf die Straße, diesmal Richtung Porto Seguro. Über Prado und Itamraju (wieder mit eigentümlichen Felsforamtionen)

erreichten wir Eunápolis und dann Arraial d´Ajuda, den Ort wo wir uns mit Mercilene treffen sollten, da diese befürchtete wir könnten die Fazenda alleine nicht finden. Gegen 17.00 Uhr traten wir dann gemeinsam die Fahrt zur Fazenda an (Mercdilene fuhr im Auto voraus). 50 Kilometer Fahrt lagen nun vor uns. Zunächst noch 20 Kilometer auf Asphalt, dann vor Trancoso in einem Kreisverkehr durch ein Viehgatter auf eine üble Piste. Hier gab es nur noch Landschaft, Kühe und irrsinnigen Verkehr. Mercilene hatte uns schon vorgewarnt. Die Leute fahren hier zum Strand und kommen um diese Uhrzeit zurück und das mit einem Affenzahn. Staubwolken vernebelten uns die Sicht und unser Innenraum glich langsam einer Wüstenlandschaft. Zunächst gab es noch ein paar Zufahrten zu Fazendas zu sehen. Hier eine besonders auffallende.

Die Piste wurde immer schlechter und ging oft steil berauf oder bergab. Behelfsmäßige Brücken waren zu überqueren. Dann Alarm vom Reifendruckgerät, Plattfuß. In Itapuranga, einem Indianerdorf gab es eine Borracharia, doch weder Werkzeug noch Licht (zwischenzeitlich war es ja stockdunkel). Bernd konnt mit allem behilflich sein und als der Reifen runter war, war es wieder mal ein Ventil. Doch hier konnte es niemand wechseln und so musste der Ersatzreifen aufgezogen werden. Die letzten 9 Kilometer tasteten wir uns quasi nur noch vorwärts. Nicht mehr das Geringste war von der Strecke bzw. der Umgebung zu erkennen. Wir waren nur noch froh endlich angekommen zu sein. Doch zunächst machten wir noch Halt bei Konstancia und Jeronymo sen., den Eltern von Jeronymo. Hier gaben wir unseren Reifen ab, sie würden ihn zur Reparatur nach Eunópolis ( 70 Kilometer) bringen. Im Wohnhaus von Mercilene und Jeronymo gab es dann ein verspätetes Abendessen und eine Dusche. Eines der angebotenen Gästezimmer lehnten wir ab, wir fühlen uns eben am wohlsten in Burro. Da unsere Gastgeber um 4.00 Uhr morgens aufstehen müssen, gingen wir bald darauf schlafen nicht ohne gewarnt worden zu sein, das WoMo nicht mehr zu verlassen, denn ab jetzt passen zwei große Hunde (Schäferhund und Rottweiler/Dobermann-Mischung ) auf alles auf.

Als wir um 8.00 Uhr wach werden, hat Jeronymo sein Tagewerk schon hinter sich und wir frühstücken gemeinsam. Dann erst sehen wir uns richtig um und bewundern das große Haus.

Bernd stellt Burro unter einen großen Baum mit viel Schatten und kleinen, sehr harten Früchten, die uns ab und an lautstark bombardieren.

Jetzt möchte Jeronymo uns seine Fazenda zeigen. Das sind gerade mal schlappe 2.000 Hektar. Wir schnappen nach Luft und versuchen uns irgendwie diese Größe räumlich vorzustellen. In Gedanken ziehen wir einen Kreis um unsere Verbandsgemeinde und überlegen, wie viel Menschen bei uns in Deutschland auf so einer Fläche wohnen. Jeronymo versichert uns, dass die Größe der Fazenda mittelmäßig ist. Es gibt hier noch einige um ein vielfaches größere Fazendas.

Was braucht der moderne Fazendabesitzer um sein Land zu kontrollieren? Ein Pferd, einen Jeep? Nein, er hat ein Kleinflugzeug und eine Start- und Landebahn direkt neben dem Haus. Da er nur einen Passagier mitnehmen kann, lasse ich Bernd vorsichtshalber mal den Vortritt. Einer muss ja überleben. Bernd kommt heil wieder und schwärmt wie schön es war, also muss ich auch mit, ob ich will oder nicht. Doch da ich Jeronymo kenne und weiß, dass er im Umgang mit seinen Maschinen sehr gewissenhaft und korrekt ist lasse ich mir den Flug dann doch nicht entgehen.

Aus der Luft erkennt man sehr genau die verschiedenen wirtschaftlichen Standbeine der Fazenda. Hier eine Papayaplantage. Wir erfahren, dass die Bäume 1 Jahr wachsen, 2 Jahre Ertrag bringen und dann wieder gefällt werden. Danach können für 5 Jahre hier keine Papayas mehr angepflanzt werden. Dann wachsen hier Eukalyptusbäume, die entweder Papierholz oder Bauholz werden.

Was für uns zunächst aussieht wie Weinreben entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Maracuja-Anpflanzung. Die zweite Obstsorte die hier angebaut und vermarktet wird.

Doch Haupterwerb sind natürlich die Rinder. Wobei der größere Teil ca.1.900 Fleischrinder sind, jedoch gibt es auch noch 150 Milchkühe. Natürlich auch Pferde, Mulis, Schweine und Hühner, die jedoch nur für den persönlichen Gebrauch.

Dann fliegen wir auf die Küste zu. Kokosnussplantagen so weit das Auge reicht. Agua de Coco (das Wasser der grünen Kokosnuss) ist ein sehr beliebtes Getränk in Brasilien und gerade gestern hat Jeronymo 6.000 Kokosnüsse verkauft, die schon im LKW auf dem Weg nach São Paulo sind.

An diesem Küstenabschnitt wohnen die superreichen Brasiliens. Firmenchefs, berühmte Fussballstars und was sonst noch so Geld und Namen hat. Alles ist Privatland und die Strände nur noch mit Boot oder Flugzeug zu erreichen. Gut, dass wir gerade mal ein Flugzeug dabei haben und so macht Jeronymo eine kleine Zwischenlandung am menschenleeren Strand.

Nach kurzem Aufenthalt erheben wir uns wieder in die Lüfte und schweben zum Wohnhaus zurück. Wegen ein paar heftigen Windboeen schwebt auch mein Magen in Höhen die nicht gut für ihn sind und nach der Landung ist mir noch eine ganze Weile schlecht. Trotzdem bereue ich nicht mitgeflogen zu sein.

Inwischen hat die Köchin Zaza das Mittagessen gerichtet und der Tisch ist für uns gedeckt (wie viele Leute kommen noch?).

Am Nachmittag hat Jeronymo Geschäfte zu erledigen und Mercilene fährt mit uns zu einem Badestrand. Dazu geht es auf verschlungenen Feldwegen 15 Kilometer durch die Landschaft. Wir gelangen zum Rio Caraíva, wo wir mit einem Boot übersetzen müssen.

Auf der anderen Seite haben wir den winzigen Ort Caraíva erreicht. Er war erst ein Indianerdorf, denn haben sich Fischer hier niedergelassen und heute ist er fest in der Hand der Touristen.

Da Caraíva auf einer schmalen Halbinsel liegt, gibt es keinen Autoverkehr und auch keine richtigen Straßen. Die sogenannte Hauptstraße ist eine Sandpiste, gesäumt von winzigen Hostels, Andenkenläden und Gaststätten.

Kommt hier überhaupt einer her? Der Ort ist abgelegen und für Fremde kaum zu finden. Am ehesten könnten wir uns hier eine Hippykolonie vorstellen. Doch kaum am Strand angelangt werden wir eines Besseren belehrt. Eine Vielzahl von Touristen ist versammelt. Der Fluss fließt, erstaunlicherweise immer noch klar und sauber, hier ins Meer und ist somit ein idealer Badepaltz für Jung und Alt. Hier hat man die Wahl, baden im Salzwasser oder im Fusswasser. Was will man mehr?

Wieder auf der Fazenda findet sich am Abend die Großfamilie und außerdem noch weitere Freunde ein. Mercilene übersetz so gut es eben geht ins Spanische und so klappt es mit der Verständigung mehr schlecht als recht und trotzdem haben wir viel zu lachen. Zum Beispiel können sich die Brasilianer überhaupt nicht vorstellen, dass man nicht fast jeden Tag mit Vater, Mutter, Geschwistern, Onkeln und Tanten zusammen ist. Ein Fest ist immer ein Familienfest und schon die Anzahl der Angehörigen reicht aus um einen Saal zu füllen. So wird auch gleich an diesem Abend beschlossen, morgen einem gemeinsamen Grillmittag am Meer zu verbringen. Ach ja, unser Reifen ist zwischenzeitlich auch aus Eunápolis repariert zurück.

Direkt nach dem Frühstück werden die Autos gepackt. Zaza hatte gestern eine Menge Arbeit um alles vorzubereiten. Dann geht es wieder auf Feldwegen über Stock und Stein und ohne irgendeinen Richtungshinweis bis zu einem Gatter. Hier steht ein winziges Häuschen und der Bewohner (er ist einzig und alleine der Türwächter) öffnet uns das Tor. Wir sind auf Privatland. Jeronymo kennt den Besitzer und darf mit seiner ganzen Sippschaft hier ans Meer fahren. Das muss man sich vorstellen: Es ist Sonntag, wir sind in Bahia und haben einen Strand fast ganz für uns alleine. Lediglich ein paar Kinder der Landarbeiter des Grundbesitzers sind außer uns noch da. Wieder fließt ein kleiner, sauberer Fluss durch die Mangroven und bildet ein warmes Plantschbecken.

Nachdem wir uns ein wenig erfrischt haben, machen Bernd und ich eine Strandwanderung. Die Männer der Familie richten derweil den Grill (Loch im Sand, Gitter drauf, fertig). Immer wieder finden wir hübsche Stellen zum Baden

und so ganz nebenbei auch unser Haus mit Traumlage. Übrigens kosten die hier auch schon Millionen Euros. Erstens weil sich viele Europäer so eine Hütte leisten, zweitens weil da immer viel Land drum herum liegt und drittens weil man jede Menge Arbeiter braucht. Vom Landarbeiter bis zum bewaffneten Wachdienst. Also irgendwie müssten wir dann ja auch jeden Urlaub hier verbringen, wäre doch auf Dauer blöd oder?

Als wir zurück kommen ist Jeronymo schon unruhig. Wir waren lange weg und er hatte Sorge uns wäre etwas passiert, außerdem ist das Essen fertig.

Nachdem sie uns mal wieder abgefüttert haben, können wir nur noch liegend den Rest des Nachmittgs verbringen.

Gegen 16.00 Uhr ist allgemeiner Aufbruch. Wir fahren zurück um uns frisch zu machen und dann alle zu Konstancia zum Abendessen zu gehen. Haben wir nicht eben erst gegessen? Wenn das so weiter geht!

Mercilene hat morgen um 8.00 Uhr einen Termin zur Physiotherapie in Arraial d´Ajuda und wir wollen die Gelegenheit nutzen, uns den Ort einmal anzusehen. Im übrigen, das muss man sich mal vorstellen. Wegen einer Physiotherapie 50 Kilometer Anfahrt und das dauert wegen der Piste 1 ½ Stunden. Für hier ist das aber alles ganz normal.

Schon um 6.30 Uhr müssen wir losfahren. Pünktlich sind wir in Arraial d´Ajuda und entlassen Mercilene zu ihrem Termin. Gegen 11.00 Uhr wollen wir uns wieder treffen. Viel zu sehen gibt es hier nicht. Zuerst schauen wir uns den Hauptplatz mit der kleine Kirche an.

Ein paar schöne Gärten und Fassaden gibt es zu sehen.

Dann kommt der rein touristische Teil. Teure Hotels, teure Läden, teure Restaurants. Arraial lebt voll und ganz vom Tourismus, da es hier ein paar sehr schöne Strände gibt. Wir ersparen uns den Weg zum Strand, Strände haben wir rund um die Fazenda schönere und vor allem einsamere.

Wir sind schneller als erwartet mit dem Ort durch und dann kommt auch noch ein Gewitter, dass sich gewaschen hat. Weil es aber so lange nicht geregnet hat, ist hier jeder froh um das Wasser, nur wir nicht. Bei der Rückfahrt zur Fazenda können wir sehen, wie der ohnehin schon schlechte Weg zur reglerechten Falle wird. An den Steigungen kommen selbst die allradgetriebenen Fahrzeuge ins Schlingern. Hänge fangen an zu rutschen und wir denken nur noch, wie kommen wir hier wieder raus? Mercilene meint nur, da bleibt ihr eben so lange bis der Weg wieder befahrbar ist.

Doch noch am gleichen Tag scheint die Sonne wieder mit voller Kraft und das Wasser trocknet so schnell weg wie es gekommen ist. Es trifft noch weiterer Besuch ein. Ein älteres Paar aus Belo Horizonte, Geschäftspartner von Jeronymo werden ein paar Tage bleiben.

Morgen wollen Bernd und ich eine 10 Kilometer lange Wanderung an der Küste machen. Mercilene wollte ursprünglich mitgehen, doch sie kann den Besuch ja nicht alleine lassen. Uns ist das recht, wir brauchen mal eine Portugiesischpause.

Schon gegen 8.00 Uhr fährt uns Jeronymo zu einem Abzweig des Weges nach Caraíva. Er hat gestern 600 Rinder verkauft und das bedeutet in den nächsten 4 Tagen eine Menge Arbeit für ihn und seine Arbeiter. Die Rinder müssen eingefangen, zusammengetrieben und auf LKWs verladen werden. So hat er es an diesem Morgen ein wenig eilig. Er erklärt uns nochmals den Weg, immer am Meer entlang. Wir sollen vorsichtig sein, es wäre unterwegs sehr einsam. Auf dem schmalen Fußweg

erreichen wir den Rio Caraívo, den wir diesmal nicht überqueren müssen, sondern wir gehen links an der Mündung vorbei.

Noch ist das Ufer menschenleer.

Doch schon bald sehen wir am anderen Ufer ein Boot mit Wanderern übersetzen und kurz darauf kommt noch einmal 5 Personen. So einsam werden wir also nicht unterwegs sein, wie Mercilene und Jeronymo befürchtet hatten.

Es ist herrlich hier. Zwar glüht schon wieder die Sonne, doch immer mal wieder gehen wir zur Erfrischung ins Meer oder baden in den Lagunen am Wegesrand. Das Wasser ist wunderbar warm und sauber. Ab und an kommen wir an einem Privateingang vorbei. Hier mit gepolsterten Liegestühlen am Strand und Kanus in der Lagune. Natürlich fehlt nicht der Hinweis auf Privatbesitz und scharfen Hund.

Nach einer kurzen Rast an einem Stand mit Agua de Coco wird es ernst. Wir müssen den Strand verlassen, da eine Klippe im Wege ist und auf eine Anhöhe steigen. Das ist in der Hitze sehr anstrengend und außerdem haben sich mittlerweile die Wanderer verteilt. Die meisten liegen schon faul im Sand, nur wir sind tapfer auf unserem Weg.

Ein ganzes Stück gehen wir durch das Gelände und hoffen immer noch auf dem rechten Pfad zu sein. Es gibt zwar eine Beschilderung, doch die ist teilweise verrottet und liegt sinnigerweise auf der Erde. Jetzt wird es tatsächlich etwas unheimlich hier. Doch der erste Mensch der uns begegnet bestätigt uns, wir sind auf dem richtigen Weg. Nach insgesamt 3 Stunden Wanderung geht es wieder runter ans Meer, doch so recht wissen wir nicht ob wir nun in Espello sind oder nicht. Hier will uns die Familie wieder aufpicken, doch noch ist Niemand zu sehen. Wir sehen mehrer Schildkröten im Meer paddeln und sind so eine Weile abgelenkt. Da kommt uns auch schon Mercilene entgegen. Wir müssen noch ein gutes Stück gehen, bis wir den Rest der Familie treffen. Da werden wir mit Wasser und einem Imbis versorgt.

Dann ist Erholung im Wasser angesagt.

Für so eine lange Strandwanderung hat Frau sich doch eine Belohnung verdient oder nicht? Außerdem von was sollen die Indianer hier leben, wenn nicht von den Touristen?

Heute sind wir mutig und probieren bei dem Verkäufer gebratenen Käse. In dem kleinen Eimer ist glühende Holzkohle. Der Käse steckt auf einem Stiel, wird gegrillt und schmeckt vorzüglich.

Wir wundern uns schon, dass es kein Fleisch zu essen gibt. Außerdem fehlen irgendwie die Männer. Jeronymo hat Arbeit, das wissen wir ja, aber wo sind denn all die Anderen? Wir packen zusammen, verteilen uns auf zwei Pick Ups (Bernd und ich dürfen innen sitzen, der Rest auf den Ladeflächen) und ab geht es zum Haus von Konstancia und dort sind auch die Männer. Während der Tisch fürs Mittagessen gerichtet wird, nehmen wir noch ein schnelles Bad in der Gemeinschaftswanne. Hatten wir heute ja noch nicht Wasser genug.

Kaum bin ich wieder aus der Wanne, tut es einen lauten Knall, eine Seitenwand platzt heraus und alles Wasser ist im Nu weg.

Gut das ich draußen war, sonst hätte man bestimmt mir die Schuld gegeben. Doch auch die harten Früchte über der Wanne könnes es nicht gewesen sein.

Das alles läßt aber die Laune nicht sinken und so geht man eben zum Mittagessen über. Wieder mal sind wir erstaunt, wie man so unkompliziert, mittlerweile immerhin 17 Leute abfüttern kann.

Einen Schatten gibt es dann doch noch, die Männer sind bereit für die Jagt. Hunde werden auf die Ladeflächen gesetzt, Netze bereit gelegt und die Gewehre aus dem Haus geholt. Es sollen Carpivaras und Rebhühner gejagt werden. Ausgerechnet meine geliebten Carpivaras. Nicht nur, dass die Landarbeiter die Jacarés, Affen, Papageyen und Sittiche jagen und verspeisen (Die stehen zwar teilweise unter Schutz, aber wen interessiert das hier schon?), jetzt müssen auch noch die Carpivaras daran glauben. Beim Abendessen erkundige ich mich vorsichtig nach dem Jagderfolg. Sie haben kein Glück gehabt, nicht ein Tier konnten sie erledigen. So ein Pech aber auch!!

Damit wir hier keine Wurzeln schlagen, beschließen wir endgültig weiter zu ziehen. Mercilene will uns zwar noch mit einem besonderen Essen, das Zaza heute für uns zubereiten soll ködern, doch noch wenigstens einen Tag zu bleiben, doch unser Entschluss steht fest, wir fahren heute und außerdem platzen wir vor lauter Esserei schon fast aus allen Nähten.

Es war eine schöne Zeit hier und wir sind Mercilene, Jeronymo und den anderen Familienmitgliedern sehr dankbar dafür, dass wir an ihrem Leben teilhaben durften. Es wird sicherlich eine bleibende und schöne Erinnerung für uns sein. Jedoch sind wir auf einer Reise und wollen noch einiges mehr von Brasilien sehen. Mercilene meint wir wären Vagabunden und ein wenig Recht hat sie schon damit.

Die Piste ist wieder staubtrocken und Burro und sein Fahrer schaffen spielend den schwierigen Part bis zur Asphaltstrasse. Wir müssen zurück bis Eunápolis um dann wieder auf der BR 101 weiter zu fahren. Autofahrer geben uns unterwegs Zeichen, die wir aber nicht so recht deuten können und so fahren wir weiter bis zum Parque Nacional do Monte Pascoal. Auf dem Parkplatz stellen wir fest, dass wir mal wieder einen Plattfuß haben. Ausgerechnet an dem Reifen, an dem der Drucksensor kaputtgegangen ist. Doch zuerst steht mal der Park auf dem Programm. Es gibt hier allerdings nur zwei Möglichkeiten: Mit einem Führer auf den Berg, dass ist sehr anstrengend und dauert Stunden oder einen 700 Meter langen Pfad durch Urwald. Doch was werden wir wohl auf 700 Metern sehen. Zwar soll es hier sehr seltene Tierarten geben, doch da wir nicht im Park bleiben dürfen und ohne Führer sowieso nicht, wird das wohl nichts werden mit der Beobachtung von Tieren zumal die Strecke auch noch im Auto zurückgelegt werden soll. Wegen des Plattfußes fahren wir nur ein kurzes Stück in den Park und bitten dann unseren Führer mit uns zu fuß zu gehen. Er ist auch damit einverstanden. Die Verständigung ist leider recht schleppend, doch der junge Indigo gibt sich alle Mühe mit Zeichensprache.

Wir sehen Bäume mit riesigen Wurzeln,

große Spinnen

und interessante Pflanzen.

Jedoch leider kein Tier und die Vögel können wir auch nur hören und nicht sehen. Die Bäume und ihre Wurzeln sind zwar sehenswert,jedoch unsere Leidenschaft ist nun mal die Tierwelt.

Also verlassen wir schnell den Park und kümmern uns um unseren Reifen. Es ist schon wieder ein Ventil hin. So langsam müssten sie alle ersetzt sein, ich habe mittlerweile den Überblick verloren. Danach fahren wir noch einige Kilometer, bis wir kurz nach Teixeira de Freitas eine gute Tankstelle entdecken und für heute Schluss machen.

Am nächsten Tag ist wieder nur fahren angesagt. Wir kommen durch den Bundesstaat Espirto Santo. Hier soll es 500 Kilometer Küste geben. Doch wir wollen unsere Zeit nicht weiter an Ständen verplempern. So fahren wir quasi nur durch diesen Bundesstaat hindurch und übernachten schon im Dunkeln an einer x-beliebigen, sehr tristen und schmutzigen Tankstelle kurz hinter Campos dos Goitacazes, schon im Bundesstaat Rio de Janeiro. Zwar hatte uns Mercilen geraten, an einer Tankstelle mit Flecha Hotel zu übernachten, doch leider konnten wir diese in der Dunkelheit nicht mehr erreichen.

Dienstag, 12. Januar 2010

Die kolonialen Kleinode von Minas Gerais

Nachdem wir nun den Stress von Rio de Janeiro hinter uns gelassen hatten, konnten wir uns der Schönheit der Landschaft widmen. Langsam aber stetig ging es in Serpentinen bergauf und mit jedem Höhenmeter wurde die Hitze erträglicher. Schon nach 80 Kilometern führte uns unsere Straße durch den Parque Nacional da Serra dos Órgãos (Orgelgebirge). An einem Aussichtspunkt hatten wir einen phantastischen Rückblick auf die Lagoa de Freitas und den Corcovado, auf dem wir sogar die Christusstatue erahnen konnten. Alles lag im Dunst und sah aus der Ferne wie eine Mondlandschaft aus.

Der Anblick hat uns so verzaubert, dass dabei die eigentlichen Sehenswürdigkeiten, die Órgãos (steil aufsteigende, schlanke Felsnadeln) fast in den Hintergrund geraten wären.

Tropenwald und Bananenplantagen bestimmten das Landschaftsbild. Obschon Petrópolis die Sommerresidenz des brasilianischen Kaiserhofs war und entsprechend schöne Bauwerke aufzuweisen hat, lassen wir die Stadt links liegen. Uns ist im Moment nicht mehr nach Großstadt zumute. Wir fahren durch bis Teresópolis und übernachten dort auf dem

Campingplatz der Quinta da Barra. Wir hatten was wir wollten, angenehme Temperaturen und sind die einzigen Gäste auf dem riesigen Gelände. Alle anderen sind ja an der Costa Verde.

Ab jetzt befinden wir uns im Bundesstaat Minas Gerais (allgemeine Minen). Ende des 17. Jahrhunderts wurden hier riesige Gold-, Diamanten, Edelstein und Halbedelsteinfunde gemacht. Das war ja das, was man suchte und man glaubte das sagenhafte El Dorado gefunden zu haben (wieder mal) . Alleine 800.000 Portugiesen verließen ihre Heimat

um hier ihr Glück zu versuchen. Unermesslicher Reichtum brachte einige schöne Kolonialstädte hervor. Selbst heute noch zeugen die barocken Kirchen und Herrenhäuser vom einstigen Glanz, der allerdings so langsam zerbröckelt. Einige der schönsten Städte haben wir besucht.

Unser erstes Ziel war São João del Rei. Die Stadt mit ihren 80.000 Einwohnern liegt auf 910 Metern Höhe im Flusstal des Córrego do Lenheiro und ist die Geburtsstadt von Joaquim José da Silva Xavier genannt Tiradentes (Zahnzieher), der 1792 von den Portugiesen hingerichtete Freiheitskämpfer und Nationalheld Brasiliens. Sein Todestag der 21.April ist heute Nationalfeiertag.

Zunächst liebäugelte Bernd mit Maria Fumaça (rauchende Maria), einer alten Dampflok, die nur noch Samstags und Sonntags für die Touristen fährt. Da leider Dienstag war, musste er sich mit einem Blick durch den Zaun begnügen.

Zielstrebig machten wir uns auf den Weg zu einem Kleinod unter Palmen, der Igreja São Francisco de Assis von 1774. Hier kamen wir zum ersten Mal mit Aleijadinho (das Krüppelchen) in Berührung, dessen Namen wir in der nächsten Zeit noch sehr oft hören würden. Er war der größte brasilianische Barockbildhauer und hieß eigentlich Antônio Francisco Lisboa. Fürchterlich entstellt durch eine Lepraerkrankung( ohne Finger, Zehen und Zähne, nur einem Auge und verzerrtem Mund) wurden ihm Meißel und Hammer an die Armstümpfe gebunden. Trotz seiner schweren Behinderung schuf er unvergleichliche Kunstwerke und wurde erstaunliche 76 Jahre alt.

Bei der Catedral Basilica de N.S. do Pilar von 1721

beeindruckte der vergoldete Altar.

An dem noch recht ursprünglichen Praça (Platz) Dr. Augusto das Chagas Viegas können wir den Solar (Residenz) der Baronesa de Itaverava und die Karmeliterkirche Igreja N.S. do Carmo bewundern.

Die ganz im Gegensatz zu den meisten barocken Kirchen mit ihrem vielen Gold Innen eher schlicht wirkt.

Es galt noch einige weitere Igrejas und Solars zu bestaunen.

Danach fuhren wir in die nur 14 Kilometer entfernte Kleinstadt Tiradentes. Das war eine vollkommen andere Welt. Hier hatte sich in all den Jahren kaum etwas verändert und das kommt heute dem Tourismus zugute. Man kommt sich vor wie in einem Freiluftmuseum . Auf den gepflasterten, bergigen Straßen fuhren zwar auch Autos, doch der Straßenzustand ließ nur Schritttempo zu und so sind hier Pferdekutschen das bessere Fortbewegungsmittel.

Überall winzige Gassen und hübsch renovierte Häuser.

Obwohl der Ort nur 6.200 Einwohner hat, gibt es eine Vielzahl von Kirchen. Im Vordergrund sehen wir die von Sklaven 1708 erbaute Igreja N.S. do Rosário dos Pretos und im Hintergrund die Hauptkirche des Ortes die Igreja Matriz de Santo Antônio, deren Außenfassade von Aleijadinho angefertigt wurde.

Im Inneren fällt die Rokoko-Holzschnitzarbeit mit ihrem goldenen Schimmer ins Auge.

Wo so viele Touristen sind, dürfen natürlich Souvenirläden nicht fehlen. Mir gefallen ganz besonders die vielen Damen aller Haut- und Haarfarben, die hier überall so lässig aus den Fenstern schauen. Ich muss schon sehr an mich halten, damit keine davon den Weg ins WoMo findet.

Stundelang kann man hier herum laufen bis einem von dem unrunden Gehen Füße und Knie wehtun. Diese alte Brücke führt uns direkt zu unserem Übernachtungsplatz, dem Parkplatz an der Rodoviária (Busbahnhof). Es gab keine andere Möglichkeit und uns wurde von der Polizei bestätigt, dass wir keine Sorge zu haben brauchen. Uns passiert hier nichts und ab 22.00 Uhr fuhr auch kein Bus mehr und es war absolut ruhig hier. Wir hatten den riesigen Parkplatz ganz für uns alleine.

Am nächsten Tag stand mal wieder ein UNESCO Weltkulturerbe auf dem Programm und das ausgerechnet in Congonhas do Campo, einer Stadt ohne besonderen Flair und dennoch ist sie der Höhepunkt einer Reise durch Minas Gerais. Der Grund ist die Basílica do Senhor Bom Jesus de Matosinhos. Dieser ausgedehnte Sakral-Komplex mit der bedeutendsten Sammlung an Steinmetzwerken Aleijadinhos steht natürlich wieder mal auf dem höchsten Hügel der Stadt. Die Straßen eng und gepflastert waren eine echte Herausforderung für Burro. Auf der Freiterrasse vor der Basilika erkennen wir die aus Speckstein gehauenen zwölf biblischen Propheten.

Eine Nahaufnahme lässt sehr gut die eindrucksvollen Gesichter erkennen, für die Aleijadinho so berühmt war.

Unterhalb der Basilika befinden sich sechs Kreuzwegkapellen von denen man auch einen schönen Blick auf die Stadt und das Umland genießen kann.

Mit ihren insgesamt 64 Passions-Skulpturen die allesamt von Aleijadinho geschnitzt und von Manuel da Costa Athayde (einem namhaften Kirchenmaler ) bemalt wurden.

Noch einmal 50 Kilometer weiter ins bergige Hinterland, mit steilen Auf- und Abstiegen (hatten wir so gar nicht mehr erwartet seit wir aus den Anden raus waren) besuchten wir ein weiteres Sahnestück: Ouro Preto die bedeutendste Barockstadt Brasiliens. 1698 hatten die Portugiesen dort in der Gegend reiche Goldvorkommen entdeckt, die mit Hilfe von Sklaven ausgebeutet wurden. Ouro Preto ist nationales Denkmal und UNESCO Welterbe. In ihrer Blütezeit lebten in der Stadt 200.000 Menschen und sie war eine der größten Städte Lateinamerikas. Heute hat sie nur noch 70.000 Einwohner. In der Stadt geht es sehr steil bergauf- und bergab, was wir zu spüren bekamen als wir die Zufahrt zu unserem Übernachtungsplatz, dem Camping Clube do Brasil suchten. Der war natürlich wieder mal genau auf der anderen Seite und wir fuhren auf engen Pflasterstraßen immer weiter nach oben, immer damit rechnend stecken zu bleiben. Doch irgendwie sind wir dann am anderen Ende wieder runter gekommen und gut auf dem Platz gelandet. Der lag etwas Abseits und ohne Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel, dafür aber ruhig und schön. Außer uns war nur noch ein Paar auf dem riesigen Gelände mit seinen schönen Blumen

und Pflanzen. Hier würden wir ein paar Tage bleiben.

Alles an Ouro Preto ist bergig. Die Stadt zu besichtigen ist eine schweißtreibende Angelenheit. Zunächst hatten wir wieder einmal einen schönen Panoramablick und konnten schon einige der Kirchen erspähen, hier mit der Igreja N.S. do Carmo im Hintergrund.

Um nicht noch einmal mit Burro in die engen Gassen zu geraten, bewegten wir uns dann die nächsten Tage nur noch mit einem Taxi. Unseren Stadtrundgang begannen wir wie immer auf dem Hauptplatz, der Praça Tiradentes mit dem unvermeidlichen Denkmal des Nationalhelden.

An dem Platz befinden sich einige schöne Kolonialhäuser, in denen heute hauptsächlich Schmuckgeschäfte, Andenkenläden und Restaurants untergebracht sind. Der Chafariz (Brunnen) de Praça scheint schon lange kein Wasser mehr zu speien.

An der Igreja de São Francisco de Assis, die als die wichtigste Sehenswürdigkeit Ouro Pretos bezeichnet wird und einige Werke Aleijadinhos und Athayde beherbergt, konnten wir sehr gut erkennen, dass hier alles ein wenig renovierungsbedürftig ist. Doch wer hat schon das Geld so viele Kirchen und alte Häuser zu erhalten?

Wo Privatleute wohnen ist allerdings alles gut im Schuss. Es gibt unendlich viele Gassen und Wege zu gehen in Ouro Preto.

Etwas außerhalb und offensichtlich in den ärmeren Vierteln liegt die älteste Kirche der Stadt, die Igreja N.S. do Rosário dos Brancos mit ihrem separaten Kirchturm

und einem ungewöhnlichen Kreuz auf dem Vorplatz. Von dem man eine gute Sicht auf die Wohnstadt mit ihren steilen Treppenaufgängen hat. Selbst unser Taxifahrer schien sich hier ein wenig unwohl zu fühlen.

Wir besichtigten noch einige Kirchen und kehrten dann zur Hauptkirche, der Matriz N.S. da Conceição, mit angeschlossenem Aleijadinho Museum und seiner Grabstelle zurück. Dort herrschte strenges Fotografierverbot und Kamera und Rucksack wurden weggeschlossen. Hier also nur ein Bild von Außen mit Blick auf die von uns vorher besuchte Igreja Santa Efigênia dos Pretos.

Neben der Kirche steht das eher bescheidene, ehemalige Wohnhaus von Aleijadinho.

Nochmals ein Blick in eine schöne Gasse mit dem ach so anstrengenden Pflaster.

Der ganze Ort ist von Stollen unterhöhlt und so fanden wir den Eingang zur Mine des Chico Rei quasi im Ortszentrum. Chico Rei war ein Stammeshäuptling aus Westafrika, der als Sklave in einer Mine schuftete. Es gibt ein paar abenteuerliche Geschichten, wie es ihm gelang die Freiheit zu erhalten. Auf jeden Fall wurde er ein reicher Mann mit einer eigenen Mine und eigenem Hofstaat in Ouro Preto. Die Mine wird heute touristisch vermarktet, ist aber laut Reiseführer nicht sehenswert und so haben wir uns den Besuch geschenkt, da Bernd seit Potosí die Nase voll hat von Minen.

Die Damen haben es gut, sie können aus dem Fenster schauen, während uns die Füße qualmen.

Wir verbrachten mangels Gesellschaft, Regenwetters und abgelegener Lage einen sehr ruhigen Silvesterabend. Wie das in der Regenzeit so ist, es regnet stundenlang wie aus Kübeln und dann scheint wieder die Sonne heiß vom Himmel als wäre nichts gewesen.

Da die Kleinstadt Mariana nur 12 Kilometer entfernt liegt, machten wir vom Campingplatz einen Taxiausflug dorthin. Mariana ist die älteste Stadt von Minas Gerais und war sehr nett zu uns. Alle Sehenswürdigkeiten lagen im fußläufigen Umfeld und der Höhenunterschied war erträglich. Zwei Stunden reichten uns aus um alles zu besichtigen. Der Rundgang fing mal wieder an der Praça mit dem beliebten Fotomotiv der beiden Kirchen Igreja N.S. do Carmo von 1784 und der Igreja São Francisco de Assis ( Das denen hier mal keine neuen Heiligennamen einfallen. Wir können die bald nicht mehr auseinanderhalten) an. Auch hier waren Aleijadinho und Athayde wieder ein gutes Team. Athayde liegt in der Assis begraben.

Gegenüber liegt das Kolonialgebäude der Casa de Câmara e Cadeia von 1782, die im Untergeschoss ein Gefängnis beherbergte und heute ein Museum ist.

Interessant der Schmuck der Weihnachtsäume. Also das mit den Autofelgen und den CDs sollte man bei uns auch einführen oder doch lieber nicht?

Nette Gassen und Winkel hat auch dieser Ort genug zu bieten

und manchmal auch ein hübsches Blümelein.

In diesem Gebäude von 1770 befindet sich das Museu Arquidoiocesano de Arte Sacra mit Gemälden von Athayde und Werken von Aleijadinho. Auch hier wurden Rucksack und Kamera verschlossen. Die kennen wohl ihre Pappenheimer! Bernd knirschte langsam mit den Zähnen, soviel Eintritt haben wir schon bezahlt und überall passen die auf wie die Schießhunde, dass man ja kein Foto machen kann von den Werken ihrer großen Künstler.

In der Catedral Basílica da Sé gelang ihm dann wenigstens noch ein Bild der Orgel aus dem Jahre 1701. Sie hat 1039 Pfeifen, ist aus deutscher Produktion und selbstverständlich noch voll funktionsfähig.

Ehrlich gesagt hätten wir noch mehr Zeit in Mariana verbringen können. Gab es doch noch so viele verwinkelte Gassen zu entdecken. Doch wir waren nach all den Kolonialstädten der letzten Tage mit ihren unebenen Pflasterwegen etwas fußfaul geworden und irgendwann sieht dann auch alles einmal gleich aus.

Was hier zum Beispiel ausschaut wie eine weitere Kirche ist diesmal “nur” ein Bahnhof. Wir verabschiedeten uns von Mariana und ließen uns auf unsere Campinginsel zurück bringen.

Nach den Feiertagen war es dann auch für uns Zeit wieder weiter zu ziehen. Bernd hatte sich in den Kopf gesetzt in Belo Horizonte, mit 2,3 Mill. Einwohnern die Drittgrößte Stadt Brasiliens und Hauptstadt von Minas Gerais, eine IVECO Werkstatt aufzusuchen um endlich an Originalersatzteile für Burro zu kommen. Die Bremsen gaben bei den Bergabfahrten keine guten Geräusche von sich und Walter in La Paz hatte uns ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die von ihm angefertigten Bremsbeläge nur ein Provisorium sein konnten, um damit nach Brasilien zu kommen. Erst in Brasilien gibt es wieder IVECOs und somit Ersatzteile. Wir hatten eine ungefähre Anschrift und die Werkstatt mußte irgendwo an der Stadtumgehung liegen. Wie zu erwarten war, konnten wir die Werkstatt nicht gleich finden und kaum Jemand wusste, wo sie denn nun genau lag. Doch ein LKW Fahrer mit einem zweizügigen LKW kannte sich aus , wir waren gar nicht so weit entfernt, nur war es etwas kompliziert dorthin zu finden und erklären konnte er es wegen der Sprachschwierigkeiten auch nicht. Also was macht ein freundlicher Brasilianer? Er fährt vor einem her und zeigt einem den Weg und wenn es auch gilt erst mal auf einen Zubringer zu kommen, der einen ein Stück zurück bringt und dann in verwinkelte Nebenstraßen. Übrigens hatte Bernd alle Mühe, bei dem wahnsinnigen Verkehr hinter dem riesigen LKW, der grundsätzlich nur auf der Überholspur fuhr, Anschluss zu halten und das will schon was heißen. In der Werkstatt nahmen sie uns auch dran, obwohl sie jede Menge LKWs zur Reparatur dort auf Halde stehen hatten. Da gab es dann erst mal lange Gesichter. Die Bremsbeläge der Hinterräder waren vollkommen runter gefahren und dadurch die Bremsscheiben auch gleich hin, zudem hatte ein Radlager den Geist aufgegeben. Wenigstens hatten sie alle Ersatzteile da und konnten gleich loslegen. Da die Bremstrommel eh ausgebaut war, wurde die Handbremse in einem auch noch neu belegt und selbstverständlich hatten sie auch einen Luftfilter für uns. Nach 4 ½ Stunden waren wir 800 Euro ärmer und Burro wieder fit. Wir fuhren dann zum Übernachten nur noch bis zur nächsten Tankstelle die 24 Stunden geöffnet hat. Erstaunlicherweise war es hier recht ruhig, trotz der vielen LKWs die außer uns noch hier standen.

Wieder auf dem Stadtring sahen wir noch eine Gasstation und konnten endlich unsere Gasflasche füllen. So gesehen war Belo Horizonte ein voller Erfolg.

Nach 90 Kilometern erreichten wir Barão de Cocais, eine weitere Kolonialstadt. Im Ort selber war von Kolonial nicht mehr viel zu sehen und die Igreja Matriz de São João Batista von 1764 war geschlossen. Also waren wir hier schnell fertig. Nach weiteren 20 Kilometern standen wir vor dem Eingang des Parque Natural do Caraça. Unser Plan war hier zu übernachten. Doch die Parkverwaltung machte uns einen Strich durch die Rechnung. Es ist strengstens verboten im Park zu campieren. Um 17.00 Uhr muss man ihn wieder verlassen haben, oder in der teuren Lodge des Klosters übernachten. Das ist ärgerlich, da es hier eine Besonderheit gibt, nämlich Mähnenwölfe. Doch die bekommt man erst am Abend zu Gesicht und dann müssen wir ja wieder raus sein. Wir überlegten ob sich der Eintritt jetzt noch lohnt für uns, doch da wir nun mal da waren, wollten wir wenigstens das Kloster sehen. 11 Kilometer mussten wir auf enger, holpriger und teilweise sehr steiler Straße fahren, bis wir schon von weitem das Kloster Caraça sehen konnten.

Die neugotische IgrejaNossa Senhora Mãe dos Homes ist der Nachfolgebau einer Kapelle von 1774. Ein Feuer zerstörte 1968 die Bibliothek und das Internatsgebäude, in dem schon Politiker und Präsidenten studierten.

Aus den Überresten der Bibliothek hat man dann ein Museum gemacht

in dem die meisten Ausstellungsstücke aus Europa stammen, wie diese Nähmaschinen.

Die Mähnenwölfe bekamen wir nur auf einem Bild zu Gesicht. Überhaupt ist das irgendwie eine Touristenfalle. Nur wer in der Lodge übernachtet, bekommt sie zu Gesicht und auch nur deshalb, weil sie Abends angefüttert werden. Da können wir ja gleich in einen Zoo gehen.

Da wir im Park nicht bleiben durften fuhren wir eben noch 40 Kilometer weiter bis zur nächsten 24 Stunden Tankstelle. Hier konnten wir mal wieder sehen wie gut wir es haben. In dem LKW schliefen sechs Männer. Damit die überhaupt Platz hatten, mussten die Plüschbären ausgeräumt und aufs Dach gehievt bzw. in weiteren Pkws verstaut und am nächsten Morgen wieder auf die Betten verteilt werden. Wir hatten 34° im WoMo und möchten erst gar nicht wissen, wie heiß es bei dieser drückenden Enge wohl sein musste.

Obwohl wir nun schon so viele Kolonialstädte gesehen hatten, durfte Diamantina, das letzte Kleinod auf unserer Tour nicht fehlen. Also machten wir uns auf zu einem Abstecher in eine karstige und dennoch wunderschöne Berglandschaft. Wir bewegten uns zwar nur in einer Höhe von 1.262 Metern, dennoch war die Landschaft ganz anders als bisher. Auf einmal gab es keinen Dschungel mehr, sondern nur noch Gras und Steine. Auch die Temperaturen fielen merklich, was uns gar nicht so unlieb war. 1729 wurden hier Diamanten entdeckt. Die portugiesische Krone erklärte den Flecken zum Sperrgebiet um die Ausbeutung besser kontrollieren zu können. Vorsichtig geworden parkten wir Burro gerade noch rechtzeitig am Busbahnhof, bevor es fast senkrecht, eng und gepflastert nach unten ging. Die Stadt Diamantina entstand im 18. Jahrhundert und in ihr eindrucksvolle Häuser und Kirchen, da es auch hier einzelne Personen zu sagenhaftem Reichtum brachten, natürlich wieder einmal unter Ausbeutung von Sklaven. Eine davon war Chica da Silva, Sklavin und Kurtisane des Monopolisten über die Diamantminen João Fernandes de Oliveira. Sehr zum Ärger der übrigen hochgestellten Persönlichkeiten im Ort schenkte Oliveira der Mulattin Chica da Silva einen Palast mit einem künstlichen See, Lustgärten und Springbrunnen, sowie ein Theater. Als Chica da Silva starb, wurde der Palast eingerissen und der See zugeschüttet. Erhalten bis heute jedoch ist ihr ursprüngliches Wohnhaus.

Eine der schönsten Kirchen ist die Igreja N.S.do Carmo, im Ort besser bekannt als Chicas Kirche. Die höhergestellten Damen empfanden es als eine Schmach, dass sie Chica hier beim Kirchgang die Hand küssen mussten. Die Seitenaltäre sind wieder einmal Kunstwerke von Aleijadinho.

Wir waren begeistert von der Schönheit Diamantinas. Zwar musste auch hier der alte Stadtkern schwer erarbeitet werden, doch wir fanden die Mühe lohnte sich. Immer wieder gab es schöne, gepflegte Häuser zu entdecken.

Wir hätten nicht sagen können, welches uns am besten gefiel. Selbst die gepflasterten Wege waren nicht ganz so uneben wie bisher.

Hier die Igreja N.S. do Rosário dos Pretos von 1728, die wieder einmal von Sklaven erbaut wurde und im Vordergrund den Chafariz do Rosário datiert aus 1787.

Auch die Igreja N.S.do Bonfim dos Militares macht sich recht gut in den hübschen Straßen.

Wir konnten gar nicht aufhören mit unserem Stadtrundgang.

Zwar hatten wir erwogen, den Abstecher nach Diamantina nicht mehr zu machen, da es sich um einen Umweg von 130 Kilometer handelte, den wir dann ja auch wieder zurück fahren mussten. Dennoch waren wir am Ende froh hier gewesen zu sein.

Wir übernachteten zwei mal an einer ruhigen Tankstelle kurz vor dem Ortseingang. Doch dann war es endgültig genug mit den Kolonialstädten. Wir hofften darauf, dass der Hauptreisestrom jetzt etwas verebbt war und machten uns wieder auf den Weg zum Atlantik. Diesmal jedoch in den Bundesstaat Bahia. Wo es so sein soll, wie man sich Brasilien eben landläufig so vorstellt: Sonne, Meer und Caipirinha. Lassen wir uns mal überraschen.