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Montag, 28. Mai 2012

Abenteuer Osten IV - Russische Grenze, Pskov, Welikiye Luki, Moskau -

Wenn alles läuft wie geplant, werden wir in den nächsten 170 Tagen die Länder Russland, Mongolei, Volksrepublik China, Kirgistan, Usbekistan, Turkmenistan, Iran, Armenien, Georgien bis hin zur Türkei besuchen.
So machen wir uns am frühen Morgen in Rīga auf, tangieren kurz noch Estland, um uns dann kurz vor der russichen Grenze in Misso zu sammeln und gemeinsam den Grenzübertritt zu meistern.
 Das wird dann ein einziges Geduldsspiel und das liegt beileibe nicht an den Russen. Wegen der Größe der Gruppe müssen wir uns Zweiteilen und dann dauert es 11 Stunden bis die letzten die Grenze geschafft haben. Irgendwie scheint es schwieriger zu sein aus der EU auszureisen als nach Russland hinein zu kommen. Stundenlang lassen uns die Esten warten bis wir endlich die Genehmigung bekommen zur Grenze zu fahren. Dafür sind die russischen Grenzbeamten ausgesprochen freundlich und überaus korrekt in der Abwicklung der Zollformalitäten. Sie werfen nur kurz einen Blick ins WoMo, haben sogar noch ein paar deutsche Worte für uns und wünschen uns eine schöne Reise. Doch es ist bereit stockdunkel, außerdem regnet es in Strömen, unbeleuchtete Autos parken am Straßenrand und Betrunkene torkeln herum. Volle Konzentration ist angesagt, bis wir reichlich genervt die letzten 70 Kilometer zu unserem Stellplatz in Pskovgeschafft haben. Um 1.10 Uhr um genau zu sein, können wir unser Bett nach unten klappen und endlich schlafen gehen. Das sind 5 Stunden später als die Ersten aus der Gruppe hier eingetrudelt sind. Nach extrem kurzer Nacht sind wir am Morgen aber schon wieder gut gelaunt und stellen mit reichlich Galgenhumor fest: Wenigstens haben wir ein Haus am See mit Aussicht ins Grüne.
 Direkt ist eine Stadtrundfahrt angesagt, außerdem hört es wenigstens auf zu regnen und wir können schon mal sehen was die Bauernmärkte so bieten.
Die Gegensätze könnten größer nicht sein zwischen den Marktfrauen und diesen jungen Damen hier. Die sich ohne Scheu fürs Foto in Positur stellen.
Pskov hat 202.000 Einwohner und ist ein bedeutender Industriestandort, aber auch eine der ältesten Städte Russlands. Hier der restaurierte Kreml (Festung), dessen Ursprünge aus dem 10. Jahrhundert datieren.
Zu dem Komplex gehört immer eine Kirche, in diesem Fall die Dreifaltigkeits-Kathedrale von 1699
mit reichlich verzierter Innenausstattung.
Bei diesen Toiletten ist aber nicht sehr viel Intimsphäre gewahrt.
In der großen Markthalle können wir sehen, dass wir in Russland auf unser gewohntes Essen wohl nicht verzichten müssen. Es gibt Fleisch
Obst und Gemüse
außerdem Leckereien für jeden Geschmack und Geldbeutel.
Natürlich werden wir auch noch zum Denkmal des Nationalhelden der Stadt Alexander Newski geführt, der 1242 eine entscheidende Schlacht gegen den Deutsch Orden gewann.
Alles in allem ist der erste Eindruck von Russland also durchaus positiv, zumal wir uns dann später in einem Supermarkt, der den Vergleich mit europäischen nicht zu scheuen braucht, mit allem Notwendigen für die nächsten Tage eindecken. Lediglich mit der kyrillischen Schrift auf den Artikeln tun wir uns noch etwas schwer und ab und an müssen wir raten, was wir da wohl eingekauft haben, aber wir haben ja Abenteuerurlaub gebucht. Noch am Nachmittag fahren wir weiter bis Velikiye Luki, wo wir einen Standplatz am dortigen Sportplatz haben. Obwohl die 98.000 Einwohner zählende Stadt im Zweiten Weltkrieg eine tragische Rolle spielte, werden wir äußerst freundlich empfangen, von Vertretern der Stadt begrüßt und mit Geschenken bedacht.
Nachdem dann auch noch eine Deutschlehrerin mit ein paar Schülern vorbei kommt, beschließen wir spontan lieber Kontaktpflege zu betreiben als noch einen Spaziergang durch den Ort zu machen. So erfahren wir schon jetzt so einiges über das Leben der Bevölkerung hier.
Am frühen Morgen werfen wir doch noch einen Blick auf die spärlichen Überreste bzw. die verbliebenen Wallanlagen der ehemaligen Burganlage. Außerdem sind schon einige Frühsportler hier, die uns dazu animieren auch ein wenig Sport zu treiben, als Ausgleich zu der vielen Sitzerei im WoMo.
Auf dem Weg nach Moskau sehen wir überall am Straßenrand Verkaufsstände mit Pelzwaren. Lebendig wären uns die Bären allerdings lieber gewesen.
Die Einfahrt in die 14 Millionen Stadt Moskau wird zum Geduldsspiel, denn der Verkehr ist heftig und die Autofahrer recht rücksichtslos und das ist noch gelinde ausgedrückt. Ziemlich zentral im Sokolniki Park gibt es einen Campingplatz. Der ist allerdings total überfüllt, weil zeitgleich eine Campingmesse in den angrenzenden Messehallen stattfindet und sich Wohnmobile aus den gesamten Oststaaten hier eingefunden haben. Was uns sogleich zu russisch/ukrainischen Kontakten verhilft. Wir bekommen Suppe und Wodka reichlich. Mangels Sprachkenntnissen wird eben gesungen, jeder in seiner Sprache und doch irgendwie gemeinsam.
Ehe Bernd sich versieht, schnappt sich ihn die Ukrainerin zu einem Tänzchen.
Da wir nicht nur zum Spaß hier sind, heißt es für die nächsten beiden Tage Schuhe schnüren, Stadtbesichtigung steht auf dem Programm. Der rote Platz (im altrussischen heißt rot auch schön), mit seinen 500 Metern Länge und 150 Metern Breite und somit einer der größten Plätze der Welt, lässt bei vielen ein bisschen Gänsehautgefühl aufkommen. Endlich sehen wir mit eigenen Augen, was wir sonst doch nur aus dem Fernsehen kennen. Das wohl auffälligste Gebäude ist die Basilius-Kathedrale aus dem 16. Jh., an deren Farbgestaltung man sich sicherlich erst gewöhnen muss, dennoch kommen wir nicht umhin sie ausgiebig zu bewundern. Die Legende sagt, dass Iwan der Schreckliche dem Baumeister die Augen ausstechen ließ, damit er kein ähnliches Bauwerk auf dieser Erde mehr errichten konnte. Harte Zeiten waren das!
Ein Ausschnitt des Roten Platzes mit einem Stückchen Kreml-Mauer (insgesamt ist die von italienischen Baumeistern errichtete Backsteinmauer 2.235 Meter lang) und das Historischen Museum.
Hinter uns der heiligste kommunistische Schrein, das Lenin-Mausoleum
und auf der gegenüber liegenden Seite Russlands größter Konsumtempel, das Kaufhaus GUM, erbaut 1893. Größer können Gegensätze wohl nicht mehr sein.
In den drei Arkadengängen mit seinen über 1.000 Läden erinnert nichts mehr an die Tristesse früherer Jahre mit den Zeiten der langen Schlangen für bestimmte Mangelwaren wie Toilettenpapier oder gar Schnürsenkel. Luxus Güter aus aller Welt warten hier auf ihr exklusives Käuferklientel.
Jetzt aber brennen wir darauf endlich in den Kreml hinein zu kommen. Lange Warteschlangen bilden sich vor dem Eingang. Wir haben einen festen Gruppeneinlassterim um 12.10 Uhr. Rucksäcke, größere Taschen und Weitwinkel müssen draußen bleiben. Nach erfolgter Sicherheitskontrolle dürfen wir endlich durch das Tor des Kutawja-Turmes hindurch, noch über eine Brücke zum Dreifaltigkeitsturm und wir befinden uns auf dem 28 ha großen Gelände, dass ungefähr die Form eines Dreiecks hat. Hier stehen Gebäude aus mehreren Epochen seiner 850 Jahre alten Geschichte und natürlich ist der gesamte Komplex UNESCO Welterbe.
Das Senat Gebäude und offizieller Sitz des Präsidenten (nur Amtssitz, nicht Wohnsitz). Hier haben Besucher keinen Zutritt.
Die 40 Tonnen schwere Zarenkanone aus der nie ein Schuss abgefeuert wurde.
Am Fuße des Glockenturms "Iwan der Große" liegt die mit 200 Tonnen wohl größte Glocke der Welt aus dem 18. Jahrhundert. Sie bekam noch in der Gussform wegen unsachgemäßer Behandlung Risse und später brach ein 11,5 Tonnen schweres Stück heraus. Der Philosoph Pjotr Tschaadajew sah in der Glocke die nicht läuten kann und der Kanone die nicht schießen kann, ein Sinnbild für die Absurdität und Sprachlosigkeit des früheren Russlands.
Auffallend sind die vielen Kathedralen und Kirchen auf dem Gelände. Zaren aber auch Patriarchen haben sich auf diese Weise hier verewigt. Die Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale von 1475 mit ihren 5 Kuppeln ist die größte Kathedrale auf dem Kreml-Gelände und Krönungskirche alle Zaren. Außerdem wurden sämtliche Oberhäupter der russisch-orthodoxen Kirche bis zum 17. Jh. hier begraben.
Die Gewandniederlegungs-Kirche von 1451.
Aufgang zum Facettenpalast, wo bis 1990 noch Staatsbankette stattfanden.
Die Mariä-Verkündigungs-Kathedrale von 1489 mit ihren neun goldenen Kuppeln. Zunächst nur mit 3 Kuppeln versehen, wurden diese 1552 um sechs weitere aufgestockt und diente danach anderen Kathedralen als Vorbild.
Stundenlang könnten wir noch im Kreml herumlaufen um doch nicht alles gesehen zu haben. Wie das meistens so ist reichen die Führungen nur zu einem groben Überblick. Die Außenwelt hat uns wieder an den Terrassen im Alexander Garten.
Die unvermeidlichen Andenkenstände müssen unbedingt auch noch inspiziert werden und dabei können wir feststellen, dass die Matroschkas auch nicht mehr sind, was sie einmal waren. Friedlich vereint finden wir Ernesto (Che) Guevara, Angela Merkel, Harry Potter und Kitty.
Moskau selber hat noch so einiges an Monumentalbauten zu bieten wie z. B. die Lomonossow-Universität aus 1953, die zu den sogenannten sieben Stalin-Kathedralen zählt.
Springbrunnen auf dem riesigen Gelände des Siegesparkes. Eine der größten und teuersten Gedenkstätten des II. Weltkrieges.
Die schönste Klosteranlage der Stadt ist das Neujungfrauenkloster von 1524, umgeben von Park und See. Eine Besichtigung ist nicht möglich.
Bevor nun die nächste Kathedrale von Innen besucht werden kann, müssen die Damen den Kleidervorschriften genügen. Steht ihnen aber gar nicht schlecht.
Die Christ-Erlöser-Kathedrale wurde zur Feier des Sieges über Napoleon von Zar Alexander dem I. In Auftrag gegeben. 1931 ließ Stalin sie sprengen. Wozu allerdings mehrere Versuche erforderlich waren und was als schlechtes Omen für ihn gewertet wurde. Danach errichtete man auf ihrem Areal einen Schwimmpalast. Mit Spenden von 350 Millionen Dollar wurde die Kathedrale nach 1993 wieder errichtet und gilt vielen als Symbol zur Rückkehr der alten kulturellen Werte. Was im übrigen nicht bei allen Teilen der Bevölkerung unumstritten ist.
So könnten wir immer weiter machen, doch nun ist Schluss mit Moskaubildern. Allerdings nicht ohne noch etwas ganz Besonderes zu würdigen, die Moskauer Metro. Überall sonst auf der Welt ein banales Verkehrsmittel, in Moskau ist sie ein Kunstwerk, zumindest auf ihren Bahnhöfen und Bahnsteigen. Wo sonst auf der Welt gibt es solche Lampen im Untergrund?
Der Bahnsteig zum Theaterplatz.
Standleuchten, Mosaiken usw. und keine Graffiti, einfach wunderbar.














Wir wurden schon von einheimischen Parkbesuchern darauf aufmerksam gemacht, dass sich auf dem riesigen Gelände des Sokolniki-Parks Elche aufhalten. Was wir aber irgendwie nicht so recht glauben konnten. Wie sollen die denn hierher gekommen sein? Schließlich ist ja ringsherum Stadt. Bei einem morgendlichen Spaziergang entdecken wir tatsächlich einen ruhenden Elch im Unterholz, der uns seelenruhig bis auf 5 Meter heran kommen lässt. Das ist dann unser Moskau Erlebnis der anderen Art.
Bernd und ich haben aber noch ein weiteres außergewöhnliches Erlebnis. Über das Gespräch von den Elchen bis hin zum Interesse für die WoMo´s werden wir von Elena und Vitalij, zwei jungen Moskauern, zu sich nach Hause eingeladen. Zuerst sind wir etwas zögerlich, wollen sie uns doch mit dem Auto abholen, doch unsere Neugierde siegt. So begleiten wir die Beiden zu ihrer Eigentumswohnung in einem der sogenannten Stalinblocks. Das ist übrigens eine Besonderheit in Russland. Man wohnt selten zur Miete, fast immer gehören einem die Wohnungen. Beim Abendessen erfahren wir viel über das Leben des Moskauer Mittelstands. Es wird gutes Geld verdient, welches im teuren Moskau aber auch genauso schnell wieder ausgegeben ist, da man oft Eltern (wegen der geringen Renten) oder auch erwachsene Kinder unterstützen muss. Das Leben am Wochenende und jeder sich sonst bietenden Möglichkeit findet in dem 60 Kilometer entfernten Dom (Haus) statt. Meinung kann frei geäußert werden und Auslandsreisen werden auch gemacht. Das Gespräch wird in Englisch geführt, vielleicht haben wir auch das eine oder andere nicht richtig verstanden, aber der interessanter Abend und hat auf jeden Fall bewiesen: Nette Menschen gibt es überall in der Welt!
Wir haben Moskau bereits verlassen und sind auf dem Weg Richtung Sibirien, doch das ist noch weit, weit, weit!

Mittwoch, 16. Mai 2012

Abenteuer Osten III - Kurische Nehrung, Lettland bis Riga

Eines der beliebtesten Urlaubsgebiete Litauens, insbesondere für Deutsche, ist die Kurische Nehrung. Während der Sowjetzeit war sie für 50 Jahre militärisches Sperrgebiet und Erholungsort für deren Elite. Heute ist sie zweigeteilt. Ein Teil (52 km) gehört zu Litauen und der andere zu Kaliningrad (ehemals Königsberg) (46 km). Die Halbinsel besteht aus purem Sand, hauptsächlich bewachsen mit Kiefern und Birken  ist in ihrer Gesamtheit Nationalpark sowie UNESCO Welterbe. In Klaipėda führt uns unser Weg schnurstracks zur Autofähre. Es stehen schon eine Menge Fahrzeuge dort, jedoch fährt die Fähre ziemlich oft und so kommen wir ohne Wartezeit in wenigen Minuten Überfahrt auf der Nehrung an. Was uns ein wenig wundert ist der hohe Preis für die Überfahrt von 33,60 Euro für eine Strecke gerade mal ein bisschen breiter als der Rhein. Allerdings ist die Rückfahrt im Preis schon eingeschlossen, da werden wir gar nicht erst gefragt.
Es ist so wunderbar sonnig und warm, dass wir den erstbesten Parkplatz aufsuchen und den Strand entlang wandern. Manchmal bietet die Vorsaison wirklich Vorteile, besonders dann, wenn man einen Strand ganz für sich alleine hat. Wir richten uns auf dem Parkplatz häuslich ein und verbringen dort auch gleich unsere erste Nacht.
Gut das wir den gestrigen Tag so genossen haben, denn am Morgen ist der Himmel bewölkt und es regnet fast ohne Unterlass. Also führt uns unser Weg nach Smiltynė (Sandkrug), das genaugenommen ein Stadtteil von Klaipėda ist, aber eben teilweise auf der Nehrung liegt. Dort gibt es ein Aquarium in den Überresten des Fort Kopgalis und besuchen Nemo und seine vielen Freunde.
So überstehen wir den ärgsten Regen, vereinzelt kommt schon wieder die Sonne zum Vorschein und noch etwas, was wir in unserem Leben noch nie gesehen haben. Mückenschwärme von unglaublichem Ausmaß. Wir finden keine Zahl die diese Mengen wiedergeben könnte. Auf den ersten Blick könnte man meinen es handelt sich hier um Rauch, aber es sind Mücken, Mücken, Mücken! Aus jedem Baum und Strauch erheben sie sich mit Gebrumm und Gesummse.
Wir passieren die Mautstelle für die Nationalparkgebühr und entgegen unserer Befürchtungen und aller Hinweise in den Reiseführern ist der Betrag mit 50,-- Lt./15,-- Euro nur ein Drittel so hoch und gilt nicht für 24 Stunden, sondern für die gesamte Zeit unseres Aufenthaltes. Das ist dann mal eine angenehme Überraschung, allerdings wissen wir nicht ob sich in der Saison die Preise hier erhöhen. Juodkrante (Schwarzort) der nächste Ort hat 720 Einwohner und viele seiner Holzhäuser stehen unter Denkmalschutz. Allerdings trauen wir uns wegen der Mücken fast nicht auszusteigen, denn kaum bleiben wir stehen sind wir auch schon belagert.
Die Einwohner nehmen es gelassen und so treibt uns der Hunger in ein Restaurant wo wir dann erfahren, dass das hier ein ganz normales Phänomen ist, welches jedes Frühjahr auftritt und außerdem würden diese Mücken ja nicht stechen. Erleichtert können wir nun einen Bummel durch Nida (Nidden), dem wohl bekanntesten und beliebtesten Ferienort der Nehrung, machen. Viel los ist heute hier nicht und so müssen wir mit metallischen Figuren vorlieb nehmen und selber singen.
Ein Haus ist hier schöner und gepflegter als das andere.
Egal ob groß und herrschaftlich oder klein und bescheiden.
Wir kaufen noch schnell den berühmten Räucherfisch ein, dann fängt es wieder heftig an zu regnen und wir ziehen uns auf einen einsamen Strandparkplatz in der Höhe von Preila (Preil) zurück, wo wir dann mit der leckeren Fischmahlzeit einschließlich Sonnenuntergang verwöhnt werden.
Tags darauf scheint wieder die Sonne, was uns veranlasst noch einmal nach Nida zu fahren und das Thomas-Mann-Haus aufzusuchen. Natürlich ist es geschlossen, doch wir können das Gelände von außen betreten und die wunderschöne Aussicht genießen. Kein Wunder also das sich hier so gut Romane schreiben ließen.
Jetzt lockt uns noch der Parnidžio Kopa (Parnidder Düne), deren 52 Meter Höhe man mit 170 Treppenstufen erklimmen oder einfach mit dem Auto bis zur Sonnenuhr fahren kann.
Aus der Höhe haben wir einen sagenhaften Blick auf die sogenannte litauische Sahara (fehlen nur noch die Kamele)
und den Steilabbruch, umgeben von Wald und Meer. Viel weiter kommen wir nicht mehr, denn bald schon beginnt ein Naturreservat was nicht betreten werden darf, auch schon wegen der Gefahr der Grenzverletzung mit fatalen Folgen.
Auf unserem Rückweg beschreiten wir in Juodkrantė noch den 1,5 Kilometer langen Märchenpfad. Hier sind mehr als 100 Holzskulpturen aufgestellt. In der Regel Hexen und Teufel nach den Motiven litauischer Märchen.
Doch auch der Wald selber ist recht verwunschen und der Boden übersät mit Beerensträuchern und Maiglöckchenpflanzen. Leider blühen sie noch nicht.
Nach all den Hexen und Teufeln, Gnomen und Drachen folgt zum Schluss noch eine heitere Szene damit die Stimmung nicht gar so düster wird.
Am Spätnachmittag verlassen wir die Kurische Nehrung wieder mit der Fähre und fahren bis Palanga-Nord, um wiederum an einem einsamen Strandabschnitt ein ruhiges Plätzchen für die Nacht zu finden. Doch zunächst einmal sind wir gar nicht so einsam hier, denn eine Hochzeitsgesellschaft hat sich am Strand zur Feier versammelt. Das sieht lustig aus. Lange Kleider, hohe Schuhe, feine Anzüge und das alles im Sand herum stapfend. Doch schon gegen 22.00 Uhr sind alle verschwunden und wir sind für kurze Zeit alleine auf weiter Flur. Allerdings fahren noch bis 1.00 Uhr Morgens immer wieder Autos an und ab und wir wissen gar nicht was die um diese Zeit alle hier wollen, wir kommen so kaum zur Ruhe.
Es regnet wie aus Kübeln, wir sind unausgeschlafen und es ist kalt. Kein guter Start für Latvijas Republika (Lettland). Kurz nach Swentoji, wo wir mangels Tankstelle nicht einmal unsere restlichen Litas ausgeben können, haben wir die ehemalige Grenzanlage erreicht. Zwar steht ein Zöllner da, der auch ein paar Autos anhält, wir jedoch können ungehindert passieren. Lettland hat 2,25 Millionen Einwohner (35 je km²), die Hauptstadt ist Rīga, die Sprache Lettisch und die Währung der Lats (Ls.). Die erste größere Stadt am Weg ist Liepāja ( Libau), eine wichtige Hafenstadt und aus diesem Grund zur Sowjetzeit ein Marinehafen und geschlossene Stadt mit 26.000 stationierten Soldaten, von denen der letzte erst 1994 den Ort verlassen hat. In der Touristeninformation erhalten wir wunderschöne Broschüren in Deutsch, die die Sehenswürdigkeiten der Stadt in den höchsten Tönen loben. Als besonders Besuchenswert wird der Stadtteil Karosta hervorgehoben, mit der orthodoxen Kirche und dem ehemaligen Gefängnis. Im Prospekt steht man kann es lieben oder nicht. Als wir uns der orthodoxen Kirche nähern, wissen wir auf jeden Fall, dass wir zu denen gehören die es nicht lieben und das liegt wirklich nicht alleine am Regen, passt aber ausgezeichnet zu dem tristen Umfeld. Da ist die Kirche wirklich das einzige Highlight! Wenngleich wegen des Starkregens nicht einmal ein ordentliches Bild zustande kommt, Bernd im Inneren nicht fotografieren darf und nass wie eine Katze ins WoMo zurück kommt. In dem ich aus Sicherheitsgründen gleich sitzen geblieben bin.
Rings herum stehen unzählige Plattenbauten. Meistens sind die unteren Stockwerke mit Brettern vernagelt und die Scheiben zertrümmert. Obschon manche offensichtlich ganz leer stehen und verfallen, sind andere trotzdem noch bewohnt. Unvorstellbar das man hier menschenwürdig leben kann. Wir wenden uns ab mit Grauen und lassen den nächsten „Höhepunkt“, das ehemalige Gefängnis gleich ganz wegfallen. Hier kann man als Tourist Gefängnisalltag erleben, Befehle entgegen nehmen, sich anbrüllen lassen oder gar in einer Zelle übernachten. Wie wir den Werbeschriften entnehmen können , kommt das sogar bei manchen Touristen richtig gut an und die Nachfrage nach Zimmern im Gefängnis steigt. Wem das gefällt der soll das haben!
Auf die restlichen Sehenswürdigkeiten der Stadt verzichten wir dann gerne und es dauert eine ganze Weile bis wir wieder in ländlichem Gebiet und freundlicherer Umgebung sind. Da kommt der Kranich gerade recht um uns wieder auf Urlaub einzustimmen.
In Ventspils sieht es gleich viel netter aus, wenngleich es immer noch nicht aufhören will zu regnen. Also igeln wir uns auf dem dortigen Campingplatz ein und hoffen auf bessere Zeiten. Die kommen schon am nächsten Morgen, als wäre nichts gewesen ist es wieder sonnig und warm. Doch zunächst einmal müssen wir in eine Werkstatt. Die Kontrolllampe der Bremsen brennt seit gestern. Zwar vermutet Bernd einen Wackelkontakt , doch da will er lieber sicher gehen. Wir brauchen mehrere Anläufe um eine passende Werkstatt zu finden, bekommen dann trotz einiger Sprachschwierigkeiten schnell geholfen. Es hatte sich tatsächlich nur ein Kabel gelockert, der Schaden ist schnell behoben. Jetzt steht uns der Sinn nach Landschaft und wandern. Dazu bewegen wir uns auf der P 124, die überall noch als Schotterpiste angegeben ist und sehr zu unserer Freude mit EU Hilfe zu einer gut befahrbaren Straße ausgebaut wurde in den Slītere Nationalpark, wo es eine schöne Wanderstrecke durch das Petera Moor geben soll. Leider haben die EU Gelder wohl nicht mehr für die Erneuerung des Bohlenweges gereicht, denn unsere Wanderung endet abrupt mitten im Moor mangels weiterführender Strecke. Von der hier angeblich heimischen Tierwelt Luchs bis Elch ist auch nichts zu sehen, nicht einmal irgendwelche Hinterlassenschaften.
So müssen wir umkehren und fahren weiter, vorbei an ein paar Dörfern der Liven (eine sehr kleine ethnische Volksgruppe in Lettland) bis zum Kolkas rags (Kap Kolka). Wo wir zu einem Strandspaziergang und einem Stückchen Bernstein kommen. Bisher hatten wir vergeblich danach Ausschau gehalten, obschon die Küsten hier für ihren Bernsteinreichtum bekannt sind. Wir nutzen den menschenleeren Parkplatz am Kap gleich für eine Übernachtung und kommen dort zu der Erkenntnis, dass wir nicht weiter bis Estland hinauf fahren. So langsam wird uns nämlich die Zeit zu knapp bis zu unserem Gruppentreffen in Rīga und ganz so gestresst wollen wir dort nicht ankommen, haben wir ab dann ja erst den anstrengenden Part unserer Reise vor uns.
Lieber genießen wir in Ruhe noch die schönen Seiten Lettlands mit seinen   kilometerlangen sauberen Stränden.
Immer mal wieder locken uns hübsche Orte mit ebenso hübschen kleinen Kirchen zum fotografieren, wie hier die orthodoxe Kirche in Kolka.
Bei Pūrciems tut sich eine gewaltige Sanddüne, der Pūrciema Baltā kāpa auf. Hier versprach uns das Reisebuch einen 900 m langen Lehrpfad rund um die Dünenlandschaft. Mit Holztreppen und Bohlenwegen wurde die Düne erschlossen und wir genießen den Ausblick.
Bis, ja bis wir wieder mal am Ende des Stegs ankommen sind und es keine Brücke mehr gibt. Wir kämpfen mit uns, gehen wir nun durch das Wasser oder nicht? Doch da der Rundgang nur 900 m lang ist, ist es einfacher zurück zu gehen und von der anderen Seite nochmal zu beginnen, eben bis zu diesem Punkt. Egal, die Landschaft ist einfach nur schön und die Bewegung tut uns gut.
Ab Roja führt die Straße immer am Meer entlang, wieder und wieder halten wir einfach kurz an um die traumhafte Gegend zu genießen.
Im Naturpark Engures ezers (Engure See) finden wir einen ruhigen Wanderparkplatz, wo wir vorbei an Wildpferden zu einem Vogelbeobachtungsturm kommen sollen. Die Erfahrung der letzten Tage hat uns ein wenig misstrauisch werden lassen und unsere Erwartungen sind stark nach unten geschraubt. Zunächst sehen wir einen Hinweis auf ein ornithologisches Forschungszentrum. Was sich als fast leer stehendes Gebäude mit Kaffeemaschine und jeder Menge Schnappsgläsern entpuppt, ohne irgend einen Hinweis darauf, was hier angeblich geforscht wird. Dafür können wir aber einmal sehen wie die Riedgräser geerntet und getrocknet werden mit denen hier so viele Häuser gedeckt sind.
Hinter einem Gebüsch, im Wasser grasend entdecken wir dann die sogenannten Wildpferde. Wahrscheinlich handelt es sich wohl eher um eine Herde frei lebender Pferde.
Viel zu vertrauensselig kommen sie auf uns zu.
Die hier „wild“ lebenden Kühe sind durch einen Elektrozaun vom Wanderweg abgetrennt und haben sogar einen Unterstand.
Den Beobachtungsturm erreichen wir wieder mal nicht, weil die Stege nicht ausgebessert wurden und das Umland zu sumpfig ist um dorthin zu waten.
Allerdings können wir von einer zerbrochenen Bank aus und mit Fernglas schon eine Weile die vielen Wasservögel beobachten, die hier am See heimisch sind. Außerdem genießen wir  den wärmenden Sonnenschein.
Auf dem Rückweg stellt uns eine Pferdemutter noch ihr Fohlen vor.
An der Küste der Rīgaer Bucht liegt Jūrmala, ein Zusammenschluss mehrerer Dörfer und der Badeort für die Reichen des Landes. Erst einmal müssen wir Maut bezahlen um überhaupt in den Ort einfahren zu dürfen. Wunderschöne alte und aufwendig restaurierte Häuser mit großen Grundstücken säumen den Wegesrand. Hier und da stehen Wachen davor. Allerdings gibt es auch noch einfache Behausungen und ein paar Plattenbauten, die so gar nicht in das Bild passen wollen. Wir suchen und finden einen Strandparkplatz. Es gibt etwas zu feiern und da kommt uns das nette Restaurant am Platz gerade recht. Der Restaurantbesitzer gibt uns grünes Licht für eine Übernachtung auf dem Platz mit Strandzugang und nächtlichem Sicherheitsdienst. Was uns ein gutes Gefühl und wieder mal einen herrlichen Sonnenuntergang beschert.
Da wir dringend einmal die Einrichtungen eines richtigen Campingplatzes benötigen, fahren wir Tags darauf zu dem örtlichen Platz. Er hat geöffnet und es sind sogar einige Camper dort. Mit denen haben wir schon gar nicht mehr gerechnet. Ich stürze mich auf die große Wäsche, Bernd lässt im Ort unsere leere Gasflasche füllen und da wir schon wieder 4.000 Kilometer gefahren sind einen Öl- und Luftfilterwechsel vornehmen. Da gibt es dann eine schöne Überraschung. Obwohl wir seit unserem Hochwassererlebnis in Marokko gar nicht mehr viel mit Burro gefahren sind, ist der danach ausgetauschte Luftfilter vollkommen verrostet und sogar schon bröckelig. Das war also allerhöchste Zeit. Unser Burro ist wirklich hart im nehmen.
Alles gewaschen, die Tanks geleert bzw. wieder gefüllt, Burro gewartet jetzt steht unserer Fahrt nach Rīga nichts mehr im Wege. Um uns herum ist Morgens der halbe Platz in Aufruhr, in der Nacht wurden bei 3 WoMo´s die Stromkabel gestohlen. Wir wurden verschont, warum wer weiß das schon! Ironie des Schicksals ist, dass wir so oft frei und alleine gestanden haben und das immer unbehelligt. Hier waren ein paar Leute , die aus Sicherheitsgründen nur auf Campingplätze gehen und dabei verlieren die ihre Stromkabel. Nun ja, es gibt wirklich Schlimmeres. Noch 35 Kilometer und die sogenannte Hauptstadt des Jugendstiels und selbstredend auch UNESCO Welterbe Rīga zeigt sich uns in voller Schönheit am Ufer der Daugava (Düna).
Der Stadtcampingplatz ist zwar offiziell noch geschlossen, doch der Sicherheitsdienst lässt uns passieren und es ist auch schon jede Menge los hier. Manche scheinen ihren gesamten Haushalt dabei zu haben.
Unser erster Weg führt uns zur Touristeninformation. Die Unterlagen in deutscher Sprache über die Sehenswürdigkeiten der Stadt sind vergriffen, Begründung: Es sind zur Zeit so viele Deutsche in der Stadt. Wir sollen uns doch lieber einen persönlichen Stadtführer nehmen, den könnten sie uns direkt besorgen. Wahrscheinlich hat das Methode. Wir lehnen dankend ab, muss eben unsere Info im Reiseführer reichen. Als erstes sticht uns die Fassade eines Hotels ins Auge.
In der Vecrīga (Altstadt) bunte Häuser, Markttreiben und ein niedlicher Drache. Alles bildet eine homogenen Einheit.
Richtig beeindruckend aber wird es dann am Rātslaukums (Rathausplatz), der im Zweiten Weltkrieg zwar vollkommen zerstört wurde, zwischenzeitlich aber wieder in alter Pracht glänzt. Ganz besonders hervorzuheben ist das Melngalvju nams (Schwarzhäupterhaus), dessen Ursprünge aus dem Jahr 1334 datieren und das mit dem Waagenhaus eine Einheit bildet.
Immer neue Blickwinkel durch Gassen und Tore. Im Hintergrund die St. Petri-Kirche, eine der ältesten Sakaralbauten des Baltikums, aus dem Jahr 1209 mit ihrem barocken Turm. 
Die Rīgas birža (Börse) und weitere schöne Altstadthäuser.
Diese Gebäude haben den Namen Tris brali (drei Brüder).
Sehr schlicht gehalten ist das Rīgas pils (Schloss).

Auch Rīgas Neustadt hat einiges zu bieten. Insbesondere hier können wir nun erkennen, warum der Ort den Beinamen Jugendstilstadt hat. Hauptsächlich in den Straßen Elizabetes iela und Alberta iela ist ein Haus schöner als das andere. Wenngleich auch ab und an wohl das Geld für Renovierungen fehlt.

Wer nach all dem Schauen und Staunen müde geworden ist, gleitet gemütlich in einem Boot  auf dem Pilsētas kanāls (Schlosskanal) dahin.
Wieder auf dem Campinglatz wächst die Spannung, gehören die zu unserer Gruppe? Fahrräder oder Hund! kann nicht sein, Sandbleche und eine Menge Ersatzreifen hingegen sind ein untrügliches Zeichen. Zwei Tage haben wir Zeit um uns einmal alle kennen zu lernen, schließlich werden wir nun fast 6 Monate zusammen reisen. Wir bekommen unsere letzten Instruktionen, Kartenmaterial und auch endlich unsere Reisepässe mit all den Visa.
Doch was gehört auch dazu? Natürlich ein erstes gemeinsames Essen. Schon der Weg zum Lokal verspricht Besonderes.
Wir fühlen uns in dem originalen alten Keller wie im Mittelalter und das Mahl mundet ausgezeichnet. Rīga wird 2014 europäische Kulturhauptstadt und das sicherlich zu recht.
Jetzt aber fiebern wir dem Grenzübertritt nach Russland entgegen. Natürlich werden wir uns bemühen weiterhin am Ball zu bleiben und einen Blog zu schreiben, ob uns das aus Zeitgründen oder Zugriffsmöglichkeiten auf das Internet immer gelingt, wird sich zeigen. Vorsichtshalber weisen wir an dieser Stelle auf den offiziellen Reisebericht des Reiseunternehmens hin, der ja auf jeden Fall veröffentlicht wird:   
                                                  www.abenteuerosten.de