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Mittwoch, 30. Januar 2013

Abenteuer Osten XVII – Turkmenistan -

Wie an den letzten Grenzen, so ist es auch diesmal: Umständlicher Formularkrieg, lange Wartezeiten, aufwendige Fahrzeugkontrollen und irgendwann ist es vorbei. So langsam nehmen wir das stoisch einfach hin. Es ist wohl der Gewöhnungseffekt und ändern können wir es ja sowieso nicht. Wenigstens sind wir diesmal im Hellen fertig und können uns jetzt voll und ganz auf das uns wohl unbekannteste Land dieser Reise, Turkmenistan konzentrieren. Ach ja, wir haben jetzt einen Reiseleiter weniger. Obschon Turkmenistan einst ein GUS Staat war, jedoch seit 1991 eine eigenständige Präsidialrepublik ist, wurde Artem als russischem Staatsbürger das Einreisevisum verweigert. So sitzt er bereits im Flugzeug und wir werden ihn erst im Iran wiedersehen. Turkmenistan hat 6,7 Millionen Einwohner, Landessprache ist Turkmenisch und die Währung heißt Manat. Kyrillisch als Schriftform und russisch als Sprache verschwinden allmählich aus dem öffentlichen Leben. Viel mehr über das Land wissen wir noch nicht, als wir die 160.000 Einwohner zählende Grenzstadt Dashogus und unseren Stellplatz am Hotel Uzboý erreichen.
Obschon Dashogus (Steinquelle) einst wegen eines Brunnens ein attraktiver Rastplatz an der Seidenstraße war, ist die Stadt heute für Reisende mehr oder weniger nur noch eine Durchgangsstation, deren Hauptsehenswürdigkeit der Bai-Basar ist. Bernd macht sich gleich auf die Suche nach Ersatzteilen, doch außer Öl und Schmierstoffen gibt es nichts was ihm weiter helfen könnte.
Melonen dafür um so reichlicher und das freundliche Lächeln der Verkäuferin gratis dazu.
Internet und Handys funktionieren nicht und als Bernd dann endlich einen Festnetzanschluss findet, von dem aus auch Gespräche ins Ausland geführt werden dürfen, erfährt er das unsere Ersatzteile nicht mehr rechtzeitig ankommen bis wir in Ashgabat sind. Da können wir jetzt nur noch auf Teheran hoffen. Unser staatlicher Begleiter Ermuhamed ist mit den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut und vermittelt einen Termin in einer Art Werkstatt. Dort gibt es zwar auch keine Ersatzteile, aber immerhin eine Grube und ein paar Männer die etwas von Autos verstehen und die, wie so oft in Ländern in denen es viele alte Autos und keine Ersatzteile gibt, wunderbar improvisieren können. Sie zerschneiden einen gebrauchten Reifenschlauch und legen ihn unter die Halterungen der Antriebswelle. Die hat jetzt kein Spiel mehr und kann für turkmenische Verhältnisse so noch lange halten. Für die Bremse haben sie auch keine Lösung, aber wer wird sich denn Gedanken machen wenn ein Auto nur auf drei Rädern bremst? Ist doch schon fast normal oder?
Wir tanken für traumhafte 17 Cent den Liter Diesel und dann geht es im lockeren Konvoi ( wir sind an ein bestimmtes Zeitfenster und eine vorgeschriebene Strecke gebunden, dürfen aber rasten und fotografieren wo wir wollen) Richtung Konya Urgench. Unterwegs finden wir ein schönes Holzstück, dass wunderbar für ein abendliches Feuer geeignet ist. Da wir nun die Letzten aus der Gruppe sind, bemerken wir auch unsere Schatten, die uns in gebührendem Abstand folgen, lediglich zu unserer Sicherheit versteht sich. Obschon wir nur 100 Kilometer zu fahren haben, kommen wir wegen den ausgesprochen schlechten Straßenverhältnissen erst kurz vor 18.00 Uhr und gerade noch rechtzeitig zur Führung auf unserem Stellplatz direkt am Konya-Urgench-Museum in der ehemaligen Dash-Moschee an.
Konya Urgench (oder Gurgandsch so der alte Name) als Seidenstraßenstadt hat eine sehr wechselvolle Geschichte und war einst mit seinen Moscheen, Koranschulen und Bibliotheken ein Zentrum der islamischen Welt. Immer wieder Ziel von feindlichen Angriffen und Eroberern erholte sie sich dennoch stets, bis im Jahre 1379 die Heere Tamerlans sie dem Erdboden gleich machte. Erst im 19. Jahrhundert wurde das neue, modernen Konya Urgench erbaut. Die historischen Bauwerke, die die Geschichte überstanden haben sind, obschon UNESCO-Welterbe und Pilgerstätten der Bevölkerung, in einem bedauernswerten Zustand. Dem Mausoleum Nadschmeddin Kubra von 1321werden heilende Kräfte zugeschrieben. Es ist die heiligste Stätte in Konya Urgench und sollte von Touristen nicht betreten werden.
Gegenüber liegt das eher schmucklose Mausoleum Sultan Ali aus dem 15. oder 16. Jahrhundert.
Mehrmals umschreiten die Pilgerinnen die Gebäude und berühren dabei die Wände. Das soll helfen bei Krankheiten und Kinderwunsch.
Es ist schon fast dunkel als wir mit der Führung wieder am Eingang ankommen. Wahrscheinlich deshalb erklärt unsere örtliche Reiseleiterin Natascha das kleine Konya Urgench Museum für uninteressant und wir sind für heute entlassen. So können wir noch den Sonnenuntergang über dem Komplex bewundern.
Obschon es am Tag sehr heiß war, kühlt es in der Nacht stark ab, typisches Wüstenklima eben. So heißt es am Morgen erst einmal warm anziehen, bevor wir die zwei Kilometer bis zum Parkplatz an der nächsten Ausgrabungsstätte von alt Gurgandsch fahren. Auf dem weitläufigen Gelände sind noch so einige Mausoleen erhalten. Das Turabeg-Khanum-Mausoleum aus dem 14. Jahrhundert war einst mit prächtigen Majolikas geschmückt. Die meisten davon sind abgefallen und von der ehemaligen Pracht sind nur noch Fragmente erhalten.
In der mit 365 Sternen und Ornamenten verzierten Kuppel, den 24 Bögen sowie im gesamten Innenraum nisten Tauben und tragen so zur weiteren Zerstörung bei.
Die Gläubigen lassen sich ganz offensichtlich durch den Verfall ihrer heiligen Stätten nicht beeindrucken.
Das Minarett Kutlug Timur aus dem 11. Jahrhundert ist mit seinen 62 Metern das höchste Mittelasiens. Die mit einer Laterne beleuchtete Spitze wies den Karawanen in der Dunkelheit den Weg. Mittlerweile ist die Spitze abgebrochen und auch das Minarett kann nicht mehr bestiegen werden.
Im gepflasterten Umfeld des Minaretts befindet sich ein heiliger Brunnen,
aus dem die Pilger Wasser schöpfen, das bei diversen Krankheiten helfen soll. Natascha rät uns dringend ab es den Gläubigen gleich zu tun. Hier war nämlich einst ein Friedhof und ihrer Meinung nach kann man daher eher vom Wasser krank denn gesund werden.
Wer durch dieses einfache Holzgestell hindurch geht, dem wird ein Kinderwunsch erfüllt. Darauf hoffen zu mindestens diese Frauen.
Überhaupt ist der Wunsch nach Kindern hier das zentrale Thema. Die vielen Wunschwiegen vor dem Mausoleum des Sultan Tekesch (Gökgumbas) zeugen davon.
Wir wandern mit den Pilgern auf den kleinen Hügel Kyrk Molla (40 Mullahs), der zu den bekanntesten Pilgerstätten Turkmenistans gehört. Hier soll einst die Zitadelle sowie eine berühmt Akademie gestanden haben. Heute ist der Platz übersäht von kleinen Steinpyramieden, Wunschbändern und Wiegen. Puppen, ganze Babyausrüstungen und sogar Zettel mit den Namen des ersehnten Kindes zeugen vom größten Wunsch der Gläubigen.
Im übrigen bewegen wir uns in der Wüste Karakum (schwarzer Sand), der größten Wüste Mittelasiens, die alleine 80% der Fläche Turkmenistans ausmacht. Durch einen künstlichen Bewässerungskanal, der mit 1.500 Kilometern als der längste der Welt gilt, gespeist mit dem Wasser des Amu Darja wurde es möglich gemacht enorme Mengen von Baumwolle im Wüstenland zu produzieren (dafür trocknet der Aral-See, einst der viertgrößte Binnensee der Welt so langsam aus, weil ihm das Wasser des Amu Darja fehlt). An unserer Strecke liegen die Ruinen von Suburny. Die Festung existierte bereits im 4. Jahrhundert vor Christus, fiel aber dann den Eroberungszügen Tamerlans zum Opfer. Viel mehr als die Reste der ehemals 15 Meter hohen Stadtmauer gibt es nicht zu sehen.
Die Straßenverhältnisse sind teilweise absolut grausig und so sind wir wirklich heilfroh als wir die 270 Kilometer Tagesstrecke hinter uns haben. Wir reihen uns einfach längs einer Asphaltstraße, mitten im Wüstenland in der Nähe der ehemaligen Siedlung Darwasa auf. Heute steht eine ganz besondere Attraktion auf dem Programm. Wir werden mit Allrad-UAS-Bussen 7 Kilometer durch Sanddünen gekarrt um zu einem Feuerkrater zu gelangen. Hier wurde einst nach Erdgas gebohrt. Dabei stürzte das Gelände ein und ein Krater von 200 Metern Durchmesser und 50 Metern Tiefe entstand. Weil die hier lebenden Nomaden immer wieder Verluste bei ihren Tieren hatten (sie fielen in den Krater oder starben an Gasvergiftung) soll angeblich ein Viehhirte einen brennenden Reifen in den Krater geworfen haben. Das Gas entzündete sich und nun brennt es schon seit 30 Jahren aus hunderten von Spalten. Ein Löschversuch wurde bis heute nicht unternommen. Wir werden eindringlich gewarnt nicht zu nahe an den Rand zu gehen, er ist porös und kann abbrechen. Wer da hinein fällt, dem ist nicht mehr zu helfen. Je dunkler es wird, desto größer das Schauspiel was sich uns nun bietet.
Um uns die Wartezeit auf die vollständige Dunkelheit zu versüßen, haben Ermuhamed und seine Mannschaft ein typisch turkmenisches Essen organisiert. Bei Schaffleischsuppe und Schaschlik-Spießen von enormen Ausmaßen lassen wir es uns gut gehen und genießen den Anblick und die Wärme des Feuers.
Wir können uns fast nicht los reißen von dem Flammenspiel. Doch der Tag war lang und irgendwann treibt uns die Müdigkeit dann doch zurück ins WoMo.
Am nächsten Morgen machen wir noch einen kurzen Fotostopp an einem weiteren Krater. Auch er ist durch eine Explosion bei der Bohrung entstanden. Allerdings ist er nun mit Wasser gefüllt und es tritt kein Gas aus.
Damit die Wüste die Straße nicht ganz verschüttet, werden Randbefestigungen aus einer Art Stroh angebracht. Für die Dromedare scheint das Material eine willkommene Abwechslung im ansonsten eher kargen Speiseplan zu sein.
Na dann, guten Appetit!
Was sich hier Straße nennt ist mehr eine Schlaglochpiste. Bernd kann aufpassen so viel er will, irgendwo auf den 260 Kilometern Tagesleistung rasseln wir doch in das eine oder andere Loch. Es grenzt schon an ein Wunder, das wir dennoch einigermaßen heil in Ashgabat, der 860.000 Einwohner zählenden Hauptstadt Turkmenistans ankommen. Schon bei der Stadteinfahrt kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Breite gepflegte Straßen, moderne aus weißem Marmor errichtete Häuser so weit wie wir sehen können. Unser Stellplatz für die nächsten Tage ist der großzügige Parkplatz des Lacin Hotels.
Die schöne und klimatisierte Hotelhalle dient mir als Zufluchtsstätte, während Bernd noch einmal einen leider erfolglosen Versuch in einer Werkstatt startet. Außer ein paar Kleinigkeiten, die wir der Rüttelpiste zu verdanken haben, ist wegen der immer noch fehlenden Ersatzteile keine weitere Reparatur möglich.
Ashgabat wurde 1948 bei einem Erdbeben der Stärke 9 fast vollständig zerstört. 110.000 Menschen fanden den Tod und die Stadt war 5 Jahre lang Sperrgebiet. Danach wurde sie „modern“ wieder aufgebaut und hat an historischen Gebäuden nichts mehr zu bieten. Es reicht also eine Rundfahrt mit dem Bus um einen Überblick über all die prächtigen Marmorbauten (Turkmenistan soll der weltgrößte Abnehmer von Carrara-Marmor sein), die vielen Denkmäler und üppigen Wasserspiele zu bekommen.
Das ganze Stadtbild ist geprägt von dem etwas gewöhnungsbedürftigen Personenkult um den 2006 verstorbenen Staatspräsidenten Saparmurad Nijasow, genannt Beyik Turkmenbashi ( Großer Vater aller Turkmenen). Kaum ein offizielles Gebäude das nicht mit einem Konterfei oder einer Statue von ihm geschmückt ist. Straßen und Plätze sind nach ihm benannt und auch der Monat Januar. So steht er selbst beim Denkmal für die Achal-Tekkiner Pferde, im Vordergrund.
Für eine Wüstenstadt gibt es verblüffend viele Parks und Grünflächen.
Sicht auf das Regierungsviertel. Leider nur von Ferne, da im Bezirk selber fotografieren verboten ist.
Auf der Spitze des 75 m hohen Bogens der Neutralität
dreht sich der Große Vater aller Turkmenen mit der Sonne um sich selbst.
Immer wieder auf neue Wasserspiele
und Marmorbauten. Ach wäre doch nur etwas von dem Geld in den Bau der Überlandstraßen geflossen!
Das Unabhängigkeitsdenkmal
und der dazugehörende Unabhängigkeitspark mit Standbildern turkmenischer Persönlichkeiten.
Besonders auffallend ist, dass wir nur ganz wenige Menschen auf den Gehwegen und besonders in den Parkanlagen sehen. Es sieht so aus als wären alle nur im Auto unterwegs. Selbst der Bazar mit seinem reichhaltigen Angebot wirkt auf den ersten Blick steril und hat so gar nichts vom orientalischen Flair, dass wir in den letzten Wochen erleben durften.
Lichterfahrt am Abend.

Ansonsten verbringen wir hier unsere Zeit mit Vorbereitungen für den Iran. Das heißt jeden Abend Party, denn alle mitgeführten Alkoholvorräte müssen jetzt „vernichtet“ werden. Es ist nicht gestattet irgendwelche Alkoholika in den Iran einzuführen, da dort ein striktes Alkoholverbot gilt und es soll ja nicht die Einreise der ganzen Gruppe gefährdet werden. Ich kaufe mir in der Hotelboutique zwei turkmenische Kleider, denn die gefallen mir ausgesprochen gut und sie sind außerdem ausgezeichnet geeignet um den iranischen Kleidervorschriften zu entsprechen. Nach 3 Nächten in Ashgabat werden wir am Morgen um 8.00 Uhr im strengen Konvoi aus der Stadt hinausbegleitet. Nach jeder Straßenkreuzung bzw. Ampel kontrollieren unsere Begleiter ob nicht einer aus der Gruppe verloren ging. Das ist ausgesprochen nervig, weil es wirklich erst dann weiter geht, wenn alle über die Ampel gekommen sind und das braucht schon mal mehr als eine Grünphase. So geht das an jeder Ampel und es dauert tatsächlich geschlagene zwei Stunden bis wir aus Ashgabat heraus sind und an einer Art Grenzvorposten ankommen. Nachdem dort schon mal umständlich alle Pässe kontrolliert werden, dürfen wir den Schlagbaum passieren und tatsächlich die restlichen 30 Kilometer bis zur Grenze alleine fahren. Wir winden uns im Niemandsland von 150 m bis zur Grenzstation in 1.700 m hoch und haben noch einmal eine wunderbare Aussicht auf die Landschaft. Das turkmenische Grenzprozedere geht wie bereits gewohnt langsam, aber immerhin schneller als bei der Einreise vonstatten. Jetzt heißt es für die Frauen Kopftücher anziehen. Mit freudiger Erwartung sehen wir unserer Einreise in den Iran entgegen.

Mittwoch, 23. Januar 2013

Abenteuer Osten XVI – Republik Usbekistan (O´zbekiston Respublikasi) mit Taschkent (Toshkent), Samarkand (Samarqand), Buchara (Boxoro) sowie Chiwa (Xiva) -

Wir sind mittlerweile ja schon so einiges gewöhnt in Sachen Grenzübertritt. Doch der nach Usbekistan hat es wirklich in sich. Für keinen von uns ist ersichtlich, warum es einfach nicht voran geht. Die Stunden ziehen sich quälend dahin und so gut wie nichts bewegt sich. Die Vordersten aus der Gruppe sind erst am frühen Nachmittag fertig und wenn das so weiter geht, kommen wir heute überhaupt nicht mehr über die Grenze, da die Zollstation am Abend geschlossen wird. Dann werden die restlichen Fahrzeuge plötzlich alle auf einmal eingewunken und erstaunlich schnell abgefertigt. Nur raus dürfen wir immer noch nicht aus dem Grenzbezirk, eine Stunde stehen wir sinnlos herum. Endlich ist es soweit, das Tor wird geöffnet und wir sind in die 28 Millionen Einwohner zählende Republik Usbekistan (O´zbekiston Respublikasi) eingereist. Nun müssen wir noch 30 Kilometer durch die Dunkelheit fahren, bis wir endlich nach 23.00 Uhr auf unserem Stellplatz an einem Autohaus in der Nähe der Stadt Andijon in unser Bett fallen können. Am Morgen lernen wir dann Murad, unseren örtlichen Reiseleiter, sowie die Landeswährung Sum kennen. Da der Wechselkurs 2.400 Sum zu einem Euro steht, muss Murad das Geld in Tragetaschen mitbringen und in dem Päckchen, das jedes Fahrzeug als Erstausstattung bekommt, sind gerade mal umgerechnet 70 Euro enthalten. Da ist in Zukunft beim Einkauf wohl ordentlich Kopfrechen angesagt.
Usbekistan verfügt über diverse Bodenschätze wie Gold und Gas. Ein weiterer nicht unwesentlicher Wirtschaftsfaktor ist die Baumwolle. Das 80% der landwirtschaftlichen Fläche hierfür genutzt werden, wird uns schon auf der Weiterfahrt klar, (im übrigen befinden wir uns immer noch im Fergana-Tal) Baumwollfelder so weit das Auge reicht.
Wir haben das Glück die Sträucher in vollen Blüte zu sehen. Auf manchen Feldern werden sie bereits abgeerntet.
Uns ist freigestellt die 370 Kilometer nach Taschkent auf einmal, oder mit einer Zwischenübernachtung zu fahren. Da uns die 370 Kilometer nach dem gestrigen Grenzstress zu lang erscheinen, machen wir gerne von dem Angebot Gebrauch. Allerdings ist es nicht ganz einfach einen geeigneten Platz zu finden. So versuchen wir es, gemeinsam mit Sigrid und Manfred, auf der stillgelegten, alten Passstraße kurz vor dem Kamchik-Pass (2.267m). Augenscheinlich haben wir da ein hübsches Fleckchen Erde gefunden, richten uns gemütlich ein und genießen die Sonne. Kein Mensch weit und breit stört unsere Idylle.
Leider haben wir aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Am späten Nachmittag kommt ein bewaffneter Soldat vorbei und ist sehr erstaunt über unsere Anwesenheit. Mangels Sprachkenntnissen ist eine Verständigung nicht möglich und so holt er erst einmal per Telefon Verstärkung. Freundlich aber bestimmt fragen sie uns nun auf englisch aus nach dem woher und wohin. Auch die Wohnmobile werden ausgiebig inspiziert. Dann wieder ein Telefonat, offensichtlich mit einem Vorgesetzten. Wir hören die Worte Dusche, Toilette und Küche heraus. Das scheint zu reichen, lachend und händeschüttelnd verabschieden sich die Männer. Mittlerweile ist es dunkel und wir fangen an uns ein Abendessen zu zubereiten. Da kommen die Soldaten wieder. Sie erklären uns, dass wir uns zu nahe an der Grenze zu Tadschikistan aufhalten und dass wir doch nicht über Nacht hier bleiben dürfen. Unser Abendessen könnten wir selbstverständlich noch in aller Ruhe einnehmen. Dann steigt ein Soldat bei S. und M. ins WoMo und der Rest fährt in einem PKW hinter uns her. So ist sichergestellt, dass wir auch wirklich fahren. Kurz darauf erreichen wir zwei schwer bewachte Tunnel, wo die Soldaten uns verlassen. Wir winden uns hinunter ins Ahangaron-Tal und können in der Dunkelheit natürlich keinen geeigneten Übernachtungsplatz mehr ausmachen. Eine
telefonische Rücksprache mit anderen Reiseteilnehmern, denen es ähnlich ergangen ist, die aber noch im Hellen den Platz räumen mussten, verhilft uns zu den Koordinaten einer stillgelegten Straße in der Nähe der Stadt Angren. Was aber immerhin noch eine
anstrengende Dunkelheitsfahrt auf schlechter Straße von 80 Kilometern bedeutet. Gerade erkennen wir noch, dass hier so einige Gruppenmitglieder gestrandet sind, bevor wir nun schon die zweite Nacht in Usbekistan erschöpft ins Bett fallen. So sollte das aber nicht weiter gehen! Am Morgen haben wir wie zum Trost nur noch ca. 100 Kilometer zu fahren. So genießen wir das Syrdarja-Tal und nutzen die Gelegenheit zum Einkauf von Obst und Gemüse direkt vom Erzeuger zu unvorstellbar günstigen Preisen. Noch vor Mittag erreichen wir die 2,1 Millionen Einwohner zählende usbekische Hauptstadt Taschkent (Toshkent). Dort finden wir am Hotel Uzbekistan einen schönen Stellplatz in erstaunlich grüner Umgebung.
Durch ein verheerendes Erdbeben mit unzähligen Toten wurde die Stadt 1966 beinahe vollkommen zerstört und dementsprechend „modern“ wieder aufgebaut. Viele der monumentalen Gebäude befinden sich fußläufig zu unserem Stellplatz und so können wir am Abend schon einen Überblick verschaffen. Hier sehen wir den Palast des Forums von Usbekistan.
Der erste Halt bei der morgendlichen Stadtrundfahrt findet am Anxor-Kanal statt, welcher auch die die Trennlinie zwischen der immer mehr weg sanierten orientalischen Altstadt und der quadratisch angelegten Neustadt ist. In unmittelbarer Nähe befindet sich auch das monumentale Denkmal für die Erdbebenopfer und den Wiederaufbau.
Hauptsehenswürdigkeit von Taschkent ist zweifelsohne das Ensemble Hazrati Imom, welches uns schon von außen sehr beeindruckt. 2007 wurde die Gesamtanlage nach alten Plänen vollständig wieder aufgebaut. Die gewaltige Hallenmoschee Hazrati Imom mit ihren türkisblauen Kuppeln bietet 2.500 Gläubigen Platz.
In der Medrese (islamische Schule) Mo´yi muborak wird das Original des Korans des Uthman ibn Affan aufbewahrt. Das Buch datiert aus dem 7. Jh. und gilt als die älteste Koranabschrift.
Wir können uns gar nicht satt sehen an den wunderbaren Farben und Ornamenten der vielen Kuppeln auf dem Gelände.
Außer dem Mausoleum Qaffol Shoshiy und der Baroqxon-Medrese steht des weiteren noch die Hochschule Imom Buxoriy auf dem weitläufigen Gelände. Hier werden muslimische Geistliche ausgebildet und dem entsprechend ist die Kleiderordnung.
Ansonsten tragen die Kinder hier ausgesprochen hübsche Schulkleidung.
Selbst Störche finden auf dem Gelände ihren Lebensraum.
Zwar rauchen uns schon die Köpfe von alle den Informationen mit denen Murad uns füttert, doch es gibt noch viel zu sehen in der Stadt. So fahren wir zum nächsten Komplex in der Altstadt. Direkt neben der Juma-Moschee mit ihren silbern glänzenden Kuppeln steht die Medrese Ko´kaldosh.
Sie ist in Betrieb und so dürfen wir nur in den Innenhof und in die Räume in denen Kunsthandwerk hergestellt wird. In den Medresen werden nämlich neben der Lektüre des Korans (Hifz) sowie seiner Interpretation (Tasir), dem islamischen Recht (Sharia) und den Worten und Taten des Propheten Mohammed (Hadith) auch arabische Sprache und allgemein wissenschaftliche Fächer, sowie künstlerische Fähigkeiten vermittelt.
Besonders angetan sind wir von den kalligrafischen Motiven. Da lassen wir uns gleich vor Ort ein Souvenir anfertigen.
Nach all der Kultur muss nun mal wieder ein Bazar her. Der liegt gleich um die Ecke und auf dem Weg dorthin stellen wir mit Freuden fest, dass die Jugendlichen sich hier so benehmen wie überall in der Welt.
Der Chorsu-Basar ist ein sehr lebhafter Lebensmittel- und Bauernmarkt. Berge von frischen Himbeeren und Feigen wandern in unsere Taschen.
Schon ist unsere Zeit in Taschkent vorüber und zum Abschied bekommen wir sogar noch ein Ständchen (oder ist das etwa für die Hochzeitsgesellschaft im Hotel?).
Neben der großen Hitze haben wir in Usbekistan nur noch ein Problem, die Beschaffung von Diesel. Da das Land über große Gasvorkommen verfügt, fahren Privatfahrzeuge in der Regel mit Gas. In den Sommermonaten ist Diesel für landwirtschaftliche Fahrzeuge reserviert. So werden wir an den meisten Tankstellen abgewiesen. Da heißt es schon öfter mal nachfragen und dann kommt ab und an ein Kanister zum Vorschein ( zum  erhöhtem Preise versteht sich). So dauert es eine Weile bis wir die 320 Kilometer bis Samarkand (Samarqand) zurück gelegt haben, wo wir am Hotel Afrosiab einen schattenlosen Stellplatz vorfinden. Dafür ist er aber fußläufig zu einigen Sehenswürdigkeiten, angefangen mit dem Denkmal des Amir Timur auch genannt Tamerlan (der Hinkende), der im14. Jh. herrschte und einer der grausamsten und gewaltsamsten Eroberer der Geschichte war. Das sogenannte Timuridenreich reichte von kurz vor Moskau und Anatolien bis hin nach Indien. Samarkand ist mit seinen 350.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Usbekistans und aufgrund seiner wechselvollen 2.000jährigen Geschichte als ein wichtiger Handelsplatz an der Seidenstraße UNESCO Welterbe. 1220 fielen die Mongolen unter Dschingis Khan in Samarkand ein. Sie verwüsteten die Stadt vollständig, entführten oder töteten die Bevölkerung, die immerhin schon eine halbe Million Einwohner zählte. Erst als 1370 Amir Timur/Tamerlan seinen Hauptsitz nach Samarkant verlegte und Paläste, Medresen und Mausoleen errichten ließ, erblühte die Stadt erneut. Um 1720 -1770, nach dem Untergang des Timuridenreiches kam es aufgrund von Stammesfehden und der danach folgenden Anarchie zu einem erneuten Exodus. So sollen nur noch 1.000 Familien hier gelebt haben. Die Medresen und Moscheen verfielen und wurden von Wölfen und Tigern in Besitz genommen. Seit der Eroberung durch den russischen Zaren Alexander II.(1868) und dem Bau einer Eisenbahnlinie bis nach China lebte der Mythos der Seidenstraße wieder auf und verhalf der Stadt zu neuer Blüte.
Unsere Stadtführung beginnt am Mausoleum Go´ri Amir. Es wurde noch zu Lebzeiten Tamerlans angefangen jedoch erst 1405 nach seinem Tod fertiggestellt.
Die 34 m hohe zweischalige Melonenkuppel (zwei ineinander gebaute Kuppelschalen) ist eine besondere Augenweide mit ihren Mosaiken.

Fast noch schöner sind die blauen und türkisfarbenen Kacheln im Inneren der Kuppel anzusehen.
Hier befinden sich die Grabsteine Tamerlans, seiner Söhne und Enkel sowie eines Lehrer und eines Ministers. Der Grabstein ist im übrigen mit folgenden Worten beschriftet: „Wer das Vermächtnis von Amir Timur verletzt, wird bestraft werden und in der ganzen Welt werden Kriege ausbrechen.“ Bis 1941 blieb daher die Grabstätte unversehrt, dann wurde sie auf Geheiß Stalins geöffnet, der Rest ist reine Spekulation.
Schriftzüge erzählen Geschichten aus Tamerlans Leben. Die vergoldeten Arabesken (arabische Ornamentkunst) sind aus Pappmaché hergestellt.
Bei den Usbeken gilt er als Nationalheld und entsprechend gut besucht ist die Grabstätte und zwar von Alt
und Jung.
Spätestens am Registon Platz können wir uns dann fühlen wie im Märchen aus 1.001 Nacht. Von drei Seiten wird er beherrscht von den restaurierten Irwanen (eine an drei Seiten geschlossene Halle) dreier Medresen aus dem 15.- 17. Jh.. Hier gab es schon zu Zeiten Tamerlans Handelsstationen für durchreisenden Karawanen. Sein Enkel Ulugh Beg (der bereit als 15.jähriger die Nachfolge von Tamerlan antrat) ließ dort Versammlungen und öffentliche Hinrichtungen abhalten. Heute ist die ganze Anlage mehr oder weniger ein Museum.
Die Medrese Sherdor weist eine Besonderheit in der islamischen Kunst auf, über dem Portal sind Tiger zu erkennen die Hirsche erledigen, obwohl seit dem 7.-8. Jh. eigentlich keine Lebewesen dargestellt werden .
In den unteren Stockwerken der ehemaligen Medresen haben sich Kunsthandwerker und Souvenirhändler niedergelassen, auch für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt.
Hier haben alle ihren Spaß.
So langsam müssen wir uns vom Registon-Platz los reißen , denn Samarkand hat noch so viel mehr zu bieten. Der nächste Abstecher gilt der Moschee Bibi Xanom, die nach einer der Frauen Tamerlans benannt ist und um die sich so manche Legende rankt.
Blick von der Moschee auf Grabhügel und Mausoleen.
Der Sextant des Obseratoriums des Ulugh Beg von 1429. Die Sternwarte galt als die größte und modernste ihrer Zeit.
Am Abend gehen Bernd und ich noch einmal alleine zum Registon Platz. Wir setzen uns auf eine Bank und genießen den Blick auf die angeleuchteten Medresen. Jetzt fehlt nur noch ein Märchenerzähler zum perfekten Ambiente.
Usbekistan bietet immer noch eine Steigerung. Waren wir schon von Samarkand restlos begeistert ( wir haben dort aus Zeitgründen beileibe nicht alles gesehen was es zu bewundern gilt), so sollte uns Buchara (Boxoro) noch mehr überraschen. Bis dahin allerdings haben wir 280 Kilometern mit extrem schlechten Straßenverhältnissen, Hitze und Dieselknappheit zu bewältigen. Das aber ist alles schnell vergessen als wir endlich den Stellplatz am Hotel Asia erreicht haben. Obschon etwa 235.000 Menschen hier leben, kommt uns die fast verkehrsfreie Altstadt mit ihren engen Gassen vor wie ein Dorf. Selbstredend ist sie UNESCO Welterbe und wirkt auf uns wie ein bewohntes Freilichtmuseum. Verlaufen kann man sich hier trotz der teils recht unübersichtlichen Gassen nicht, dass 50 Meter hohe Minarett Kalon aus dem12. Jh., welches als Wahrzeichen der Stadt gilt, weist uns immer den Weg.
Im übrigen treffen wir jetzt auch wieder auf jede Menge Touristen aus der ganzen Welt und insbesondere aus Deutschland. Wen wundert es da, dass die gesamte Altstadt einem einigen Bazar gleicht.
Die Medrese Nodir Devon begi wurde ursprünglich 1622 als Karawanserei erbaut und erst in späteren Jahren als Schule genutzt. Besonders hervorstechend ist das schöne Eingangsportal mit den ansonsten unüblichen Darstellungen von Vögeln (Reihern) sowie einer Sonne mit Gesicht.
Denkmal des Xoja Nasriddin Afandi ud seinem Esel (eine listige Märchenfigur, die überall in der arabischen Welt bekannt ist). Er soll angeblich in Buchara gelebt haben, jedoch behaupten das die Turkmenen, sowie die Perser und selbst die Türken auch von sich.
Die Nodir Devon begi xonaqosi (Tekke) aus 1620 war ein Versammlungs- und Zeremonienort der Sufis (Derwische).
Der Platz Labi Xauz mit seinem 42m langen und 36 m breiten Wasserbecken ist ein beliebter abendlicher Treffpunkt und lädt geradezu zum Verweilen oder Essen ein.
Von den handgearbeiteten Marionetten im Puppenmuseum möchte man am liebsten einen ganzen Satz mit nach Hause nehmen.
Überall in den Straßen sehen wir stickende Frauen. Die Palette ist weit gefächert: Von Hemden über Taschen bis hin zu Tischdecken ist alles im Angebot und das zu sehr günstigen Preisen.
Wir bekommen eine Demonstration der Schärfe von Messern und Scheren, die hier angeblich auch in Einzelarbeit gefertigt werden. Merkwürdig ist nur, dass wir so viele Läden mit den gleichen Produkten sehen. Da darf man schon mal Zweifeln.
Bei der Anzahl von überdachten Bazaren (Toqis) verliert man schnell den Überblick (Toqi der Geldwechsler, Toqi der Mützenverkäufer, Toqi der Juweliere usw.) .

So oder ähnlich sehen die Wohnzellen der Schüler in den Medresen aus.
Die Medrese Abdulazizxon aus dem17.Jh. mit wunderschön ausgeschmückter Fassade beherbergt heute ein Museum für Holzschnitzerei.
 Keine zwei Schritte kommt man voran ohne Verkaufsstände. Hier kann man traditionelle Kopfbedeckungen erstehen. Die sind zwar recht kleidsam, aber für den täglichen Gebrauch in Deutschland doch eher ungeeignet.
Musikinstrumente aller Art gibt es heute auch im Angebot.
Besichtigungen sind anstrengend, da würden wir es doch dem alten Herrn gerne gleich tun und uns zu einer Rast auf den Stufen nieder lassen. Murad kennt aber keine Gnade und weiter geht es im Programm.
Der Blick in den Innenhof der Moschee Kalon läßt uns die Hitze und die so langsam schmerzenden Füße gleich wieder vergessen.
Die Zitadelle Ark diente einst den Herrschern von Buchara als Regierungssitz.
Durch das Portal gelangt man in den Innenhof. Wegen Renovierungsarbeiten ist uns der Zugang zur Zitadelle leider verwehrt.
Im Samaniden-Park befindet sich das Samaniden-Mausoleum aus dem 9./10. Jh. Es soll sich um ein Herrschergrab handeln. Wer allerdings genau dort begraben liegt konnte bis heute nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Auf jeden Fall ist die kunstvolle Außenfassade mit Bogengalerie und Kuppel, gestaltet aus gebrannten Ziegeln mehr als beeindruckend.
Genauso wie die handwerklichen Fähigkeiten des Künstlers, der mit einfachen Mitteln erstaunliche Muster in die Kupferschale treibt.
Dagegen wirkt das Mausoleum Chashma Ayub (Hiobsbrunnen) regelrecht schlicht. Auffallend ist die konische Kuppel aus dem 12.Jh. Der Legende nach hat Hiob an dieser Stelle einen Brunnen gegraben und das Mausoleum ist heute ein Museum der Wassergewinnung. Der Ort dient den Muslimen als Pilgerstätte, denn das Wasser soll besondere Heilkräfte haben. Vorsichtshalber haben wir das aber nicht ausprobiert.
Das Bola Xauz Minarett
neben der gleichnamigen Moschee aus 1712. Das komplett renovierte Gebäude mit seiner bunt bemalten Holz-Kasettendecke, die von 20 Säulen getragen wird, dient heute wieder als Moschee, die beim heutigen Freitagsgebet gut gefüllt ist.
Hier stehen die Mengen Fahrräder, die wir in China erwartet aber nicht zu Gesicht bekommen haben.
Ein ganz besonderes Kleinod und weiteres Wahrzeichen von Buchara ist dann noch die Medrese Chor Minor, von der nur noch das Pförtnerhaus mit seinen vier Minaretten erhalten ist.
Dies ist nur ein kleiner Querschnitt der Sehenswürdigkeiten von Buchara. Alles zu zeigen würde einfach den Rahmen sprengen. Wir hätten uns gewünscht noch mehr Zeit hier verbringen zu dürfen um das Gesehene zu vertiefen und einige Museen auch von Innen zu erkunden. Doch es geht weiter und mit 400 Kilometern Fahrstrecke haben wir auch ein ganz schönes Pensum zu bewältigen. Wegen den schlechten Straßenverhältnissen und der Länge der Strecke ist es uns wieder einmal freigestellt, eine Zwischenübernachtung einzulegen. Leider überschlagen sich jetzt die unschönen Ereignisse. Zunächst einmal besteht die Straße entweder aus Schlaglöchern oder aus Baustellen. Der vorgeschlagene Übernachtungsplatz an einem Rasthaus ist wegen der Baustellenfahrzeuge und des Dauerlärms ungeeignet und etwas anderes bietet sich auf den ersten Blick nicht an. Zudem haben wir eine komplizierte Streckenführung, das Navi kennt die Straßen nicht (ab und an sind wir total verunsichert, ob wir uns überhaupt noch auf dem richtigen Weg befinden) und die Innentemperatur im WoMo nähert sich gefühlsmäßig dem Siedepunkt. Dann hören wir ein lautes Krachen und Knirschen, was wir aber zunächst nicht zuordnen können, dass sich aber ständig lauter und bedrohlicher anhört. Klarheit in doppelter Hinsicht bekommen wir an der Brücke über den Fluss Amudarja. Weil sich hier Autos und Züge die Brücke teilen müssen, kommt es zu längeren Wartezeiten. Da treffen wir auf die ersten Gruppenmitglieder. So wissen wir wenigstens, dass wir die richtige Strecke ausgewählt haben. Die Handbremse funktioniert nicht mehr und somit kennen wir auch die Ursache des Geräuschs.
Es hilft aber alles nichts, weit und breit gibt es keine Werkstatt für uns und so müssen wir in den sauren Apfel beißen und einfach darauf hoffen, dass Burro noch bis Chiva durchhält. Es ist schon fast dunkel als wir am Stellplatz, wieder an einem Asia Hotel  an der Südseite  der Stadtmauer, mit direktem Zugang zur Altstadt ankommen.
Obwohl Chiwa ein sehr  bemerkenswerter Ort ist, haben wir nicht wirklich Kopf dafür. Bernd macht sich am Morgen sofort auf den Weg in eine Werkstatt. Viel helfen können die ihm nicht, es scheitert bereits am fehlenden Werkzeugen zum Öffnen der Bremse, von eventuellen Ersatzteilen kann er da eh nur träumen. So kommt er total gefrustet auf den Platz zurück. Jedoch mit Unterstützung und Logistik von hilfsbereiten Mitreisenden, sowie zusammen gesammelten Werkzeugen gelingt es dann, seine linke Hinterradbremse auszubauen und dann erst sehen wir das volle Ausmaß der Bescherung. Von der Handbremse sind nur noch verschmolzene Blechklumpen übrig und die Bremsscheibe hat einen Riss. Und weil das noch nicht genug ist, hat zudem auch noch die Antriebswelle zu viel Spiel. Das sieht richtig böse für uns aus. Wir glauben schon fast an ein Ende unserer Reise, denn ausgerechnet jetzt haben wir einen sehr engen Zeitrahmen für Grenzübertritte und kommen in Länder, wo es schwierig werden wird an die nötigen Teile zu kommen.
So geht die 55.000 Einwohner zählende Stadt Chiwa (Xiva) mit ihrer vollständig restaurierten und ummauerten Ichan-Qal´a (Altstadt und selbstredend UNESCO-Welterbe) bei uns fast unter. In der Ummauerung 400 x 700 m reihen sich Moscheen, Mausoleen und Medresen aneinander und nichts desto trotz leben hier außerdem noch 2.000 Menschen. Dem Anschein nach aber allesamt vom Tourismus. Kaum ein Wohnhaus das nicht einen Souvenir-Laden, eine Werkstatt oder ein Restaurant beherbergt.
So z. B. kann man sich hier sehr preiswert und innerhalb 24 Stunden Kleidungsstücke anfertigen lassen und selbst vor Ort gekaufte Konfektionsware wird auf Wunsch kostenlos umgeändert. Zu lang, zu weit, Ärmel kürzen, kein Problem. Davon mache ich dann auch reichlich Gebrauch, während Bernd und seine geschickten Helfer immer noch an Burro herum schrauben. Sie schaffen es gerade mal so eben rechtzeitig zum Usbekistan Abschiedsessen zu kommen, was wieder mal alles bietet von Musikbegleitung und Tanz bis hin zum leckeren Menü. Nur keine Fotos, denn Bernd ist platt und hat dafür absolut keinen Sinn mehr.
Der Legende nach hat Sem, ein Sohn Noahs einen Brunnen gegraben an dem die Karawanen der Seidenstraße rasteten. Um den Brunnen herum entwickelte sich dann die Stadt. Obschon die mongolischen Truppen, sowie die von Tamerlan Chiwa mehrfach zerstörten, wurde es doch immer wieder aufgebaut. Trotz aller Widrigkeiten nehmen wir tags darauf noch an der Stadtführung teil, bei der wir nicht das uns nächstgelegene Stadttor, sondern das Westtor (Ota Darvoza) als Altstadtzugang nutzen.
Von wo aus wir dann auch gleich zum Wahrzeichen Chiwas, dem Kalta-Minor Minarett gelangen.
Der Ko´hna Ark aus dem 17. Jh. ist die ehemalige Festung der Stadt. Der Komplex beinhaltet eine Sommermoschee mit komplett verkachelten Innenwänden von unglaublicher Schönheit.
Die bemalten Kassettendecken suchen sicherlich ihres Gleichen.
Palastthronsaal, sowie Harem und Münze (heute alles Museum) runden das Ganze ab.
Eine steile Treppe führt hinauf auf die Zinnen und von dort haben wir einen Überblick über die gesamte Altstadt.
Im übrigen ist Chiwa nicht nur bei ausländischen, sondern auch bei einheimischen Touristen sehr beliebt. Die Damen hier sind so gar nicht fotoscheu. Auf unsere Bitte hin ein Foto machen zu dürfen, werde ich aufgefordert mich zwischen sie zu setzen. Danach wird das Foto auf dem Display ausgiebig bewundert und lachend kommentiert.
Endlos geht es weiter von Moschee zu Moschee und Medrese zu Medrese. Kaum das wir sie noch auseinander halten können. Da ist der Besuch eines Holzschnitzers schon eine willkommene Abwechslung.
Bekannt ist Chiwa auch für seine Teppich- und Seidenindustrie. Da darf eine Vorführung der Teppichknüpferinnen selbstverständlich nicht fehlen. So manch einer probiert gleich an Ort und Stelle aus, ob er das Handwerk auch erlernen könnte.
In der Gasse zur Moschee und Minarett Islom Xoja herrscht reger Betrieb.
Jetzt aber schnell zurück zum Stellplatz und weiter am WoMo gearbeitet. Bernd und seine freundlichen Helfer legen die kaputte Bremse einfach still. Jetzt können wir nur noch auf drei Rädern bremsen und das sollte bei vorsichtiger Fahrweise hoffentlich bis Turkmenistan reichen. Laut Aussage unserer Werkstatt in Deutschland sind auch dort die Ersatzteile nicht auf Lager und müssen erst bestellt werden. Mal sehen ob sie uns rechtzeitig in Ashgabat erreichen! Am Morgen haben wir noch 80 Kilometer zurück zu legen und tatsächlich scheinen die Bremsen einigermaßen zu funktionieren.

Wieder stehen wir ab 9.00 Uhr in der Warteschlange und auch diesmal ist es dann weit nach Mittag bis wir in den usbekischen Grenzbereich einfahren dürfen, doch dann geht es auf einmal ratz fatz und alles ist erledigt. Jetzt müssen wir nur noch die Grenzformalitäten nach Turkmenistan hinter uns bringen. Mal sehen wann wir heute am Stellplatz sind?