Mehrmals sind wir nur erdenklich knapp Überschwemmungen und Erdrutschen entkommen und das ausgerechnet nach einer langen Zeit der Dürre. El Niño wütet in dieser Zeit besonders heftig. Erdbeben (Chile) und Vulkantätigkeiten (Ecuador) beuteln den Kontinent zudem noch in großem Ausmaß. So haben wir schweren Herzens beschlossen
Südamerika endgültig zu verlassen. Burro hätten wir hier verkaufen können, doch wir wollten uns nicht trennen. War unser WoMo uns doch 18 Monate lang Heimat, auch wenn das Gefährt auf den schlechten Straßen sehr gelitten hat. So brauchten wir also einen Frachthafen und deshalb sind wir in Buenos Aires. Über den Ablauf habe ich im letzten Blog ja schon berichtet.Es ist schon merkwürdig wieder in Buenos Aires zu sein, denn im letzten Jahr, fast um die gleiche Zeit haben uns ja schon einmal endgültig von der Stadt verabschiedet. Wir haben jetzt 12 Tage Zeit und können es hier ruhig angehen lassen. Es wartet kein touristisches Pflichtprogramm mehr auf uns. So lassen wir uns mehr treiben und sehen viel Neues und wiederum Altbekanntes mit anderen Augen. Unser kleines Hotel liegt absolut zentral und so können wir die Stadt mehr oder weniger zu fuß erobern. Sonntags aber ist der Flohmarkt im Stadtteil San Telmo einfach ein Muss, egal wie oft wir ihn schon besucht haben. Dabei stellen wir fest, das wir in das Café Dorrego an der gleichnamigen Plazza noch nie eingekehrt sind. Dabei ist es doch sowohl von Außen als von Innen durchaus sehenswert. Viele der unzähligen Gäste haben sich hier auf den Wänden verewigt. Von Passanten werden wir auf das schmalste Haus Buenos Aires aufmerksam gemacht.Die von außen eher wie ein griechischer Tempel aussehende Kathedrale hat geöffnet und so können wir das Grab von General José de San Martín besuchen. Dabei fällt uns eine Gemeinsamkeit mit Ché auf (was aber natürlich mal abgesehen davon, dass beide Argentinier waren, dass einzig gemeinsame ist), auch der General wurde erst 30 Jahre nach seinem Tod aus der Fremde geholt und hier in allen Ehren bestattet. Keine Stadt in Argentinien die nicht eine Straße oder einen Platz nach dem Nationalhelden benannt hat.
Die erste evangelische Methodistenkirche wird fast ein wenig erdrückt zwischen all den Hochhäusern.
Buenos Aires ist immer für Überraschungen gut. Es gibt hier unendlich viele Buchhandlungen. Diese hier ist sicherlich die originellste. In einem alten Theater untergebracht kann man in den Logen lesen und auf der Bühne ist ein Café. Jeder Dritte Argentinier lebt im Großraum Buenos Aires das sind immerhin 12 Millionen Menschen. Im Stadtgebiet selber leben 2, 8 Millionen und davon die Hälfte unterhalb der Armutsgrenze. Wer auf der Sonnenseite des Lebens steht wohnt in Stadtvierteln wie Recoleta oder Palermo. Selbst im Tod zeigt man hier noch, dass man im Leben reich war. Zuerst sehen wir die Basílica de Nuestra Señora de Pilar am Eingang zum Friedhof von Recoleta. Sie soll eine der schönsten Kirchen der Stadt sein. Mit monumentalen Mausoleen wird hemmungslos Reichtum zur Schau gestellt. Engel all überall. In der Höhe schwebend, oder auf der Erde weinend. Dazu noch die Grabstätte des Engels der Armen Eva (Evita) Perón. Sie starb im Alter von nur 33 Jahren an Leukämie.Doch Recoleta hat außer alten Häusern und Friedhöfen auch noch anderes zu bieten. Hier die Floralis Genérica. Eine Metallblume, deren Blüten sich je nach Tageszeit hydraulisch öffnen oder schließen.
Ja und wir sind auch noch da. Uns treibt es immer wieder in den Hafen, obwohl wir wegen der Absperrungen nicht an den Frachtbereich herankommen. Endlich können wir unser Schiff, die Grande Buenos Aires, von Ferne sehen. Zwar nur zu erkennen durch das große G auf dem Schornstein, der Rest ist von Containern verdeckt. Doch immerhin ist es schon mal da, denn die Abfahrt ist bereits 3 Tage überfällig. Wollen wir doch noch vor unserem Abflug nach Quito sicher sein, dass Burro auch wirklich verladen wurde. Zum ersten Mal gehen wir auf der linken Seite des alten Hafens, dem Puerto Madero (Übrigens haben wir wieder etwas Neues gelernt, bisher waren wir der Meinung, dass das Holzhafen heißt. Puerto Madero kommt jedoch nicht von Madera, also Holz sondern vom Familiennamen Madero des Architekten des Hafens), spazieren und haben von dort eine wunderschöne Aussicht auf die renovierten Speicherhäuser, mit ihren teuren, immer gut besuchten Lokalen und den noch teureren Wohnungen, auf das moderne Buenos Aires. Auf der Fußgängerbrücke, der Puente de la Mujer (Brücke der Frau) überqueren wir das Hafenbecken Nr. 3 und kommen auf diese Weise schon wenig später im Stadtteil San Telmo an. Bis wir zurück im Hotel sind, waren wir 4 Stunden unterwegs ohne es überhaupt gemerkt zu haben vor lauter Schauen und Staunen.In Buenos Aires wird Tango gelebt. Einst der Tanz der Menschen in den armen Vorstädten. Die Musik mit rüden Texten und voller sexueller Anspielungen. Hauptsächlich getanzt und gespielt in den Hafenkneipen und Bordellen von La Boca. Mit den Jahren wurde er gesellschaftsfähig und heute begegnet man Tango an jeder Ecke und in jeder Form.
Auf den Antikmärkten dargestellt in Holz und käuflich zu erwerben.
Auf den Plätzen getanzt und umsonst (nur ein kleines Trinkgeld wird erbeten) und offensichtlich auch ohne Altersbegrenzung. Lediglich die Geschmeidigkeit ist bei den Jungen noch etwas besser vorhanden. Doch Zuschauer hatten die Alten mehr. In San Telmo sehen bzw. hören wir eines Abends im Centro Cultural Torquato Tasso eine Tangovorstellung nur mit Musik und Gesang und zu unserem Erstaunen ohne Tanz. Dafür aber unter lauter Einheimischen, preiswertem Eintritt und offenbar sachkundigem Publikum, dass die Lieder mitsingen kann. Leider war es im Raum so dunkel, dass kein Foto etwas geworden ist.Schon eine Nummer größer ist die Vorstellung im altehrwürdigen Café Tortoni aus dem Jahre 1858. Hier stehen die Leute zu den Stosszeiten geduldig vor der Türe Schlange und warten darauf, dass Innen ein Tisch für sie frei wird. Da kann so manches Haus nur von träumen. Am Abend bieten sie eine nette Tangoschau und diesmal auch mit Tanz. Wir sitzen an einem Tisch in der ersten Reihe und ich muss, immer zur Gaudi der anderen Zuschauer, dem ältlichen Sänger bei seinen vier Auftritten von der Bühne helfen. Wir haben noch immer nicht genug und jetzt kommt das Finale. Wir gehen ins Piazzolla. Hier wird eine Schau vom Feinsten und auch vom Teuersten geboten. Allerdings beinhaltet der Preis auch ein vorzügliches Dinner. Doch bevor wir uns zurücklehnen können um die Schau zu genießen, müssen wir erst selber tanzen (Glaubt es oder auch nicht!). Nach so viel Vergnügen noch ein paar Momentaufnahmen der Stadt. In den schönsten Gebäuden sind merkwürdigerweise immer Banken untergebracht. Demonstrationen und Streiks gibt es also nicht nur in Peru und Bolivien. Heute mal vom Krankenhauspersonal. Ganz in der Nähe unseres Hotels befindet sich eine richtige Oase der Ruhe. Die Plaza San Martín mit ihren imposanten Ombú-Bäumen. Die Ehrengarde hatte gerade Wachablösung am Denkmal der Gefallenen des Krieges um die Islas Malvinas (Falklandinseln). Auf unsere Bitte hin nahmen sie für ein Foto noch mal Haltung an. Das Hundeausführer mit den Hunden der Reichen ein Ganztagsjob ist, wussten wir ja schon,
aber das es in den Parks eingezäunte Bereiche gibt, in denen die Hunde frei herumlaufen und sich austoben können ist uns jetzt erst aufgefallen. Das sollte man bei uns mal einführen.Blick vom Park über das Ehrenmal hinweg auf den Torre Monumental.
Natürlich darf auch ein Denkmal für José de San Martín nicht fehlen.Wir sind nicht in der Sixtinichen Kapelle sondern in einem Konsumtempel. Wir kennen keine Stadt in Südamerika wo man so gut einkaufen kann wie in Buenos Aires. Die wohlhabenden Porteños leben nach dem Motto: Was nützt einem das Geld, wenn man es nicht ausgeben kann und die weniger Wohlhabenden geben aus was sie nicht haben. Das können sie alle hier im teuersten und exklusivstem Kaufhaus der Stadt der Galería Pacífico.
Wenn wir schon bei Tempeln sind. Fresstempel gibt es auch reichlich hier. Im Argentinischen Tageblatt haben wir gelesen, dass die Argentinier einen pro Kopf Verbrauch von 73 kg Rindfleisch im Jahr haben. Dies ist weltweit mit Abstand der höchste Verbrauch. Ein wenig waren wir auch daran beteiligt, denn nach wie vor gibt es kein besseres Rindfleisch als in den Grillrestaurants der Stadt. Hier wiegen die Steaks 450g und füllen einen ganzen Teller aus. Gemüse und Salat sind absolute Nebensache und dienen mehr der Garnitur als dem Essen. Am 23.03. zur unchristlichen Zeit um 3.30 Uhr hieß es dann zum internationalen Flughafen zu fahren und unseren Flug nach Lima/Peru und von dort weiter nach Quito/Ecuador anzutreten. Dort fuhren wir zu dem, von dem ausgesprochen netten Deutschen Gerd geführten, Hostal Zentrum. Hier waren wir super untergebracht in einem Zimmer groß wie ein Tanzsaal und mit offenem Kamin. Wie wir jetzt erst wissen, hat das Hotel auch einen WoMo Stellplatz mit eigener Dusche und WC, allerdings nur bis zu einer Durchfahrtshöhe von 2,62 Metern und für uns somit nicht geeignet.Wie um uns den ohnehin schon schweren Abschied von Südamerika noch schwerer zu machen, zeigte Quito sich von seiner schönsten Seite. Es schien nicht nur die Sonne, sondern endlich einmal war der Blick auf die umliegenden Berge klar. Das Glück hatten wir bei allen unseren Aufenthalten in Quito noch nie. Also nutze Bernd gleich die Gunst der Stunde und fuhr morgens in aller Frühe mit der Teleférico (Hier die höchste Seilbahn der Welt, sie überwindet einen Höhenunterschied von 3.000 auf 4.000 Meter.) auf die Bergstation des Hausberges von Quito, den Pichincha.
Doch bevor er den Panoramablick auf die umliegenden Berge Cotopaxi (5897 m), Antizana (5.704 m) und Cayambe (5.790m) genießen durfte, hing er erst einmal eine halbe Stunde mit der Gondel in der Luft, weil auf der Bergstation eine Pflanze verladen wurde.
Jedoch die Aussicht auf Stadt und Berge hat ihn dann wieder entschädigt.
Wer jetzt noch Luft hatte und höhenangepasst war, der konnte von der Bergstation noch einen Zweistundenmarsch zum Gipfel des Pichincha unternehmen.
Am späteren Vormittag ließen wir uns noch mit einem Taxi auf den Panecillo bringen. Es ist ein Vulkankegel mitten in der Altstadt, auf dem sich das Wahrzeichen Quitos befindet, die Virgen de Quito. Eine etwas ungewöhnliche Mariendarstellung mit Flügeln und auf einem Drachen stehend.
Von dort oben hat man einen besonders schönen Blick auf die Altstadt, die in ihrer Gesamtheit UNESCO Weltkulturerbe ist.
Wir schlenderten durch die Gassen und genossen die Ausblicke auf die alten Häuser.
Eine weitere Freude wurde uns zuteil, denn die Jesuitenkirche La Compañia de Jesús, die zu den schönsten Kirchen der spanisch-portugiesischen Baukunst zählt
war endlich geöffnet und wir konnten sie von Innen besichtigen. Alleine sieben Tonnen Gold wurden für die Innenraumdekoration verwendet. So erstrahlt hier alles vom Hauptaltar
über die Orgel
bis hin zum Rundtympanon.
Auf dem Hauptplatz, der Plaza de la Independencia ließen wir uns noch einmal die Schuhe putzen.
Bei diesem Gebäude handelt es sich um ein Hotel.
Stundenlang hätten wir noch laufen können, immer wieder von neuem fasziniert von den herrlichen Gebäuden, doch leider ging unsere Zeit zu Ende.
Wir verabschiedeten uns auch noch von Rei und seiner Familie, dann waren wir wieder im Hostal. Dort lernten wir per Zufall die beiden Reisebuchschriftsteller Daniel A. Kempken und Volker Feser kennen. Wir konnten das Büchlein Schlaglichter Ecuador erwerben und so hatten wir eine unterhaltsame Lektüre auf unserem langen Rückflug. Wo ich eigentlich während den Wartezeiten den Blog zu Ende bringen wollte. Doch wie immer kam es anders, Bernd wurde ausgerufen und musste aufs Flugfeld, um einen unserer Koffer auf Drogen zu untersuchen (Ihr habt richtig verstanden: Bernd musste den Koffer untersuchen. Das wäre im Falle eines Falles ja wohl eher ein Witz, denn wer würde denn Drogen aus seinem eigenen Koffer herzeigen?). Das dauerte eine ganze Weile, genauer gesagt bis kurz vor unseren Abflug und so war ich zu nervös um mich aufs Textschreiben zu konzentrieren. Die Zeitspanne der Zwischenlandungen in Bonaire und des Umsteigens in Amsterdam waren zu kurz und so können wir den Blog erst 3 Tage nach unserer Ankunft fertig stellen.
Wir hoffen, dass es euch ein wenig Freude gemacht hat uns auf unseren insgesamt 18 Monaten Südamerika zu begleiten. Für uns jedenfalls war es ein unvergessliches Erlebnis in einem traumhaften Kontinent und seinen so liebenswerten Menschen, von dem wir sicherlich noch lange zehren werden.