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Sonntag, 30. September 2012

Abenteuer Osten IX – Ulaan Baatar/Ulan Bator und das Naadam Fest, durch die Wüste Gobi bis zur chinesischen Grenze -


Unser Ziel ist jetzt Ulaan Baatar oder Ulan Bator, die Hauptstadt der Mongolei. Hier leben geschätzt etwa eine Million Menschen, was immerhin ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmacht und täglich werden es mehr. Da die Jurten der Nomaden heute so gut wie alle mit Solarzellen und TV ausgerüstet sind, kommt die weite Welt auch im hintersten Winkel des Landes an und immer mehr Menschen versprechen sich ein besseres Leben in der Stadt. So verkaufen sie ihre Herden, oder lassen sie bei Verwandten, die noch auf dem Land verblieben sind und siedeln ihre Jurte am Stadtrand von Ulan Bator auf irgendeinem freien Fleckchen Erde an. Zunächst einmal ohne Strom sowie Wasser, welches an öffentlichen Wasserstellen geholt werden muss.
Nach und nach kommen ein paar Anbauten hinzu und man verdient seinen Lebensunterhalt mit dem was sich so anbietet, wie z. B. Kleingewerbe oder Handel.
Vielleicht schon in der nächsten oder übernächsten Generation hat man es geschafft und kann sich eine richtige Wohnung mit fließendem Wasser und Zentralheizung in der Innenstadt leisten. Dieser ständige Zustrom lässt natürlich auch das Verkehrsaufkommen in UB stetig ansteigen und die Fahrweise der Mongolen ist einzig aufs Vorwärtskommen ausgerichtet und das egal wie. Jeder ist sich selbst der nächste und so geht dann oft auch gar nichts mehr, weil die Autos sich frontal gegenüber stehen und keiner bereit ist nachzugeben.
So sind wir dann auch heilfroh, als wir auf unserem Stellplatz für die nächsten Tage am Hochzeitspalast mitten im Stadtzentrum ankommen.Wobei es schon fast an ein Wunder grenzt, dass wir das ohne Blessuren am Fahrzeug geschafft haben.
Wegen der zentralen Lage können wir nun das WoMo stehen lassen und die Stadt zunächst einmal im Rahmen einer Führung besichtigen. Der erste Weg führt uns zum Sükhbaatar-Platz, dem Hauptplatz von UB mit dem Reiterdenkmal Sühhbaatars (einem mongolischen Revolutionshelden) im Vordergrund und einer monumentalen Statue Dschingis Khans vor dem Parlamentsgebäude.
So haben wir gleich auch das Glück die Parade zum Nationalfeiertag sowie Beginn des Naadam Festes auf dem Platz zu erleben. Die verschiedensten Gruppen von Uniformierten sind hier versammelt. Wir sehen historische Uniformen aber auch eine adrette Frauenabteilung

sowie eine Truppe in martialischen Kampfanzügen.
Wegen Naadam befindet sich die Stadt quasi im Ausnahmezustand. Das öffentliche Leben kommt vollständig zum Erliegen. Zuschauer aus dem ganzen Land strömen herbei (natürlich auch Auslandstouristen) und so können wir Modere und Tradition gleich nebeneinander bewundern.
Natürlich gibt es im Zentrum auch viele futuristische Gebäude, ausufernde Wohnsilos, Bauruinen sowie eine Unmenge von Geschäften. Das eine oder andere Souvenir findet bereits jetzt den Weg ins WoMo.
Am Abend genießen wir es in einem richtigen Restaurant mit reichlich Auswahl an Fleisch aber endlich auch an Gemüsen zu essen.
Tags darauf beginnen nun die Spiele. Auf dem Weg zur Arena erfreut uns schon der Anblick der bunt gekleideten Menschen und schon die Kleinsten geben sich recht traditionsbewusst.
Das Stadion ist bis auf den letzten Platz gefüllt und da das Wetter recht durchwachsen ist, helfen die Schirme bei Sonne und ebenso bei den kurzen Regenschauern, die immer mal wieder hernieder gehen. Allerdings wird die Sicht dadurch nicht unbedingt besser.
Zuerst umrunden Reiter in traditionellen Uniformen die Arena.
Danach gibt es eine farbenfrohe Eröffnungszeremonie
bei der selbst die bekannteste Gesangsgruppe der Mongolei nicht fehlen darf.
Wir bewundern die schönen Kostüme und ganz besonders die hohen Schuhe der Damen.
Nachdem der Staatspräsident nun die Spiele für eröffnet erklärt hat, geht es dann gegen Mittag endlich richtig los. Zuerst mit den Ringkämpfern. Hier stehen sich 512 Athleten gegenüber und in der erste Runde treten recht ungleiche Kämpfer gegeneinander an um zu gewährleisten, dass in der Endrunde die stärksten Gegner aufeinander treffen. Die Sekundanten besingen die Geschicklichkeit der Kämpfer und achten auf die Einhaltung der Regeln. Ringen ist Nationalsport in der Mongolei und das sachkundige Publikum ist mit Begeisterung dabei. Wer keinen Platz in der Arena gefunden hat sitzt zu Hause vor dem Fernseher und fiebert eben von da mit.
Zweite Disziplin ist das Bogenschießen an dem auch Frauen teilnehmen können. Wieder stimmen die Kampfrichter Gesänge an, die entweder lobpreisen oder bedauern wenn das Ziel verfehlt wurde.
In der Nacht gibt es ein 30minütiges beeindruckendes Feuerwerk und wir haben vom Stellplatz aus den reinsten Logenplatz.
Ein mongolische Sprichwort sagt: „Wenn der Staub der Rennpferde die Götterwelt erreicht, herrscht in der Menschenwelt Friede, Glück und Wohlstand“. Mag das Ringen auch sehr populär sein, der unbestrittene Höhepunkt von Naadam sind die Pferderennen. Die Festwiese liegt 35 Kilometer außerhalb der Stadt und es wimmelt hier von Schaulustigen, Pferdezüchtern und Autos.
Natürlich dürfen auch die Versorgungszelte nicht fehlen.
Die fröhliche Menschenmenge drängelt hin zum Startplatz.
Die Länge der Wettkampfstrecke liegt zwischen 12 und 35 Kilometern und richtet sich nach dem Alter der Pferde, bzw. ob es sich um Traber, Wallach oder Hengst handelt. Geritten werden die Pferde von Mädchen oder Jungen im Alter von 6 bis 12 Jahren!!! Vor der Start wird erst einmal die Stupa umritten um für das nötige Glück zu erbitten.
Die kleinen Reiter sind mit vollem Ernst bei der Sache und werden in der Regel von einem Erwachsenen begleitet.
So sieht ein Sieger aus. Der Ruhm aber gehört alleine dem Pferd und seinem Züchter.

Das Ganze macht natürlich hungrig und so lassen es sich die Zuschauer gut gehen bei ihrer traditionellen Fleischmahlzeit.
Diese hübsche junge Dame ist sicher bereits in der Stadt aufgewachsen und kennt das Nomadenleben nur noch von Erzählungen und Ferienaufenthalten in der Jurte. Was im übrigen bei den Stadtbewohnern sehr populär ist.
Die Gruppenteilnehmer sind ausgesprochen froh nun mit Bussen wieder zum Stellplatz gefahren zu werden, da jetzt alle Autofahrer zurück wollen und das Verkehrschaos wieder mal vorprogrammiert ist. Am Ende bleibt dann wie überall auf der Welt nur noch ein Haufen Müll übrig.
Was wäre das Leben ohne Zufälle. Vor einigen Wochen und noch in Russland machte der deutsche Botschafter der Mongolei einen Privatbesuch auf der Insel Olchon. Hierbei traf er auf ein paar Havaristen unserer Gruppe und erkundigte sich nach deren Befinden. Dabei machte er ihnen das Angebot die Gruppe in der Botschaft in UB zu empfangen. Tatsächlich hat Herr Dr. Schaller Wort gehalten und obwohl die Botschaft wegen der Naadam Feiertage geschlossen war, bekamen wir einen Gesprächstermin.
Es ist für uns äußerst Interessant einmal etwas über die Mongolei aus offizieller deutscher Sicht zu erfahren. Herr Dr. Schaller nimmt sich Zeit für seine Ausführungen und beantwortet geduldig alle unsere Fragen.
 

Stundenlang hätten wir noch zuhören können, doch Reisenden haben ja bekanntlich immer Termine. So steht heute noch für einige der Besuch des Mongolian national song & dance academic ensemble auf dem Programm. Für das Abendessen bleibt keine Zeit mehr und so gehen wir nahtlos über zum Abendprogramm.
Das mongolische Staatsorchester bietet uns Musik und Kostüme vom Feinsten und wir freuen uns darüber diesen Programmpunkt trotzt unseres straffen Zeitplans noch eingeschoben zu haben. Wir betrachten die Vorführung als ein Highlight unseres UB Aufenthaltes.
Bernd und ich beschließen dem Verkehrschaos ein Schnippchen zu schlagen und fahren schon um 7.00 Uhr am Morgen aus UB heraus. Das ist eine wirklich gute Idee, denn wegen der Feiertage sind die Straßen noch menschenleer und so verlassen wir die Stadt vollkommen stressfrei. Je näher wir allerdings unserem heutigen Ziel, dem Terelj-Nationalpark kommen, desto stärker wird der Verkehr. Nach dem Ende von Naadam streben die Städter jetzt in die Natur um sich dort zu entspannen und am Schluss stehen wir doch wieder Stoßstange an Stoßstange, denn der Park liegt nur gut 50 Kilometer von UB entfernt. Wir entrichten am Eingang unseren Obolus und schauen uns erste einmal im Park um. Hier kann man in Jurten übernachten, ausgedehnte Wanderungen unternehmen oder einfach nur faulenzen. Nachdem wir uns die verschiedenen Felsformationen (diese nennt man Schildkröte) angesehen
und die freilaufenden Yakherden bestaunt haben, entscheiden wir uns für das Letztere.
Wir stellen uns auf eine Wiese am Tereljfluss und amüsieren uns über das Treiben der Einheimischen. Die verwechseln nämlich Autos mit Pferden und meinen damit durch den Fluss fahren zu können. Was natürlich kläglich scheitert. Auch das Auto das zur Rettung eingesetzt wird versinkt im Wasser und zum Schluss kann da nur noch Muskelkraft helfen.
Zur Ruhe kommen wir nicht sehr, denn nun stehen wir im Fokus der Aufmerksamkeit und es werden mit den Autos Kreise ums WoMo´s gezogen. Das ist zwar nicht böse gemeint, sondern einfach nur Neugierde, wirbelt aber eine Menge Staub auf. Ein plötzlich auftretendes Gewitter mit Hagel und Sturm beendet das Treiben und so kommen wir doch noch zu einem ruhigen Nachmittag. Zwischenzeitlich hat sich auch die gesamte Gruppe hier eingefunden. Am Morgen regnet es immer noch und da die Wiese auch so langsam im Wasser steht überlegen wir was zu tun ist. Eigentlich wollten wir ja zwei Erholungstage hier verbringen, was aber bei der Nässe nicht wirklich Sinn macht. Also fahren wir zunächst einmal 30 Kilometer, allerdings auf miserabelster Schotterpiste zum Dschingis Khan Denkmal und Museum. Hier hat man dem mongolischen Nationalhelden ein reichlich überdimensioniertes Denkmal gesetzt. Dessen Sockel ist so groß, dass man dort eine Art Museum untergebracht hat, dass aber irgendwie noch nicht so richtig fertig zu sein scheint. Doch wenigstens eine schöne Aussicht in die Umgebung haben wir nach dem Aufstieg über die vielen Treppen.
Spontan beschließt ein Teil der Gruppe doch schon etwas weiter Richtung Gobi Wüste zu fahren um so die Fahretappe für den nächsten Tag zu verkürzen. Der Erste der einen annehmbaren Übernachtungsplatz gefunden hat bleibt stehen und der Rest kann sich dann entscheiden, ob er auch dort bleiben will. Gesagt getan, wir machen uns auf den Weg. Manch ein Fahrzeug das wir auf der Strecke sehen ist recht abenteuerlich beladen.
Mit einigen wenigen Fahrzeugen haben wir den idealen Standplatz gefunden. Es ist noch Zeit für allerlei Späße und da wir feststellen, dass fast alle Nationalitäten der Tour-Teilnehmer vertreten sind, werden kurzerhand die Flaggen gehisst. Was uns ein freudiges Hupkonzert der vorbeifahrenden Autofahrer einbringt.
Erstaunlicher Weise fahren sogar Züge durch die ansonsten menschenleere Steppenlandschaft.
Am nächsten Morgen treffen wir auf Radfahrer die bereits 45.000 Kilometer Fahrleistung durch verschiedene Kontinente hinter sich haben und von uns aufrichtig bewundert werden.
Bis Choir haben wir noch Asphalt unter den Rädern, dann ist Schluss mit lustig. Feste Straßen gibt es nicht mehr, nicht einmal festgelegte Strecken. Jeder kann sich den Weg durch die Wüste Gobi aussuchen, der ihm am günstigsten erscheint. Lediglich unsere Navigationsgeräte helfen jetzt noch bei der Richtungswahl.
An einer Grube, die auf keiner Karte verzeichnet ist, fällt uns die Entscheidung besonders schwer auf welcher Seite wohl unser Weg weiter geht, denn jetzt verwirren uns noch zusätzliche die vielen Fahrspuren der Grubenfahrzeuge.
So sind wir dann auch heilfroh als wir die heutigen 150 Restkilometer geschafft haben (gut das wir gestern schon ein gutes Stück hinter uns gebracht haben) und auf unserem Stellplatz, einer Geröllwiese mit vielen bunten Steinen und einigen kleinen Echsen ankommen. Sofort bricht die Sammelwut aus. Was ein guter Ausgleich zu dem anstrengenden Fahrtag ist.
Die nächsten beiden Fahrtage sind eine einzig Materialschlacht und es geht nicht immer glimpflich für die Fahrzeuge aus. Wegen des Regens der letzten Tage gibt es ein paar äußerst tückische Wasserlöcher. Da heißt es nun mit Volldampf hindurch oder nebenan im Sand stecken bleiben.
Ist man erst einmal bis zur Achse versunken hilft auch kein Ziehen und Zerren mehr.
Da müssen schon andere Geschütze aufgefahren werden und so ist Peter mit seinem schweren M.A.N oft Retter in der Not.
Die Kamele haben mit der Wüstendurchquerung keine Probleme und manchmal fühlen wir uns von ihnen ausgelacht.
Der moderne Hirte hütet seine Tiere mit dem Motorrad und nimmt kaum Notitz von der merkwürdigen Karawane.
Selbst in den wenigen Ortschaften auf der Strecke sehen die Straßen nicht wirklich besser aus.
Der Bahnhof von Saynshand ist ausgemachter Treffpunkt, doch beileibe nicht alle WoMo´s sind zur vereinbarten Zeit dort.
So müssen wir unsere Reisebegleiter Sacha und Tsyren, die heute noch mit dem Zug nach Russland zurück fahren müssen, sowie Oyuka die nun privat nah China weiter fährt im kleineren Kreis verabschieden.
Ihr ward uns immer eine große Hilfe und wir werden euch in schönster Erinnerung behalten. Vielleicht gibt es einmal ein Wiedersehen bei uns in Deutschland.
Wir sind auf der Strecke mit einem platten Reifen davongekommen. Bei anderen sah es beileibe nicht so rosig aus. Doch dank der tatkräftigen Hilfe von Mitreisenden, Reparaturkünsten mit den einfachsten Mitteln, mitgeführten Werkzeugen sowie Ersatzteillieferungen aus Deutschland innerhalb von 24 Stunden sind alle Tour-Teilnehmer zum festgesetzten Zeitpunkt in Zamyn-Üüd, dem Grenzort zu China angekommen. Wo außer uns noch Lastwagenschlagen ohne Ende auf die Abfertigung bzw. auch auf die Eisenbahn-Verladung warten. Wir sind absolut stolz darauf die Gobi Wüste geschafft zu haben und fiebern bereits unserem nächsten Abenteuer China entgegen.