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Sonntag, 18. Oktober 2009

Lima, Paracas, Nasca

Davon, dass Lima in seiner Blütezeit einmal die reichste Stadt Südamerikas war, merkt man bei der Einfahrt heute nichts mehr. Elende Hütten, Müllberge an den Straßenrändern und ein aggressiver Verkehr, der seines gleichen sucht, machen einem nicht viel Lust auf diese Stadt. Mit seinen fast 8 Millionen Einwohnern hat Lima den Ruf schmutzig, wild und ausgesprochen gefährlich zu sein. Doch das historische Zentrum ist UNESCO Weltkulturerbe und in den Vierteln der Reichen fühlt man sich wie in Europa. Nur mit dem Unterschied, dass sie hier hohe Mauern um die Häuser haben, die zudem noch mit elektrischen Zäunen abgesichert sind, die Fenster sind bis zur zweiten Etage vergittert, alle Spalten und Löcher mit Eisenzacken abgesichert und wer es sich leisten kann, hat noch einen bewaffneten Wachmann hinter dem Tor sitzen. Entgegen unserem letzten vergeblichen Versuch in Lima eine sichere Bleibe zu finden, haben wir nun eine Adresse und Garmin der uns hilft, das B&B Hitchhikers im Nobelstadtteil Miraflores ausfindig zu machen. Außerdem haben wir auch ein wenig Glück, denn der Hof des Hitchhikers fasst nur vier WoMo´s und gerade heute Morgen sind zwei kleine abgereist und so haben wir gerade eben Platz. Wir bilden eine internationale Gemeinschaft mit Franzosen und Argentiniern.
Am nächsten Tag machen wir uns mit einem Taxi auf den Weg ins Zentrum. An der Plaza Mayor beginnen wir unseren Rundgang. Unser erster Weg führt uns zum Bischofspalast mit der anschließenden Kathedrale.
Die Kathedrale beherbergt das Grab von Francisco Pizarro. Er wurde 1538 von Anhängern Diego de Almargos ermordet, den er kurz zuvor hatte hinrichten lassen. Irgendwie ist das die ausgleichende Gerechtigkeit für diesen hinterhältigen und habgierigen Raffzahn.
Das sehenswerte Chorgestühl von 1623, angefertigt von dem Spanier Pedro Noguera .
Im angeschlossenen Museum für religiöse Kunst begeistern uns die schönen Handwaschbecken.
Das Gebäude der Stadtverwaltung mit seinen reich verzierten Holzerkern wurde erst zwischen 1943 und 1944 erbaut. Bei wichtigen Anlässen spricht von den Erkern der Bürgermeister zu den Limeños.
Auf dem Mercado Central gibt es wieder ein reiches Angebot von all den Guten Sachen die im Leben Freude machen.
Zu Fuß ist man in Lima eindeutig schneller als mit dem Auto. Die Straßen der Innenstadt kommen uns vor wie ein riesiger Parkplatz mit Dauergehupe.
Im Palacio Torre Tagle ist das Außenministerium untergebracht. Die Straße ist momentan für Autos gesperrt und nur die Herren in schwarzen Anzügen mit Luxuslimousinen sind zugelassen. Neugierig wie ich bin frage ich nach wer denn wohl die wichtige Person ist, wegen der dieser Aufstand veranstaltet wird. Es ist der Sultan von Dubai.
Natürlich haben wir auch den Palacio de Gobierno, die Iglesia San Francisco und das Convento San Agustin besucht. Nach all dem war uns nach einem kleinen Bummel durch die Geschäftsstraßen zumute. Davon gibt es hier auch wie überall eine Menge. Wir fragen uns, wie sich die Millionen von Armen in Lima hier wohl fühlen mögen? Wen wundert es da, das Diebstahl und Raub an der Tagesordnung sind?
In der Fußgängerzone erblicken wir noch die schöne Fassade der Iglesia Virgen de la Merced.
Auf der Plaza San Martín mit dem Denkmal des Generals José de San Martín befindet sich die Statue der Madre Patria mit einem kleinen Lama auf dem Kopf. Die Erklärung ist einfach: Llama bedeutet im spanischen Flamme aber auch Lama. Der Künstler bekam den Auftrag eine Flammenkrone anzufertigen. Er verstand aber Lama und so kam es zu dieser Kuriosität.
Schon ein wenig müde ließen wir uns in das Viertel Miraflores zurück bringen. Dort gab es noch die Huaca Pucllana aus der Lima Kultur zu besichtigen. Eine pyramidenartige Ausgrabung um 400 n.Ch. Unser Führer jagte uns fast eine Stunde durch die Adoberuine. Es gab auch noch die typischen Pflanzen und Haustiere jener Zeit zu sehen. Cuy waren auch wieder einmal dabei.
Nach einer kurzen Erholungsphase bummelten wir noch von unserem Stellplatz zum Parque del Amor, von wo wir einen schönen Blick auf die Paraglider hatten, die hier massenweise an den Klippen vorbei surfen. Vom Malecon aus können wir die Playa Costa Verde mit ihren gepflegten Anlagen überblicken. Überhaupt ist in dieser Gegend von Armut keine Spur. Hochhäuser mit teuren Penthousewohnungen reihen sich aneinander und im Einkaufszentrum Larcomar gibt es alles zu kaufen was gut und teuer ist. Jede Menge Spaziergänger, Jogger und Fahrradfahrer sind unterwegs. Natürlich dezent bewacht von Polizei und Sicherheitskräften. So machen auch wir uns auf den Heimweg, damit wir uns im Dunkeln wieder hinter Tor und Elektrozaun einigeln können.
Am nächsten Tag widmen wir uns fast ausschließlich dem Museo Nacional de Antropologia y Arqueología. Wir freuen uns darauf, alle die Kulturen die wir bei unserer Reise schon kennen lernen durften, noch einmal Revue passieren zu lassen. Gleich als erstes sehen wir das Original der Raimondi-Stele aus Chavín de Huántar, die uns ja noch sehr gut in Erinnerung ist.
Auch Gott El Lanzón begegnen wir wieder. Diesmal jedoch als Replikat. Interessant ist für uns diesmal die Seitenansicht, die wir ja im dunklen Gewölbe bei der schummrigen Beleuchtung nicht erkennen konnten.
Ein Stabgott aus Stein .
oder Krieger aus Keramik sind in allen Kulturen vertreten.
Es ist schon Nachmittag als wir mit dem Museum durch sind. Vor dem Gebäude erfreut uns noch dieser Baumstumpf mit dem Frauengesicht. Wir lassen den Abend am Malecon ausklingen und da wir das berühmte Goldmuseum ja schon vor zwei Jahren besichtigt haben, beschließen wir, dass uns nichts mehr in dieser Stadt hält.
Sehr früh am Morgen verlassen wir Lima in der Hoffnung, dem schlimmsten Verkehr aus dem Weg gehen zu können. Leider war das nur ein Traum. Was uns auffällt ist, dass auf unserer Ausfallstraße die auch Richtung Flughafen geht, der Müll weggeräumt wird. Wahrscheinlich kommt der Sultan von Dubai hier vorbei und soll den vielen Schmutz nicht sehen. Wir fahren nur etwa 30 Kilometer aus der Stadt heraus, zu den Ruinen von Pachacamac im Valle Lurin. Pachacamac war seit dem 9. Jahrhundert eine Art Wallfahrtsort für alle Völker an der Küste, ein Orakel des Weltschöpfers und wird der Lima bzw. der noch älteren Tiwanaku Kultur zugeschrieben. Es ist die größte Anlage die wir bisher zu Gesicht bekommen haben und der Gegend entsprechen aus Adobeziegeln gebaut. Sie ist so groß, dass man mit dem Auto hindurch fahren kann. Da wir auch hier einen Führer brauchen, gehen wir zuerst in das kleine Museum um einen ersten Überblick zu bekommen. Hier sehen wir die Holzstatue des Huari-Gottes mit den zwei Gesichtern. Dann packen wir unseren Führer in Burro und besichtigen die Ausgrabungsstätte. Die Inka eroberten im 15.Jahrhundert Pachacamac und übernahmen die Tempelanlagen. Hier ein Blick auf den Templo Colorado.
Die Inka bauten mehrere weitere Gebäude, hier die Huaca del Sol. 1533 töteten die Spanier unter Hernando Pizarro (dem Bruder von Franciso) die Tempelpriester und raubten die mit Gold und Silber ausgestatteten Tempel aus.
Etwas abseits lag das Haus der erwählten Frauen, das bis heute am besten restaurierte Gebäude der Anlage.
Danach fuhren wir über Chincha Alta und Pisco Richtung Paracas. Erfreut konnten wir sehen, dass die Spuren des Erdbebens von vor drei Jahren fast beseitigt waren und das Leben sich hier endlich normalisiert hat. In San Andrés machten wir einen kurzen Stopp am Fischmarkt. Die Ausbeute an Fisch und Meeresfrüchten war enorm.
Die schönen Pelikane mit ihren bunten Schnäbeln hätten auch gerne einen Anteil am Fang ergattert.
In Paracas wollten wir das Museum der gleichnamigen Kultur aufsuchen. Doch leider hat es seit zwei Jahren geschlossen. Warum wurde uns nicht näher erläutert. So blieb uns hier nichts weiter zu tun, als uns am Hotel El Mirador einen Übernachtungsplatz zu suchen. Auf der weiteren Fahrstrecke Richtung Nasca verlor ein LKW direkt vor uns einen Backstein. Bernd konnte nicht mehr ausweichen. Es gab einen Knall und kurz darauf Alarm von unserem Reifenprüfgerät. Reifendruck an einem Zwillingsreifen Null, bingo. Wir kamen noch bis zum Aussichtsturm der Maria Reiche von Nasca. Ein kurzer Blick auf den Reifen ergab kein Ergebnis, er sah unbeschädigt aus. Da wir nun schon einmal da waren, bestiegen wir den Aussichtsturm um wenigstens einen Blick auf die Linien zu werfen. Den Flug haben wir ja schon hinter uns. Er war grandios und der Blick auf die Linien traumhaft. Jedoch ein zweites Mal müssen wir ihn wirklich nicht haben. Hier sind die Manos (Hände) zu erkennen.
Dann fuhren wir im Schritttempo noch weitere fünf Kilometer bis wir zu einer Tankstelle mit Llantería. Bernd konnte nur noch fluchen. Diesmal war nicht der Reifen kaputt, sondern die Felge verbogen. Die wäre hier nur sehr schwer zu beschaffen gewesen. Doch für die Jungs der Llantería gibt es keine Probleme. Spitzhacke, Hammer und 20 Minuten später waren wir wieder fahrbereit. Das war jetzt Nummer drei, mal sehen ob wir noch den Rekord auf dieser Tour brechen.
  Nasca selber war für uns nicht mehr interessant und so suchten wir diesmal einen neuen Übernachtungsplatz auf. Die Franzosen in Lima hatten uns den Agroturismo Wasipunko 10 Kilometer Südlich von Nasca ans Herz gelegt. Die Lodge lag ganz abseits von der Straße, inmitten von Weinreben und Kakteen und war mit Altertümern nur so gespickt. Auf einer Wiese neben der Lodge konnten wir Burro abstellen. Sie boten uns ein Pachamanca (Quetchua) an, ein ganz besonderes Essen aus dem Erdofen (Pacha-Erde, Manca-Topf). Die Zubereitung ist schon seit der Präinkazeit bekannt und mit einem Ritual verbunden. Da noch eine Gruppe erwartet wurde, konnten wir an der Zeremonie und dem Essen teilnehmen. Drei Stunden müssen Steine erhitzt werden, dann kommen die verschiedenen Zutaten wie: Fleisch, Kartoffeln, Bohnen, Süßkartoffeln, Käse im Maisblatt hinzu. Alles wird dann mit Kräutern und zuletzt mit Erde abgedeckt. Nach zwei Stunden ist der Inhalt gar und der „Ofen“ kann geöffnet werden. Vorher aber wird ein Blumenkreuz darauf gestellt. Kokablätter darüber gestreut und Chicha (Maisbier) für Pachamama (Erdenmutter) vergossen. Dann erst darf die Erde entfernt werden.
Nun wird die Lage Kräuter abgehoben und die Gemüsezutaten können entnommen werden.
Jetzt kommt eine Schicht heiße Steine zum Vorschein. Darunter liegt das Fleisch.
Auf einem Tisch wird alles schön angerichtet, noch mit scharfen Soßen erweitert und los kann es mit dem Futtern gehen.
Es war sehr lecker und ein würdiger Abschluss unserer Zeit an der Pazifikküste. Jetzt verlassen wir endgültig die Küstenwüste. Wir begeben uns auf den Spuren der Inkas in das Andenhochland.

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