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Samstag, 3. Oktober 2009

Von Riobamba ins Land der Wolkenkrieger

Weiter sind wir auf der Straße der Vulkane unterwegs. Unsere Augen wissen bald nicht mehr wohin sie zuerst schauen sollen, so wunderschön ist die Landschaft. Schwer ist es, das alles in ein Bild zu fassen. Leider haben wir eine Menge Baustellen unterwegs und in dem kleinen Weiler Saraguro müssen wir von der Panamericana runter und durch das enge Ortszentrum rumpeln. Wir hoffen dabei einen Blick auf die Saraguros erhaschen zu können, die für ihre besonderen Trachten bekannt sind. Sie stammen ursprünglich aus der Region des Titikakasees und wurden von den Inkas hierher verschleppt. Daher unterscheiden sie sich in ihrer Kleidung gänzlich von den anderen Bewohnern der Gegend. Jedoch wirkt der Ort wie ausgestorben. Kurz darauf wissen wir auch warum, wir stehen still und das über eine Stunde lang. Zuerst nehmen wir noch an, dass es wegen der Baustelle ist. Irgendwann steige ich aus dem WoMo und frage nach: Ein Paro (Streik). Lautstark rufen Streikenden Parolen und schießen Feuerwerkskörper ab. Außerdem brennen wie immer in solchen Situationen Autoreifen auf der Straße. Pünktlich um 12.00 Uhr ist der Streik zu Ende. Alle gehen zum Mittagessen und wir können weiter fahren. Unser Zeitplan ist mal wieder dahin und wir kommen später als geplant in Cuenca an. An den Cabañas Yannuncay werden wir von Humberto wieder herzlich aufgenommen. Zwar ist Cuenca eine sehr schöne Stadt, doch wir kennen sie ja schon zu genüge. So beschließen wir am nächsten Morgen, endlich neue Wege zu beschreiten und verzichten auf einen weiteren Aufenthalt. Hinter Loja verlassen wir die Panamericana und fahren Richtung Podocarpus Nationalpark bis Vilcabamba. An der Hosteria Izhcayluma mit seinen deutschen Besitzern finden wir einen Übernachtungsplatz mit traumhafter Aussicht auf Vilcabamba und seine Umgebung. Das Dorf selber war etwas enttäuschend, hier ist nur wirklich schön für Wanderer. Nicht nur der Anblick der Amarilis
  sondern der, der gesamten Anlage lässt uns verleiten 2 Nächte zu bleiben und so ganz nebenbei noch eine wunderbare Massage zu genießen.
Die können wir auch dringend gebrauchen bei dem, was jetzt auf uns zukommt. Noch 20 Kilometer Asphalt und dann150 Kilometer Piste der übelsten Art. Jedoch hat uns Peter, der Hotelier mehrmals versichert, dass wir sie auch ohne Vierradantrieb befahren können. Allerdings nur, wenn es nicht regnet. Jetzt folgt das volle Programm. Zuerst Staubpiste vom Feinsten, zwischen unseren Zähnen knirscht es schon nach wenigen Kilometern, da hilft auch kein Abkleben der Lüftungen. Dann wieder mal ein längerer Halt, die Straße wird gerade erneuert. Fassungslos schauen wir auf die Strecke, die wir nach einer ¾ Stunde Wartezeit befahren sollen. Jedoch irgendwie schaffen wir es.
  Dann fängt es zu unserer weiteren Erbauung auch noch an zu regnen. Genau das können wir überhaupt nicht mehr brauchen. Wir sind immerhin auf Lehmpiste unterwegs und müssen vier Pässe bewältigen, die alle über 3.400 Meter Höhe sind. Bernd tröstet mich mit dem coolen Spruch: Wenigstens staubt es nicht mehr. Manchmal könnte ich den Fahrer ermorden. So ganz nebenbei durchfahren wir immer wieder kleine oder größere Bachbette. Die Orte am Wegesrand wie z.B. Valladolid, Palanda und Zumba sind hässlich und regelrecht erbärmlich.
Wenigstens die Landschaft ist schön, auch wenn wir vor lauter Konzentration auf die Fahrspur kaum einen Blick dafür haben.
Sage und schreibe sieben Stunden haben wir für die 170 Kilometer gebraucht und kommen fix und alle in La Balsa, der Grenzstation zu Peru an. Jetzt steht uns noch eine Nagelprobe bevor. Was machen die Ecuadorianer mit unserer temporären Importation für Burro? Zuerst drehen und wenden sie das Schreiben, dann fragen sie nach dem vorgeschriebenen Vordruck. Wir bitten den Grenzbeamten mehrmals doch bitte das Schreiben zu lesen. Endlich liest er es durch, holt dann einen Kollegen, der liest es auch und kommt dann zu dem Ergebnis, dass alles seine Ordnung hat. Wir bekommen Stempel und Unterschrift auf unsere Ausfertigung und sind aus Ecuador entlassen. Puh, wir haben es geschafft!!! Wenige Meter weiter führt eine Brücke über den Grenzfluss Río Blanco. Die ist noch gar nicht lange fertig, denn nach dem Grenzkrieg zwischen Peru und Ecuador war hier nur ein Personenübergang und man musste mit einem Floß übersetzen. Die Brücke und die Grenzstation sind noch auf keiner Landkarte verzeichnet. Die Zollbeamten machen Mittagspause und bis 15.00 Uhr hat die liebe Seele Ruh. Da wir aber die Einzigen sind, die hier rüber wollen, geht der Formularkrieg danach recht unproblematisch von statten. Während Bernd mit den Kontrolleuren im WoMo beschäftigt ist, muss ich noch Stempel von der Polizei einholen. Der freundliche Polizist stempelt die Formulare ohne Bernd überhaupt gesehen zu haben. Er interessiert sich mehr für die Frage, warum wir wohl keine Kinder haben. Das gibt einen längeren Disput und ich beschließe in Zukunft drei Kinder und fünf Enkel zu haben. Mal sehen ob wir dann schneller sind. Endlich sind alle Hürden genommen, wir in Peru eingereist und die Zöllner können weiter schlafen.
  Wer nun meint, ab jetzt würde die Straße besser, der unterliegt einem fatalen Irrtum. Im Gegenteil, in Punkto Piste mit Löchern und steilen Bachdurchfahrten können die Peruaner die Ecuadorianer noch toppen. So geben wir den Plan auf, heute noch bis San Ignacio zu fahren und sind sehr erfreut, nach wenigen Kilometern die Hosteria Los Aureles zu entdecken. Dort dürfen wir bleiben und genießen die absolut ruhige Umgebung. Außer Kühen, Maultieren und wenigen Menschen spielt sich hier nichts ab. Am nächsten Morgen stehen weitere 110 Kilometer Piste auf dem Programm. Wir passieren Namballe und San Ignacio. Ab hier sollte die Straße in gutem Zustand sein, doch das muss in einem anderen Leben gewesen sein. Nach gut vier Stunden Fahrt sehen wir neben der Piste eine Ausbuchtung und freuen uns auf eine Mittagspause. Kaum haben wir das Fenster geöffnet und den Tisch gedeckt, taucht aus dem Nichts ein bewaffneter Mann auf und schaut zum Fenster hinein. Vor Schreck wäre uns beinahe das Besteck aus der Hand gefallen. Doch er ist freundlich und fragt nur, ob wir müde sind. Wir sollen uns von ihm nicht stören lasen. Kurz darauf erscheint ein zweiter Mann und beide stellen sich demonstrativ vor unserem WoMo auf. Mir wird das zuviel und ich frage, ob wir irgendetwas zu befürchten haben. Nein haben wir nicht. Hier sind schlechte Leute unterwegs, Banditen. Jedoch sie sind ja da und bewachen uns jetzt, bis wir mit unserer Pause fertig sind. Als wir ihnen etwas zu essen anbieten, greifen sie erfreut zu. Also versorgen wir unsere „Beschützer“ (auf ihren Shirts steht Kämpfer fürs Vaterland) mit Nudeln, Tomatensoße, Salat, Kaffee und Mineralwasser. Sogar zu einem Foto sind sie noch bereit. Wenn wir das in Kolumbien erlebt hätten, wären wir nicht verwundert gewesen. Jedoch in Peru ist das für uns absolut neu.
Vier Kilometer später war dann endlich die Asphaltstraße erreicht und wir genossen die Ruhe im WoMo. Kein Geklappere und Gescheppere mehr, unsere Ohren konnten sich endlich etwas vom Lärm der letzten Tage erholen. Wir passierten die Großstadt Jaen und dann nach weiteren 50 Kilometern in Bagua Grande kam das Aus. Zunächst wunderten wir uns nur über die vielen LKW´s die hier mitten auf der Straße standen. Bernd überholte alle und dann schauten wir entgeistert auf ein Schild. Wegen Bauarbeiten ist die Straße von 6.00 Uhr morgens bis 18.00 Uhr abends gesperrt.
Es bleib uns also nichts weiteres übrig, als uns in der Nebenstraße zwischen den Bussen einzuordnen und zu warten. Die LKW Fahrer nahmen es gelassen und nutzten die Zeit für ein Schläfchen, würde es ja eine lange Nacht für sie werden.
  Dann um 17.30 Uhr brach der Krieg aus. Die Motoren wurden angeworfen und alles drängelte an die Absperrung. Straßenspuren gab es keine mehr. Jeder hupte, drängelte und fuhr so weit nach vorne wie es nur eben möglich (oder eigentlich nicht mehr möglich) war. Wer hier bremste hatte verloren. Die Polizei hatte keine Gewallt mehr über die Menge. Um Punkt 18.00 Uhr wurde die Sperre aufgehoben und dann ging das Gerase los. Wohlgemerkt um18.00 Uhr ist es hier dunkel. Dreispurig fahren, bei ja nur zwei Spuren vollkommen normal. Überholen trotz Gegenverkehr auch normal. Die PKW´s versuchten um jeden Preis an den LKW´s vorbei zu kommen und das obwohl die Straße ja unbeleuchtete Baustelle war und nur aus Piste, Behelfsbrücken usw. bestand. 65 Kilometer Höllenfahrt und wir mittendrin. Es gab ein paar Ortsdurchfahrten mit Menschen und Tieren auf der Straße. Hier galt nur noch rette sich wer kann. Nach zwei Stunden war Pedro Ruiz und das Ende der Baustelle erreicht. Wie zum Hohn gab es eine Mautstelle und wir mussten auch noch Straßengebühr bezahlten. Kurz darauf erblickten wir eine Tankstelle die 24 Stunden geöffnet hat , dann nur noch das Bett runter und sofort sind wir in tiefen Schlaf gefallen. Am nächsten Morgen stand der erste Höhepunkt in Peru auf dem Programm, Kuélap eine Festungsanlage der Chachapoyas, neben Machupicchu die zweite überragenden archäologische Sehenswürdigkeit Perus und dabei fast unbekannt. Wegen der mühseligen Anreise schrecken viele vor dem Besuch zurück und während der Regenzeit ist die Stätte wegen Abrutschgefahr auf dem Zufahrtsweg fast nicht zu erreichen. Das war der Grund weshalb wir uns einen so engen Zeitrahmen gesetzt hatten, die Regenzeit beginnt hier im Oktober. Zunächst also mussten wir uns Richtung Chachapoyas halten um12 Kilometer vor dem Ort die Asphaltstrasse zu verlassen und auf Piste 30 Kilometer bis Tingo zu fahren. Ab jetzt wand sich der schmale Weg den Berg hinauf und es waren 1.700 Meter Höhenunterschied bis auf 3.000 Meter Höhe zu bewältigen, da Kuélap auf dem höchsten Berg der Umgebung errichtet wurde. Natürlich war der Weg teilweise schlammig, da es in der Nacht geregnet hatte. Gähnende Abgründe taten sich auf. 38 Kilometer und 2 Stunden später hatten wir vom Parkplatz der Anlage einen schönen Blick auf einen Teil der eben gefahrenen Strecke.
    Wir waren stolz auf uns es geschafft zu haben und endlich die Festungsanlage der Chachapoyas aus dem 12.Jahrhundert sehen zu können. Die Chachapoyas (Wolkenkrieger) wurden zwar von den Inkas besiegt und unterdrückt, haben aber immer wieder und trotz härtesten Strafmaßnahmen Widerstand geleistet.
Wir nahmen uns eine Führerin mit Namen Leya und mussten vom Parkplatz noch eine halbe Stunde zu Fuß den Berg hinauf gehen, um zu einem der drei Eingänge zu gelangen. Die Eingänge sind so gehalten, dass sie mit nur wenigen Männern verteidigt werden konnten. Die Spanier haben Kuélap weder entdeckt, geschweige denn jemals erobert.
Zuerst fanden wir ein winziges Vogelnest. Leya teilte uns mit, das es sich hier um das Nest von einem Kolibri handelt.
Die Anlage ist erst in der Restauration und es wachsen viele unterschiedliche Bäume auf den Mauerresten. Teilweise mit Bromelien überwuchert, teils mit kleinen Blüten versehen in denen unzählige Bienen schwirren.
Ley entfernte einen Stein aus dem Mauerwerk und wir konnten Gebeine von Menschen entdecken. Die Mauern sollen voll davon sein.
Gut zu erkennen waren die Ornamente in Zick-Zackmustern, die die höchste Gottheit der Chachapoyas, Machacuey (die Schlange) symbolisieren. Später haben wir noch eine andere Auslegung gehört. Die Archäologen sind sich irgendwie noch nicht einig.
Ein Kegelstumpf von 12 Metern Durchmessern wird im Buch als El Tintero bezeichnet. Für Leya ist es aber der Templo Mayor, die Opferstätte. Die Chachapoyas kannten im Gegensatz zu den Inkas keine Menschenopfer, lediglich Tiere, Koka und Früchte wurden den Göttern geopfert.
Hier sind die Überrest der Wohnstätten zu sehen, im Hintergrund das Häuschen mit dem Dach ist eine Rekonstruktion. In den Wohnstätten sind kleine Ställe zu entdecken in denen damals schon die Meerschweinchen(Cuy) gehalten wurden.
Unsere sehr liebenswürdige und freundliche Leya beim Abschiedsfoto. Hier kann man wieder einmal sehr gut erkennen, wie kleinwüchsig die indígene Bevölkerung ist, bei meinen gerade mal 158 Zentimetern.
Noch einmal durch einen der Ein/Ausgänge.
Verschiedene Steine waren mit Reliefs verziert und die Schlange durfte natürlich nicht fehlen.
Ein Abschiedsblick auf die 1.5 Kilometer lange und teilweise 20 Meter hohe Ringmauer. Drei Stunden waren vergangen wie im Fluge.
Weil der Himmel sich zugezogen hatte und wir weiteren Regen befürchteten, machten wir uns entgegen unserer Planung (wir wollten hier oben auf dem Parkplatz übernachten) eilig auf den Rückweg. Jedoch nicht nach Chachapoyas, sonder noch ein Stück weiter im Tal nach Yerbabuena. Leya hatte uns von dem dortigen Sonntagsmarkt vorgeschwärmt und da morgen Sonntag ist, wollten wir uns das nicht entgehen lassen. Auf einmal gab unser Reifendruckgerät Alarm. Der innere Zwillingsreifen verlor Luft. Gerade mal bis Yerbabuena konnten wir rumpeln und uns dort in der Llantería ( sogenannte Reifenwerkstatt) helfen zu lassen. Wie immer hatten sie kein passendes Werkzeug, doch Bernd konnte aushelfen. Ein spitzer Stein wurde als Übeltäter entlarvt und der Reifen vulkanisiert, danach war alles wieder im Lot.
Der Einfachheit halber blieben wir direkt gegenüber der Llantería für die Nacht stehen. Erst jetzt kamen wir dazu, uns den Ort genauer anzusehen. Fast jedes zweite Haus stand leer oder sah abbruchreif aus. Hier sollte der größte Markt der Umgebung stattfinden? Irgendwie kamen wir uns fehl am Platz vor. Der Marktplatz war noch öder. Lediglich mit ein paar Ständen bestückt und da vollkommen aus Lehm, sehr unhygienisch. Die wenigen Bewohner starrten uns an wie Außerirdische. Doch nun waren wir einmal hier und wollten sehen wie das Morgen weitergeht. In der Nacht konnten wir kaum schlafen, da ständig irgendwelche LKW´s vorbeifuhren. Am Morgen so gegen 6.30 Uhr konnten wir uns nur noch die Augen reiben. Über Nacht hat sich hier alles gefüllt und aus nah und fern wurden Waren angeboten. Wie Leya uns erklärte, haben die Menschen hier fast kein Bargeld. Die Waren werden größtenteils getauscht.
Es gab einen eigenen Großtiermarkt.
Außerdem herrschte ein sagenhaftes Gedrängel. Die Durchgangsstraße war für Fahrzeuge nur noch im Schritttempo passierbar.
Am Straßenrand wurden Schweine, Hühner und Enten feilgeboten.
  Auch Schafe gab es im Angebot und so manchen hatte einen schweren Sack nach Hause zuschleppen. Also Leya hatte uns nicht zuviel versprochen. So einen ursprünglichen und bunten Markt hatten wir bis heute noch nie gesehen. Touristen gab es außer uns übrigens keine. Nachdem wir uns auf dem Markt mit allerlei Obst und Gemüse eingedeckt hatten machten wir uns auf den Weg in die Hauptstadt des Departamento Amazonas, Chachapoyas mit gerade einmal 18.000 Einwohnern. Welch ein Anblick, eine Lehmstraße führte in die Stadt. Viele Häuser waren aus Adobeziegeln (ungebannte Lehmziegel) und boten ein recht trauriges Bild. Dann wieder geteerte Straßen und ein schöner Hauptplatz mit umliegenden Gebäuden im kolonialen Stiel. Da wir keinen Platz bei einem Hotel finden konnten, die Einfahrten waren für uns zu niedrig mussten wir wieder einmal mit einem Parkplatz vorlieb nehmen. Da allerdings wurden wir mit Strom und Wasser sowie einem eigenen Schlüssel fürs Tor bestens versorgt. Gleich machten wir uns auf den Weg um den Ort zu besichtigen. Da waren wir in einer halben Stunde durch. Wir nutzten die verbleibende Zeit um uns für den nächsten Tag eine Tour zu organisieren. 
Wir bekamen ein Auto, einen Fahrer und einen Führer für unser Tagesziel, die Sarkopharge von Karajía zur Verfügung gestellt. Wieder ging es über holprige Wege in die Bergregionen von Chachapoyas. Nach 1 ½ stündiger Fahrzeit kamen wir durch Luya, dem Heimatdorf unseres Fahrers. Er fuhr uns zu seinem Wohnhaus, da er dort sein Mittagessen abholen wollte. So kamen wir in den Genuss, einmal so ein Adobehaus von Innen zu sehen. Stolz zeigte er uns den direkt neben der Küche liegenden Stall der Meerschweinchen. Er besitzt so viele, dass er die meisten davon verkaufen kann und so einen guten Nebenverdienst hat. Kein Verständnis brachte er dafür auf, dass wir noch kein Cuy verspeist haben. Fahrer und Führen waren sich einig, dies ist das beste Fleisch von ganz Peru.
Die Küche war keine Offenbarung. Wasser gibt es nur zu bestimmten Stunden, doch immerhin es gab eine Toilette. Alles in allem sind die Räume dunkel, da selbst der Boden lediglich aus gestampftem Lehm besteht. Doch dies ist ein Haus von Jemandem der Arbeit und somit Geld hat, ein anderes Haus haben wir von innen nicht, oder besser gesagt Gott sei Dank nicht gesehen.
Unser Führer machte uns auf die ersten Grabstätten an den Berghängen aufmerksam. Die Gegend ist voll davon, die meisten unbekannt und unerforscht.  
Doch noch waren wir nicht am Ziel. Immer weiter ging es auf schmalen, steinigen Feldwegen an winzigen Dörfern vorbei. Dank der Fürsprache des Fahrers ließen sich die beiden Indígenas, zwar etwas zögerlich aber immerhin, fotografieren.
  In Lamud ging es dann nur noch zu Fuß weiter. Unser Fahrer kam zu seinem Schlaf bzw. Mittagessen und unser Führer Rainer endlich zu seinem Einsatz. Am letzten Haus im Ort mussten wir uns registrieren lassen und Eintritt bezahlen. Dann stiegen wir auf schmalen, steinigen Weg eine halbe Stunde einen Abhang hinab. Dann hatten wir sie vor Augen, die erst seit 1985 der Öffentlichkeit vorgestellte und selbst für Peru einzigartige Sehenswürdigkeit, die so genannten Sarkophage von Karajía. Zuerst bekamen wir den Wächter zu Gesicht.
Danach die Grabstätten der Diener.
Die Sarkophargen der Noblen bargen Mumien in Hockstellung (embrionale Haltung in Erwartung der Wiedergeburt). Die gemeißelten Gesichter der Sarkopharge, sowie die Farben sind gut erhalten. Über ihnen liegen Menschenschädel. Man nimmt an, dass es sich um die Schädel von Feinden handelt. Wahrscheinlich zur Abschreckung. Genau zuordnen kann man die Sarkopharge noch nicht, allerdings erinnern sie an die Steinstatuen der Osterinseln. Interessant ist, dass die Statuen selber so schwer zugänglich sind. Weder von oben noch von unten führen Wege hin. Die Menschen müssen mit Seilen oder langen Srickleitern über dem Abgrund gehangelt haben um ihre Fürsten zu beerdigen. Schwer beeindruckt machen wir uns an den mühevollen Aufstieg. Doch wir finden dieser Ausflug hat sich wirklich gelohnt.
Zuerst wollten wir einen weiteren Ausflug buchen, aber es wurde uns mehrmals bestätigt, dass wir selber mit dem WoMo zu einer weiteren Sehenswürdigkeit Chachapoyas gelangen können. Da diese auch ein Stück ( 32 km) auf unserem Rückweg lag und die Stadt Chachapoyas uns wirklich nichts mehr zu bieten hatte, machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg zum dritthöchsten Wasserfall der Welt der Catarata Gocta. Erst im Jahre 2002 wurde er von dem deutschen Stefan Ziemendorff, am Steilabfall der Anden zum Amazonastiefland entdeckt. Gut nur, dass wir in Chachapoyas eine ungefähre Karte erhielten, denn in keinem Reiseführer war der Weg dorthin beschrieben. Aber oh Wunder, es gab Wegweiser, was hier in Peru wirklich eine Sensation ist. So konnten wir auf schmaler Piste, immer den Worten von Rainer vertrauend bis zu dem Weiler Cocachimba vordringen. Um einen sicheren Parkplatz brauchten wir uns nicht zu sorgen. Hier war die Straße zu Ende und wir wurden direkt von der Wächterin und Eintrittskartenverkäuferin per Handschlag begrüßt. Zwar wollten wir zuerst ohne Führer gehen, was uns aber sofort ausgeredet wurde. Der Weg dauert hin und zurück 5 Stunden und sei manchmal recht schwierig. Ilton, ein junger Indígeno nahm es auf sich uns für 20 Soles zu begleiten. Immer wieder bekommen wir Namen und Heilwirkung der Kräuter am Wegesrand erläutert. Wir werden auf den Fruchtwechsel Mais, Kartoffeln, Erbsen auf den Feldern aufmerksam gemacht, bekommen die verschiedensten und uns unbekannten Früchte gezeigt. Gerade werden hier Ananasplantagen angelegt. Eine neue Einnahmequelle für die Dorfgemeinschaft. Nach einer Stunde auf und ab waren wir am ersten Aussichtspunkt und konnten schon einen schönen Blick auf den Wasserfall erhaschen.
Auf steinigem, manchmal matschigem Weg ging es immer weiter auf und ab. Wir überquerten eine Hängebrücke und es ging wieder bergauf. So langsam dachten wir sorgenvoll an den Rückweg. Bernd stürzte und drohte ein Stück den Abhang am Wegesrand hinunter zu rutschen. Wie ein Panter sprang Ilton aus zwei Meter Entfernung auf Bernd zu und packte ihn bei den Füßen. Nichts passiert, alles in Ordnung. Dann immer weiter nach unten. Am letzten Mirardor hatten wir eine wundervolle Aussicht auf den Wasserfall mit seinen zwei Kaskaden. Die erste Stufe beträgt 200 Meter und die zweite 571 Meter. Ein wirklich imposanter Anblick. 40 Minuten müssten wir jetzt noch abwärts steigen um an den Fuß des Falles und die Lagune zu kommen. Doch abwärts heißt ja auch wieder aufwärts. Wir lassen Vernunft walten und erklären Ilton, dass wir genug gesehen haben und zurück wollen. Er bietet uns an Pferde zu bestellen, damit wir zurück reiten können. Doch ehe wir uns auf Pferde setzen gehen wir doch lieber zu Fuß.
Nun wird es hart. Immer bergauf, die kurzen geraden Passagen können uns auch nicht mehr aufheitern. Immer wieder müssen wir uns setzen, Ilton hat es nicht leicht mit uns. Doch er erzählt uns fröhlich, dass er sehr dankbar ist, wie er sagt “Begleiter“ sein zu dürfen. 14 Leute aus dem Dorf machen das im Wechsel. Einmal in der Woche und wenn er Glück hat sogar zweimal ist er dran und kommt so zu etwas Bargeld. Den Rest der Woche arbeitet er auf seinem Feld, wo er anbaut was er zum Essen braucht ( Mais, Kartoffel, Erbsen und Kohl. Er hat für uns den ganzen Tag Zeit und wir können so langsam sein wie wir wollen. 20 Soles, dass sind gerade einmal 4,50 Euro. Unvorstellbar wenig und doch ist der junge Mann glücklich über das Einkommen.
Es kommt uns eine kleine Gruppe von 3 Personen entgegen. Wir kommen ins Gespräch und Oscar der Leiter der Gruppe spricht uns mit Namen an. Er hat eine Reiseagentur in Chachapoys und sich unser WoMo auf dem Parkplatz genau angesehen. Uns war noch gar nicht aufgefallen, dass auf dem Aufkleber den wir an der Grenze bekommen haben Bernds Name steht. Er lacht, dass wir aufgegeben haben, doch die ältere Frau die bei den beiden Männern ist, verdreht die Augen. Sie geht langsam weiter während wir noch eine Weile reden, sie will wohl die Zeit nutzen ihren Schritt zu gehen und nicht weiter mit den jungen Männern mithalten zu müssen. Oscar (im Bild rechts) ist deutschstämmig und spricht die Sprache sehr gut. Er gibt uns noch ein paar Tipps für die Weiterreise und dann gehen wir weiter. Wenigstens konnten wir so ein wenig Luft schöpfen. Ilton ist ganz erstaunt, dass wir uns so gut mit Oscar unterhalten konnten. Er kennt ihn, wusste aber nicht, dass er Deutsch sprechen kann.
Ein schöner Schmetterling am Wegesrand erfreut des Wanderers Herz.
Hier können wir sehen, dass auch ein Pferdeapfel noch viele Liebhaber findet.
Vollkommen erschöpft erreichen wir nach 5 ½ Stunden unseren Ausgangspunkt. Wir sind so fertig, dass wir nicht einmal mehr etwas essen können. Also wir sind wohl langsam zu alt für solche Gewaltmärsche. Bernds Knie schmerzen und wir sehnen uns nach unserem Bett. Doch wir wollen zuerst noch die Stunde bis zum Beginn der Baustelle in Pedro Ruitz fahren. Allerdings werden wir an der Tankstelle übernachten und erst morgen früh um 5.30 Uhr den Rückweg durch die Baustelle antreten. Dann wird es wohl hell sein und für uns ist das ein besseres Gefühl. Der Tankwart kennt uns noch und wir bekommen unseren alten Schlafplatz neben den Hühnern im Weihnachtsstern.
Es war gut so bis zum Morgen zu warten. Zwar brauchen wir auch wieder zwei Stunden bis wir durch die Baustelle hindurch sind, doch die meisten Autos sind schon durch und wir haben so weniger Verkehr. Obschon die wenigen Fahrer so aggressiv fahren wie damals in der Nacht. Jetzt sehen wir auch, an welchen Abgründen und über welch schlechte Brücken wir gefahren sind. Nachträglich bekommen wir noch eine Gänsehaut. In Bagua Grande ist der Spuk vorbei. Es ist noch so früh am Tag, das wir bis ans Meer kommen werden. Das aber ist eine neue Geschichte. Für jetzt verabschieden wir uns von den Wolkenkriegern. Es gäbe hier noch eine Menge zu entdecken. Leider ist der Tourismus hier erst im Kommen und die Informationen in unserer Reiselektüre sind spärlich. Trotz der vielen Mühen war es uns aber eine Freude hier gewesen zu sein.    

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