Der Hotellier bestand darauf Bayer und kein Deutscher zu sein. Er war offensichtlich stolz darauf, alle 14 Tage Evo Morales, den Präsidenten von Bolivien und ab und an sogar Hugo Chavez aus Venezuela als Gäste in seinem Haus zu haben. Wir bekamen einige Informationen und ein wenig Einblick in das Leben der Reichen, die hier ein und ausgehen. Der Altiplano mit all seiner Armut ist in den Köpfen dieser Menschen sehr weit weg. Er brachte uns von unserem ursprünglichen Plan ab, die Inkaruine Incallajta zu besuchen, weil wir dort fast nichts mehr vorfinden würden. Stattdessen empfahl er uns, den berühmten Sonntagsmarkt von Quillacollo. Wir setzten uns in einen Micro und kamen auch gleich mitten im Gewühl an.
Wie wir es bereits aus Copacabana kannten, gab es heute Autosegnungen mit Weihwasser und viel Alkohol. Das ersetzt hier die Autoversicherung, der Pfarrer freut sich über die zusätzlichen Einnahmen und ist anschließend stockbetrunken.
Essen ist wie fast überall auf der Welt auf den Märkten das Allerwichtigste.
Hier liebt man ganz besonders fettiges und schweiniges.
Naturgefärbte Schafswolle ist heute der Renner.
Auch die Abteilung Hexenmarkt mit allerlei Pülverchen und Glücksbringern ist vertreten.
Zurück auf dem Stellplatz bekamen wir Besuch von Herrn B. Er ist ursprünglich Kölner, wohnt aber in Overath und hat unser NR Kennzeichen gleich erkannt. Hier im Ort besitzt er zwei Fabriken und ein Sägewerk im Amazonasgebiet. Wir erfuhren, dass Parkett und Gartenmöbel gleich in Bolivien angefertigt und dann im Container nach Deutschland verschifft werden. Er ist ein paar Tage hier um nach dem Rechten zu sehen, hat auch ein WoMo und interessiert sich für unsere Südamerikareise. Er war sogar schon in Klüsserath und kennt Uwe und Janette. Die Welt ist eben ein Dorf. Am nächsten Morgen kommt er mit seinem Auto angefahren und bringt uns nach Cochabamba, da Stromausfall ist und er in seiner Fabrik nicht arbeiten kann. Da er sich bestens auskennt in der Stadt zeigt er uns den Supermarkt, läd den 20 Liter Kanister Wasser und die vielen Flaschen Sprudelwasser in seinen Kofferraum, muss einen Umweg fahren, da mal wieder ein Paro die direkte Weiterfahrt behindert, bringt mich zum Friseur und geht mit Bernd währenddessen Eis essen. Wir bedanken uns für soviel Freundlichkeit und verabschieden uns bis zum Spätnachmittag, da er uns wie selbstverständlich das viele Wasser ans WoMo bringen will. So nette und hilfsbereite Menschen trifft man nicht oft. Wir gehen nun zu fuß weiter, da wir noch ein wenig von Cochabamba sehen wollen. Cochabamba ist nicht besonders schön, jedoch auch nicht besonders hässlich. Wegen seiner Lage auf 2.500 Metern Höhe und des milden Klimas ist die Stadt als Wohnort hoch geschätzt und hat einige schöne Plätze, wie hier die Plaza Colon.
An der Plaza Principal (auch Plaza 14 de Septiembre genannt) befinden sich wieder einmal einige Häuser im kolonialen Stil.
So langsam nähern wir uns der Concha, dem Indianermarkt von Cochabamba. Doch wir sind etwas enttäuscht, wir finden das dieser Markt der so etwas Besonderes sein soll auch nicht anders ist als die anderen Märkte, die wir bisher zu Gesicht bekommen haben. Ein Micro bringt uns rasch die 10 Kilometer zurück zum WoMo und am Abend kommt Herr B. mit unserem Wasser und wir haben wieder Unterhaltung.
Am nächsten Tag wollten wir 150 Kilometer auf der alten Hochlandstraße zur Inkaruine Incaracay fahren. Endlich aus der Stadt heraus und fast auf der Strecke war die Fahrt auch schon zu Ende, Paro und Straßensperre. Auf meine Frage wie lange die Sperre wohl anhalte bekam ich die Antwort: Bis eine Lösung gefunden ist, heute, morgen, nächste Woche. Alle Orte an der Gesamtstrecke seien an der Straßensperre beteiligt. Da wir nicht abwarten wollten bis eine Lösung für was auch immer gefunden ist, beschlossen wir, dass Cochabamba für uns erledigt ist und wir ins Tiefland weiter reisen. Wir haben schon so viele Inkastätten gesehen, dass es auf eine mehr oder weniger nicht ankommt und so langsam werden wir mürbe mit all den Paros.
Wir müssen nun durch die ganze Stadt und ausgerechnet an der Concha vorbei. Das geht nur im Schritttempo, einmal wegen des sowieso vielen Verkehrs, den Marktständen und all den Fußgängern und auch deshalb, weil ja außer uns noch viele Autofahrer wegen der Sperre einen anderen Weg suchen müssen. Zunächst geht es noch bergauf und bergab über zwei Pässe. Nach dem zweiten Pass kommen wir an eine Lagune und dort werden Forellen angeboten. Da es zwischenzeitlich schon Mittag ist, lassen wir uns das leckere Essen nicht entgehen.
Wir wundern uns über den vielen LKW Verkehr und die Straße ist auch nicht der Renner. Immer wieder treffen wir auf der angeblich so guten Straße auf geologische Verformungen und die LKW´s bleiben an den gefährlich tiefen Rinnen oft stecken. Es geht regelrecht dramatisch in vielen Kurven abwärts und am Straßenrand stehen unzählige LKW´s, denen bei der Auffahrt das Kühlwasser kocht und bei der Abfahrt die Reifen glühen. Die Landschaft verändert sich total vom trockenen, kargen Hochland in zunächst Wald und dann in Regenwald.
Von Minute zu Minute wurde es schwüler und feuchter. Auch unsere Reifen glühten und es wurde höchste Zeit, als wir auf 350 Meter Höhe Villa Tunari erreichten. Im WoMo herrschte eine Gluthitze und wir hatten nach all den Wochen in der Höhe etwas Anpassungsschwierigkeiten. In der dschungelartigen Anlage Cabañas und Balneario Palma Real fanden wir etwas Abkühlung im Pool und einen Platz für die Nacht. Am nächsten Tag fuhren wir langweilige 340 Kilometer durch Zuckerrohrplantagen, Kokaanbaugebiete, Viehweiden und gesichtslose Dörfer bis 30 Kilometer vor Santa Cruz in die Anlage des Automobilclubs von Bolivien. Drei Schwimmbäder retteten uns hier vor dem Hitzekollaps. Santa Cruz ist derzeit nicht unser Ziel, wir wollten weiter nach Samaipata, mussten dafür aber auf dem Ring (der mal wieder nicht als solcher zu erkennen war) ein großes Stück durch die Vororte fahren. Da wir schon seit Tagen Öl verlieren, steuerten wir zunächst einmal eine Tankstelle mit Ölwechselanlage an. Nach einer Stunde stand fest, dass beim Ölwechsel in der bekanntesten Werkstatt Südamerikas gepfuscht wurde und ein Sperrring nicht entfernt war. Jetzt ordnungsgemäß versorgt war Burro „trockengelegt“ und es konnte weiter gehen. 20 Kilometer hinter Santa Cruz in San José war dann Stau. Dreimal dürft ihr raten warum? Paro und Straßensperre, langsam ist es zum Haare ausraufen. Einige LKW-Fahrer kannten sich schon aus und fuhren auf einer abenteuerlichen Sandpiste um den Ort herum und wir hinterher. Manchmal mussten wir Anlauf nehmen und im zweiten Gang mit Vollgas durch den Sand brettern. Burro und sein Fahrer liefen zur Höchstform auf und nach gut einem Kilometer waren wir wieder auf Asphalt und das Dorf lag hinter uns. An der nachfolgenden Zahlstelle erkundigten wir uns, ob wir denn nun unbehelligt bis Samaipata kommen und uns wurde bestätigt, dass es sich nur um eine lokale Sperre handelt, der Rest der Strecke sei frei, na hoffentlich! Die Strecke wurde teilweise wieder zur Piste, jedoch die Landschaft war beeindruckend. Stetig ansteigend und im Ort Samaipata wieder auf 1.600 Metern Höhe fanden wir in der Finca La Víspera mit holländischen Besitzern einen wunderschönen Stellplatz und endlich erträgliche Temperaturen. Da Pieter der freundliche Besitzer uns dringend abriet zur 9 Kilometer entfernten El Fuerte de Samaipata mit dem WoMo zu fahren nahmen wir uns am Morgen ein Taxi. Die Strecke war dann auch wirklich nichts für Burro, zu steil und zu enge Kurven. Der Taxifahrer machte uns auf das Gesicht des Indio am Berg aufmerksam, dass wir alleine wahrscheinlich übersehen hätten. Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem des Wiracocha in Ollantaytambo war nicht zu übersehen.
Samapata ist eine sehr beeindruckende Anlage, die aus der Zeit 800 v.Ch. stammt und von den Mojocoyas und Chanés gegründet wurde. Es war wahrscheinlich eine Kult- und Opferstätte. Um 1.300 n.Ch. eroberten die wilden, aus Paraguay eingewanderten Guaraní die Gegend und vermischten sich mit den Chanés zum Volk der Chiriguanos. Unser Führer brachte uns die Anlage mit fundiertem Wissen anschaulich nahe. Hier die große Felsenpyramide, das so genannte Centro Cermonial mit Rinnen für Blutopfer, Chicha etc.
Auf dem als Altar bezeichneten Stück können wir noch die Fragmente eines Jaguares erkennen, der den Chanés als Gottheit galt (welchen der Urvölker eigentlich nicht?).
Um 1.400 machten die Inkas Samaipata zu ihrem östlichsten Außenposten und ergänzten das Heiligtum mit einem Sonnenheiligtum, Haus der erwählten Frauen, Trapeznischen für ihre Mumien, Wasserkanälen, Terrassenfeldern und Steinhäusern. Sie konnten jedoch die Chiriguanos nie ganz besiegen und kurz vor der Ankunft der Spanier haben die Chiriguanos die Anlage wieder überrannt. Der Rest der Geschichte ist ja bekannt, die Spanier hatten leichtes Spiel und das Inkareich ein Ende. Ein paar Jahre benutzen die Spanier Samaipata als Festungsanlage, danach holte der Urwald sich das Gelände zurück. Seit einigen Jahren wird restauriert und heute gehört die Stätte zum Unesco-Weltkulturerbe.
Von der Festungsmauer aus hatten wir einen schönen Blick auf die umliegenden Berge und den Amboró Nationalpark. Der Berg im Mittelpunkt heißt Muela del Diabolo (Backenzahn des Teufels) und dahinter beginnt das endlose Amazonastiefland, das für uns wegen fehlender Straßen nicht erreichbar ist. Der Anblick des Muealas erinnerte mich wieder an meinen heftig entzündeten Zahn und ich fieberte so langsam einem Zahnarzttermin entgegen. Doch vorerst war dafür leider noch keine Zeit.
Der Taxifahrer hatte die 1 ½ Stunden auf uns gewartet und brachte uns wieder in den Ort zurück. An der Furt machten wir einen kurzen Fotostopp und waren wieder froh nicht mit Burro unterwegs gewesen zu sein.
Ausgehungert kamen wir am Stellplatz an. Die Finca La Víspera bietet ökologisches Essen direkt aus dem Garten und mein Salat war eine Schau, einschließlich der Teekanne mit dem Pfefferminztee. Wer jetzt keinen Appetit bekommt ist selber schuld.
Wegen der Nähe zum Abroró Nationalpark beabsichtigten wir einen Kurzabstecher dorthin. Der in allen Reiseführern und auch vom Holländer hoch gelobte Don Gilberto war rasch als Fahrer und Führer organisiert. Beide, Führer und Fahrzeug waren allerdings schon etwas in die Jahre gekommen.
Dachten wir bis dahin, die Stadtfahrt von La Paz mit ihren 1.000 Metern Höhenunterschied sei nicht mehr zu überbieten, wurden wir jetzt eines Besseren belehrt. Auch heute mussten wir in etwa den gleichen Höhenunterschied bewältigen, allerdings auf noch kürzerer Distanz und auf schmalen, holprigen Eselspfaden. Die jahrelange Erfahrung und umsichtige Fahrweise von Don Gilberto brachte uns langsam aber sicher zum jahrhunderte alten Baumfarnwald von La Yunga.
Von hier ging es nur noch zu fuß weiter. Das warme, trockene Weter war vorbei. Hier war Nebelwald angesagt. Auf einer 3 1/2stündigen Wanderung über verschlungene Wege, nur von Don Gilberto zu erkennen, die er teilweise noch mit der Machete verbreitern musste, konnten wir die Schönheit der Umgebung erfahren. Bromelien der verschiedensten Art an fast jedem Baum.
Blumen in allen erdenklichen Formen
und Farben.
Dank der Feuchtigkeit trieben die Farnbäume immer weiter aus. Lediglich von der Tierwelt waren wir enttäuscht, hörten wir doch Vögle aller Art zirpen und zwitschern. Jedoch waren sie durch das grüne Blätterwerk dermaßen blickgeschützt, dass es uns nicht gelingen wollte sie zu entdecken. Trotzdem hat uns dieser Ausflug viel Spaß gemacht.
Da wir nun einmal ein Kontrastprogramm haben, verabschiedeten wir uns vorübergehende von La Víspera und machten uns auf den Weg nach Vallegrande, um für kurze Zeitz auf den Spuren von Che Guevara zu wandeln. Wieder galt es auf zwar asphaltierter, dennoch schlechter Straße in die Höhe zu steigen. 120 einsame Kilometer ging es in die Bergwelt. Am Ortseingang des 5.000 Einwohner zählenden Dorfes Vallegrande begrüßte uns eine überdimensionale Christusstatue. Don Gilermo hatte uns den Tipp gegeben, bei Doña Juanita wegen eines Stellplatzes nach zu fragen. Sie war auch ausgesprochen liebenswürdig, doch leider passten wir höhenmäßig nicht durch ihr Hoftor. So blieb uns zunächst nichts weiter übrig als zur Plaza zu fahren, bei der Polizei nachzufragen und dann einfach an der Plaza zu parken. Da gefiel uns aber überhaupt nicht und so begaben wir uns zu fuß auf den Aufstieg zum Mirador, wo es ein Restaurant mit einem deutschen Besitzer geben sollte, der zudem noch ein Zeitzeuge der Vorgänge in Vallegrande war. Den deutschen Besitzer gab es hier nicht mehr, klar denn der musste ja auch schon recht alt sein. Doch einen Platz im Hof des Restaurants haben wir dennoch bekommen. Später klopfte es noch an unserer Tür und kleine Gruppe Deutscher stand davor. Sie wohnen hier und waren im Restaurant essen. Sie boten uns einen Platz bei sich an, doch da wir Burro nun einmal auf diese Anhöhe gequält hatten, wollten wir auch hier bleiben. Außerdem gefiel uns die schöne Aussicht auf den Ort. Wir erfuhren allerdings jetzt was wir zu tun haben, um hier alles zu besichtigen. Das ist nämlich in den Reiseführern nicht erklärt. Also machten wir uns auf den Weg zurück an die Plaza zur Casa de la Cultura. Die wollten gerade schließen und auf den letzten Drücker bekamen wir noch einen Führer. Dieser ging zunächst mit uns zum örtlichen Krankenhaus, in dessen ehemaligem Waschhaus das Militär im Oktober 1967 den toten Che Guevara zur Schau gestellt hat. Zur Abschreckung gedacht, ging das Foto der auf dem Waschtrog aufgebahrten Leiche um die Welt. Doch das Gegenteil wurde erreicht, nicht zuletzt wegen dieses Fotos wurde Che zur Ikone aller Revolutionsromantiker.
Danach setzen wir uns alle in ein Taxi und fuhren zu einem eingezäunten Privatgrundstück. Hier befinden sich das Grab von Tamara (Tania) Bunke, der deutschen Gefährtin von Che Guevara
und weiteren Angehörigen der Guerillagruppe Joaquín
Um keinen Wallfahrtsort zu schaffen, wurden die Leichen Che Guevara und einiger seiner Mitstreiter neben der Flugbahn von Vallegrande verscharrt. Sie galten 30 Jahre als verschollen. Im Juli 1997 grub das Militär sie wieder aus. Fidel Castro holte seinen alten Weggefährten Che nach Kuba und errichtete ihm am 08.Oktober 1997, 30 Jahre nach seinem Tod ein Mausoleum. In Vallegrande erinnern heute Gedenktafeln an die Originalstätte
um die herum ein Museum gebaut wurde, so ändern sich die Zeiten
Der Museumsführer versprach uns für den nächsten Tag einen ortskundigen Taxifahrer zu besorgen, der uns noch weiter in das abgelegene Hinterland nach La Higuera, dem Ort der Hinrichtung bringen sollte. Pünktlich um 9.00 Uhr war dieser da, er hatte vorsorglich einen Ersatzreifen auf dem Dach, bekreuzigte sich (für eine Versicherung war also auch gesorgt) und los konnte die Fahrt gehen. Noch einmal 60 Kilometer lagen vor uns. Die ausgewaschene Straße, mit ihren steilen Abhängen war nicht gerade beglückend. Zumal uns der Fahrer auch noch berichtete, das vor zwei Tagen hier ein Auto in den Abgrund gestürzt war. Na vielen Dank! Viele Autos begegneten uns in dieser Abgeschiedenheit nicht. Wieder wurden wir auf ein Bild am Berg aufmerksam gemacht, diesmal das Gesicht des Hundes. Es war wirklich gut als solches zu erkennen.
In ganz Bolivien fehlen Hinweisschilder, hier wo ein Verfahren mangels fehlender Straßen fast nicht möglich war, gab es diese Schilder zuhauf.
Der Taxifahrer bat uns, etwas persönliches erledigen zu dürfen. Dafür wäre ein kleiner Umweg von 5 Minuten erforderlich. Wir stimmten zu, allerdings mussten wir bald feststellen, dass 5 Minuten in Boliven relativ sind. Das was jetzt kam war nur noch ein Eselspfad, jedoch das Auto schaffte den Weg irgendwie. Er wollte zu einem Mann, der nicht da war und so brachte er uns zur Schule!!!!!!!
Aus dem Wohnraum des Lehrers räumte er ein paar Kleidungsstücke und Schuhe in seinen Kofferraum.
Neugierig geworden, baten wir das Klassenzimmer sehen zu dürfen. Da zur Zeit Ferien in Bolivien sind, war natürlich kein Schüler da. Wir waren ein wenig geschockt von der (vorsichtig ausgedrückten) Schlichtheit des Raumes. So hat es nicht einmal in Columbe, dem Heimatort unseres Patenkindes Sandra Mercedes ausgesehen. Wo denn der Lehrer sei, war meine nächste Frage? Etwas verlegen teilte uns der Taxifahrer mit, der Lehrer sei er. Wir erfuhren, dass er 8 Schüler hat und als Lehrer 2.000 Bolivianos (200,-- Euros) im Monat verdient. Um seine Familie zu ernähren, müsse er eben in den Ferien Taxi fahren. Es ist noch viel im Argen in Bolivien.
Wieder auf der Straße zurück zeigte er uns einen Hügel, den sie hier die Kappe des Che nennen. Irgendjemand hatte sogar den Stern in der Mitte angebracht.
Wir durchfuhren Pucara, den einzigen nennenswerten Ort an der Strecke. Auch hier wäre ein wenig Staatshilfe dringend von Nöten. Die Indigene Bevölkerung setzt große Hoffnungen in ihren Präsidenten Evo Morales, der am 6. Dezember mit Sicherheit wieder gewählt wird. Wir merken schon, dass wir uns hier in vergessenen Regionen befinden.
1967 wurden in der Gegend der Yuro-Schlucht die Guerillas von Militär und CIA in einen aussichtslosen Kampf verwickelt und festgenommen. Unseren ursprünglichen Plan, in die Schlucht einzuwandern mussten wir aufgeben, da es auf einmal heftig zu regnen begann und es steil und glitschig nach unten ging. Also machten wir unseren letzen Stopp an den Gedenksteinen erschossenen Guerillas, bevor wir dann den Weiler La Higuera erreichten.
Der nur noch aus 20 Familien bestehende Ort war vor über 40 Jahren der Schauplatz der Hinrichtung Che Guevaras und als Erstes sehen wir seine überlebensgroße Statue.
Die Mutter des Taxifahrers lebt noch hier und war Zeitzeugin, da sie damals 21 Jahre alt war. Sie zeigt uns abgegriffene Bilder aus dieser Zeit, auf denen einige Bewohner zusammen mit Che zu sehen sind. Wir erfahren aber auch, dass das Dorf sehr darunter gelitten hat, hier zwischen die Fronten geraten zu sein. Es hat viele Tote gegeben und von den ehemals 80 Familien sind viele geflohen. Wer zu den Guerillas gehalten hat, wurde vom Militär erschossen und wer zum Militär gehalten hat von den Guerillas. Eine junge, aber dennoch fast zahnlose Frau kommt mit dem Schlüssel zur ehemaligen Schule. Hier wurde der verletzte Che von den Militärs hingerichtet und heute ist es ein Museum. Gerade mal 4 – 5 Besucher kommen am Tag hierher, die meisten aus Argentinien. Nur am 8. Oktober, dem Todestag strömen die Touristen. Wir schauen uns eine ganze Weile hier um und machen uns dann ein wenig bedrückt wieder auf den Rückweg nach Vallegrande. Es regnet in Strömen und unser Taxifahrer bekreuzigt sich wieder. Er meint dann, jetzt wird es gefährlich, doch das wissen wir auch ohne ihn. Die Gegend hat es eben in sich, gefährlicher als zu Zeiten der Guerillas kann es auch nicht mehr werden.
Zurück in Vallegrande händigen wir dem Lehrer und Taxifahrer unsere restlichen Bestände an Malblöcken, Farbkästen, Buntstiften etc. aus. Wir wissen, dass die Sachen in seiner traurigen Schule an die richtigen Kinder kommen. Es war ein langer und für uns sehr denkwürdiger Tag. Wenn man einmal hinter die Kulissen schauen kann, sieht vieles eben nicht mehr so rosig aus wie es manchmal den verklärten Anschein hat. Am nächsten Tag fahren wir wieder nach Samaipata und ich kann noch am späten Nachmittag zum Zahnarzt gehen. Meine Wurzelentzündung hat sich verschlimmert, doch der Zahnarzt kann helfen und ich fühle mich gut aufgehoben. Irgendwie muss ich immer an die zahnlose junge Frau denken und bin wieder einmal froh und dankbar, ein anderes Leben führen zu dürfen.
Am nächsten Morgen besichtigen wir noch das kleine Museum im Ort, an dem das bemerkenswerteste der schöne Innenhof ist.
Zurück in Santa Cruz sind wir wieder in der Welt des Luxus angelangt. Es ist glühend heiß und wir genießen das Privileg von drei Schwimmbädern auf dem Gelände des Automobilclubs von Boliven ganz für uns alleine.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen