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Sonntag, 7. November 2010

Andalusien und die ersten Eindrücke von Marokko

Andalusien wäre an für sich schon eine eigene Reise Wert und nicht umsonst hat Granada das ganze Jahr über Saison. Wir müssen uns regelrecht losreißen, denn unser Ziel liegt gar nicht mehr in so weiter Ferne. Doch jetzt kommt erst einmal ein Test, füllen sie uns unsere eigene Gasflasche mit LPG Gas oder nicht? Wegen der morgendlichen Kälte haben wir schon viel geheizt und mit nur einer vollen Flasche wollen wir nicht nach Marokko reisen. Was machen wir uns überhaupt Gedanken? Natürlich füllen sie die Flasche hier auf (Jürgen, vielen Dank für den Tipp.) Unbeschwert fahren wir zügig Richtung Antequera und sehen bereits an der Straße ständig Hinweise auf den Ticketverkauf für die Marokko-Fähren (immer auch gleich in arabischer Schrift, da können wir uns gleich eingewöhnen).Erst wollen wir uns nur unverbindlich nach Preisen erkundigen, doch dann kaufen wir gleich den Voucher, wieder eine Sorge weniger. Auf kleinen Nebenstraßen durch gebirgige Landschaft erreichen wir Ronda, eine der Traumstädte Spaniens. Zuerst quartieren wir uns auf dem Camping Ronda-Sur ein und dann schwingen wir uns auf die Fahrrädern um die Stadt zu erobern. Leicht erschaudernd blicken wir von der Puente Nuevo tief hinab in die Tajoschlucht.
Die Häuser stehen bis an den Rand des Abgrundes. 150 Meter tief hat sich der Río Guadalevín hier eingegraben. Die Stadt wurde von den Römern gegründet, kam später unter maurische Herrschaft und das ist hier an allen Ecken und Ende zu erkennen.
Wir lassen es uns nicht nehmen für ein Foto in die Schlucht hinunter zu radeln. Da kommen unsere E-Bikes und wir auf der Rückfahrt aber ganz schön ins schwitzen, doch es ist uns alle Mühe wert.
Bei der Weiterreise am nächsten Morgen sind uns immer wieder Ausblicke auf die weißen Dörfer, die teilweise regelrecht an den Berghängen kleben, vergönnt.
Mittags erreichen wir schon Tarifa. Wir decken uns im LIDL Supermarkt noch einmal mit allen möglichen Gebrauchsgütern ein und fahren in den Hafen. Ein netter Mitarbeiter wechselt den Voucher in ein Ticket um, wir bekommen die Formulare für die Personeneinreise, eine grüne Nummer für die Fähre und müssen uns dann Rückwärts an die Rampe stellen. Es ist wenig Andrang, außer uns sind nur noch zwei weitere WoMo´s da und natürlich eine Menge PKW´s. Alle passen drauf und ab geht die rasende Fahrt.
Bereits auf der Fähre erhalten wir von einem Zollbeamten den Einreisestempel für Marokko und 40 Minuten später rollen wir von Deck und in den Hafen von Tanger ein. Die AIDA ist auch schon da.
Bis jetzt war es einfach und das kann ja nicht so bleiben! Die Fahrzeugeinfuhr steht als nächstes auf dem Programm. Wir müssen ein Formular ausfüllen. Die Fragen sind in arabischer Schrift und in Französisch und beides beherrschen wir leider nicht. Doch ich habe zu Hause ja bereits alles notiert was da so in das Formular hinein muss. Zollbeamte kommen und schauen, andere kommen und schauen, alle sind durch, nur wir stehen immer noch da. Aus einem für uns unersichtlichen Grund muss Bernd nun zur Polizei ins Nebengebäude. Er bekommt einen Mann zur Begleitung mitgeschickt. Der führt ihn zu einer langen Personenschlange und bedeutet ihm, er müsse sich nun hier anstellen. Bernd verdreht die Augen (Wie war das? Regel Nummer eins: Immer freundlich bleiben und nie nach dem Warum fragen.) Ach ja, es gibt noch eine andere Möglichkeit doch die kostet. Für 10,-- Euro darf er zu einem Schalter an dem er dann alleine steht. Ein Beamter dreht und wendet den Reisepass, macht einen Haken auf die Importationsbescheinigung, gibt ein ok. und Bernd darf gehen. Natürlich sieht er nun nicht ein, dafür 10,-- Euro zu bezahlen, er drückt dem Mann 3,-- Euro in die Hand und nun steht der da mit einem dummen Gesicht. Endlich können wir den Zollbereich verlassen. Weit kommen wir nicht, ein Mann stellt sich mitten in den Weg und fordert für die Erlaubnis den Hafen verlassen zu dürfen eine Propina (Trinkgeld). Jetzt reicht es uns aber, vorbei mit der Höflichkeit. Ein paar unfreundliche Worte fallen und dann sind wir endlich draußen. Marokko wir kommen. Jetzt so schnell wie möglich raus aus Tanger. Diese Großstadt können wir uns für den Anfang nicht antun. Gut nur, dass wir südamerikanische Großstädte gewohnt sind. Hier geht es genauso zu, nur das noch erschwerend hinzukommt, dass die Hinweisschilder, sofern vorhanden, in arabischer Schrift und dann erst in Latein sind. Bis wir uns da orientiert haben, dass dauert so seine Zeit. Mangels Hinweisen fahren wir viel zu weit aus der Stadt hinaus und finden unseren ersten Übernachtungsplatz nicht. Wir drehen um und fragen, ernten nur Achselzucken. Keiner kennt die Grottes d`Hercule, Niemand kann die Schrift auf der Landkarte lesen und langsam wird es Zeit für uns, denn um 17.30 Uhr wird es dunkel. Irgendwann fragen wir nach „Erkül“ und endlich wissen sie was wir wollen. Tatsächlich mit dem letzten Lichtstrahl kommen wir auf dem Campingplatz an. Oh das wird eine harte Zeit für uns! Vollkommen erschöpft fallen wir bereits um 20.00 Uhr in unser Bett. Doch schon am Morgen sieht die Welt wieder ganz anders aus und wir fangen an uns zu akklimatisieren. Jetzt wollen wir erst mal die Grotte besuchen. Der Sage nach hat Herkules sich in diese Kalksteinhöhle zurückgezogen, nachdem er die Meerenge von Gibraltar geschaffen hat.
Die Öffnung zum Meer hin soll an die Umrisse von Afrika erinnern.
Wir fahren in wunderbar sonnigem Wetter auf kleiner Straße am Cap Spartel entlang. Immer wieder sind Badeplätze vorhanden und so bekommen wir den ersten, wenn auch etwas vermüllten Eindruck. Um auf unsere Tagesroute zu kommen müssen wir noch einmal durch Tanger, was aber heute irgendwie viel einfacher von statten geht. Vor uns ein LKW mit den guten Nordseekrabben, die mal eben kurz in Marokko gepuhlt werden und dann bei uns „frisch“ auf den Tisch kommen. Mahlzeit!
Vorbei am Cap Malabata, immer weiter am Meer entlang, machen wir ein paar Stopps um die Aussicht zu genießen. Wir gewöhnen uns langsam an die vielen verschiedenen Schreibweisen der Orte und halten uns Richtung der spanischen Enklave Ceuta, die hier jedoch Sebta heißt. Auf dem Weg zur Passhöhe Djabal Musa haben wir einen guten Blick auf die Säulen des Herkules, den Jbel Musa und den Felsen von Gibraltar. Außerdem auf den riesigen neuen, erst 2007 eröffneten, Port Tanger Mediterranéa.
Wir erreichen die Straßengabelung nach Ceuta/Sebta. Dort zerplatzen so manche Träume vom Wohlstand in Europa mit der Abschiebung zurück ins heimatliche Elend. Wir jedoch fahren an luxuriösen, palmengesäumten Strandpromenaden und schier nicht enden wollenden weißen Ferienhäusern vorbei nach Martil und dort auf den Campingplatz Al Boustane. Von dort nehmen wir uns ein Taxi, um in die Großstadt Tétouan zu gelangen. Der ehemalige Piratenschlupfwinkel mit wechselvoller Geschichte ist heute eine expandierende Großstadt mit einer der höchsten Kriminalitätsraten Marokkos, jedoch auch Weltkulturerbe mit seiner Medina und genau die ist unser Ziel. Damit der Besuch unserer ersten Medina (Altstadt) für uns nicht zum Fiasko wird, nehmen wir uns einen autorisierten Führer. Der Rundgang beginnt am Place Hassan II
durch das Bab (Tor) er Rou und schon sind wir mittendrin im Gewimmel der Gassen und Suqs (Markt/Laden). Unser Führer Mohammed (Wie sollte er auch sonst heißen?)führt uns zielsicher durch das Gewirr. Alles was das Herz begehrt kann man hier erwerben. Ein neues Festtagskleid gefällig?
Wir bekommen alles gezeigt: Vom Hammam (Badehaus) natürlich nur von Außen,hier gibt es getrennte Zeiten für Männer und Frauen, elendigen Behausungen und luxussanierten, einigen Moscheen (auch nur von außen, der Zutritt ist uns Ungläubigen verwehrt) bis hin zur Mellah ( ehemaliges Judenviertel, hier sind immer die Schmuckläden). Unfehlbar landen wir in einem Teppichhandel. Dort dürfen wir zuerst einmal aufs Dach steigen und einen kleinen Teil der Medina von oben bewundern.
Es gibt Pfeffermünztee (grüner Tee, frische Pfefferminze und Unmengen Zucker, das ist sagenhaft lecker und macht richtig süchtig) dann rollen die Teppiche an. Hier muss Frau Nerven bewahren, Interesse zeigen und bloß nichts kaufen.
Viele Handwerker sitzen in winzigen Kämmerchen und gehen ihrer Arbeit nach. Unter anderen hier der Schnitzer, der sich bereitwillig bei seiner Tätigkeit zusehen lässt.

Über zwei Stunden waren wir unterwegs und zusehends glücklicher einen Führer genommen zu haben, denn unsere Orientierung ist mittlerweile gleich null. Eins haben wir noch mit auf den Weg bekommen, wenn die Färber und die Eierhändler da sind, dann ist ein Ausgang in Sicht. Diese Berufe gelten als Minderwertig und sind immer am Rande einer Medina angesiedelt. Mit dem letzten Tageslicht erreichen wir wieder den Hauptplatz, der mittlerweile von flanierenden Menschen aller Altersgruppen bevölkert ist. Rasch suchen wir uns ein Taxi um wieder die 10 Kilometer nach Martil zurück zu fahren.

Einen weiteren Tag verbringen wir hier um mit dem Fahrrad ein wenig die Gegend zu erkunden und unsere ersten Einkäufe auf den Märkten zu tätigen. Es ist nicht schlimm, dass wir kaum französisch können, hier spricht die einfache Bevölkerung sowieso fast nur arabisch, irgendwelche Berbersprachen und sehr zu meiner Freude Spanisch. Wir fahren Richtung Chefchaouen und streifen dabei den Ortsrand von Tétouan. Am Ortsende findet ein urtümlicher Schafmarkt statt. Da müssen wir natürlich anhalten und Bilder machen.
Nun geht es in das Rif-Gebirge. Eine abwechslungsreiche Landschaft, kleine Dörfer und viele Olivenbäume erfreuen unser Auge. Von den Hanfanpflanzungen weit und breit nichts zu sehen. In Chefchaouen hat Burro ordentlich zu schnaufen, denn es geht extrem steil und kurvig hinauf zum Camping Azilan. Belohnt werden wir dafür mit einer schönen Aussicht auf den Ort und einem schmalen, steinigen Pfad hinunter ins Dorf. Direkt nach dem Ausgangstor des Campingplatzes warten ein paar Männer auf uns und bieten uns Haschisch an. Früher war Chefchaouen das Eldorado für Aussteiger.
In einer Viertelstunde haben wir den Abstieg geschafft, halten uns aber erst mal nicht in der diesmal übersichtlichen Medina auf ( grobe Richtung entweder Bergauf oder Bergab, also ganz einfach) , sondern suchen in der Neustadt erst mal den Markt, denn heute ist Donnerstag und Donnerstag ist hier Markttag. Märkte sind und bleiben für uns eine faszinierende Welt. Wir müssen uns durchfragen und erleben Erstaunliches. In all unseren Reiseführern steht, ein Mann (besonders ein Ausländer) darf nie eine Frau ansprechen, nicht einmal nach dem Weg fragen. Da nur Bernd etwas französisch spricht, fragt er eben Männer. Die wissen in der Regel nicht wo es langgeht. Fast immer kommen dann junge Frauen, verschleiert oder unverschleiert und sprechen englisch mit uns. Sie strahlen uns an und erklären den Weg. Zweifelsohne Marokko ist auf dem Weg in die moderne Welt, dem jungen, weltoffenen König Mohammed VI sei Dank.
Nach dem bunten Markttreiben haben wir endlich Augen für die Medina. Hier dominieren die Farben weiß und blau. Da alle auf dem Markt sind, haben wir die hübschen Gassen fast für uns alleine.
Immer wieder aufs Neue gibt es hübsche Fleckchen zu entdecken.
Natürlich befinden sich hier auch die unvermeidlichen Andenkenläden, doch so richtig aufdringlich wird keiner.
Der Ort gefällt uns so gut, dass wir gleich noch einen Tag dran hängen. Einen Wecker brauchen wir auch nicht mehr, denn der Muezzin ruft pünktlich und unüberhörbar vom Minarett. Auf einmal wird es eng. Eine geführte Gruppe Engländer mit Wohnwagen und Wohnmobilen fällt ein. 18 Fahrzeuge und der Campingplatz ist rappelvoll. Einen Vorteil hat das aber für uns, ein junger Berber begleitet die Gruppe und ist dort Mädchen für alles. Als Bernd sieht, dass manche Internetzugang haben, obwohl hier doch keine WiFi Zone ist, fragt er wie das sein kann. Der junge Mann spricht ein paar Brocken Deutsch und Englisch. Er lässt sich von Bernd 500 Dirham geben, saust in das Dorf, kommt mit einem UMTS Stift von Telecom Maroc zurück und wir sind im Internet. So einfach ist das. In 30Tagen müssen wir den verlängern, mal sehen ob das dann auch klappt. Mehrmals steigen wir den steinigen Weg in den Ort hinab und zurück nehmen wir Faulpelze dann immer ein Taxi. Da wir einmal alles bei Nacht erleben wollen, gehen wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit noch einmal hinunter. Da die Kasbah (Burg) geöffnet hat, können wir die auch besichtigen und uns von oben schon mal ein nettes Lokal aussuchen.
Eines der Minarette, gesehen durch ein Fenster der Kasbah.
Wir essen auf der Dachterrasse des Restaurants Aladin unsere erste Tajine (Eintopf, zubereitet in einer Tonform) und kommen uns vor wie im Märchen aus 1001ner Nacht.

Da es uns dann doch zu eng auf dem Campinglatz wird gehen wir wieder auf Fahrt. Immer weiter durch das Rif Gebirge. Hier leben die Bauern vom Hanf Anbau. Der Anbau ist übrigens nicht verboten, nur der Handel damit. 800.000 Menschen leben davon und 42% der Weltproduktion wird hier erzeugt. Doch die Zeiten sind vorbei, wo Touristen mit Gewalt angehalten und zum Kauf gezwungen wurden, um sie dann bei der Polizei zu verpfeifen und dann oh weh! Unbehelligt können wir heute durch das Gebirge reisen. Ca. 20 Kilometer vor Ouazzane, irgendwo auf freiem Feld sehen wir eine große Menschenmenge. Mal wieder ein Markt. Wir parken Burro am Straßenrand, überqueren einen kleinen Fluss und schon sind wir mittendrin.

Berge von Oliven werden hier angeliefert und finden ihre Käufer.
Da wir ja immer noch Marokko-Neulinge sind, können wir noch von Medinas nicht genug bekommen und so machen wir den nächsten Halt in Ouazzane. Wir finden einen Parkplatz direkt am Eingang zur Medina und machen uns auf den Weg. Hier sehen wir besonders viele Handwerksbetriebe und alle lassen sich bereitwillig fotografieren, was nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Hier werden Schnüre gerödelt und zu Borden verarbeitet.
Die Arbeitsbedingungen der Metallverarbeiter sind auch nicht gerade rosig.
Die unvermeidliche Moschee und das wegen der Farbe der Kacheln sogenannte grüne Minarett.
Uns bleibt wieder mal nur der hübsche Eingangsbereich. Betreten für Ungläubige verboten.
Was sollen wir sagen, am 18. November ist Nationalfeiertag und da will jede Familie einen Hammel essen. Der kostet viel Geld und so ein armer Weber will doch seine Familie nicht enttäuschen. Da muss man doch als Tourist eine Decke kaufen. Gegen solche Argumente sind wir machtlos und die erste Decke ist im WoMo (mal sehen wie viele es noch werden) Wir sind auf dem Stellplatz des Motels Rif kurz nach Ouazzane und müssen uns erholen.

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