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Donnerstag, 27. Dezember 2012

Abenteuer Osten XIV – Turfan, Korla, durch die Taklamakan-Wüste, Yecheng, Kaschgar, Karakulsee, Grenze Kirgistan -

Die Nordroute der ehemaligen Seidenstraße führt am Rand der Taklamakan-Wüste entlang und sollte für die modernen Karawanen fahrtechnisch kein Problem mehr sein (Voraussetzung genug Diesel im Tank und ausreichend Wasserreserven an Bord), denn die Chinesen haben sie mit einer mehr oder weniger guten asphaltierten Straße erschlossen. Vielmehr kämpfen wir mit der großen Hitze, unklarer Beschilderung und Autofahrern, die uns auf unserer Spur entgegen kommen. In den am Wegesrand liegenden Oasen werden hauptsächlich Melonen und Weinreben angepflanzt. Die luftdurchlässigen Darrhäuser, mit ihren durchbrochenen, gemauerten Lehmwänden, dienen der Herstellung von ausgesprochen schmackhaften Rosinen.
Wir bewegen uns in der sogenannten Turfansenke, die an ihrer niedrigsten Stelle 60 m unter dem Meeresspiegel liegt und sich somit in bester Gesellschaft mit dem Death-Valley befindet. Als wir nach 410 Kilometern endlich Turfan erreichen, haben wir 48,2° C im WoMo und das Gefühl uns irgendwie aufzulösen. So bekommen wir eine ungefähre Ahnung davon, was es damals hieß mit einer Karawane unterwegs zu sein und das ohne Straße und auf einem Kamel. Dabei kommt die Querung der Taklamakan doch erst in ein paar Tagen auf uns zu.
Wir sind jetzt schon froh unser Bett im WoMo für die nächsten zwei Nächte gegen ein klimatisiertes Zimmer im Turpan Jiaohe Manor Hotel tauschen zu können.
In der 240.000 Einwohner zählende Oasenstadt Turfan leben 80% Uiguren und somit bestimmen Moscheen das Stadtbild.
Turfan ist umgeben von hohen Bergen (bis 5.445 m) und das für die Stadt benötigte Wasser wird seit der Qing-Dynastie durch unterirdische Kanäle und Brunnen geleitet, dem sogenannten Karez-System. Es gibt in der Umgebung 1.100 Kanäle mit einer Länge von über 5.000 Kilometern und somit ist die Stadt mit ausreichend Wasser für die Menschen, Tiere und Felder versorgt. Die Erfindung stammt übrigens aus Persien (dem heutigen Iran). Weil die Kanäle für Besucher nicht zugänglich sind, steht der Besuch des Karez-Parks auf dem Programm, wo man allerdings auch nur einen begrenzten Einblick bekommt und sich lediglich ein Bild am Modell machen kann.
 Etwa 10 Kilometer westlich von Turfan liegt auf einem Felsplateau, eingebettet zwischen zwei inzwischen ausgetrockneten Flüssen, die Ruinenstadt Jiaohe (Yarkhoto), die bereits im 2. Jh. v. Chr. besiedelt war. Im Jahre 1209 zerstörten die Mongolen unter Dschingis Khan sie so gründlich, dass sie danach nie wieder aufgebaut wurde.

Dennoch sind die Lehmruinen zum Teil recht eindrucksvoll und es bleibt der eigenen Fantasie überlassen, welche Geschichten sie wohl erzählen könnten.
Unterwegs müssen wir uns erst einmal mit Rosinen stärken. Wobei die Wahl zwischen den vielen verschiedenen Sorten nicht gerade leicht fällt.
Hauptattraktion der Emin-Moschee von 1778 (sie ist heute nicht mehr in Betrieb) ist das aus Lehmziegeln erbaute, 37 m hohe Minarett mit seinen Ornamentbändern. Einem für China ansonsten unüblicher Baustil.
Beim Verlassen der Turfansenke steigen wir noch einmal auf eine Höhe von über 2.000 Metern. Das ist schon irgendwie irre. Gestern noch auf Meereshöhe und heute wieder hohe Berge. Die LKW´s kleben förmlich an den Steigungsstrecken und Bernd muss sich voll und ganz auf die Überholvorgänge konzentrieren. Dabei ist die Gebirgslandschaft um uns herum vulkanischen Ursprung und überaus eindrucksvoll.
Wir befinden uns nun in dem extrem trockenen Tarimbecken und eigentlich war in der Nähe der Industriestadt Korla das Fahrende für heute geplant. Wegen der umfangreichen Straßenbauarbeiten und der Unmöglichkeit irgendwo von der Straße abzufahren und dabei nicht im Gelände zu versinken, müssen wir noch weitere 120 Kilometer schwitzen, bis wir endlich an einer stillgelegten Seitenstraße, neben einem schmalen Wasserlauf und unter blühenden Tamarisken, einen durchaus reizvollen Platz für die Nacht zugewiesen bekommen. Jetzt heißt es nur noch Stühle raus und den Abend genießen.
Es ist soweit! Jetzt durchqueren wir die Taklamakan-Wüste. Sie ist die zweitgrößte Wüste der Erde und war jahrelang praktisch unzugänglich. Seit man in ihrer Mitte riesige Öl- und Gasvorkommen gefunden hat, wurde sie durch Straßen erschlossen. Die Tarim-Fernstraße, welche die Nordroute der Seidenstraße mit der Südroute verbindet ist 520 Kilometer lang und somit weltweit die längste Wüstenstraße. Mit ihren Bau- und Erhaltungskosten von 10 Millionen Euro pro Kilometer außerdem auch noch die wohl teuerste. Somit hat die „Wüste ohne Wiederkehr“ ihre Schrecken verloren, es sei denn man kommt in einen Sandsturm. Zunächst noch sehen wir vereinzelte Pappelwälder,von denen es in früheren Jahren noch viele gegeben haben soll. Jetzt werden sie durch einen Nationalpark geschützt. Dann wird es so langsam karg und Sand und Hitze sind unsere ständigen Begleiter. Nach 290 Kilometern, auf dem Gelände einer stillgelegten und vollkommen verwahrlosten Tankstelle, haben wir unser Tagesziel erreicht. Der Platz wirkt zwar nicht besonders einladend, aber der Untergrund ist befestigt und das alleine zählt. Dafür ist das Umfeld um so schöner und lädt zu einem Spaziergang auf den Sanddünen ein. Misstrauisch beäugt von den hier lebenden Bewohnern.
Schon nach wenigen Minuten Kletterei sehen wir die Straße nicht mehr und genießen den Sonnenuntergang in vollkommener Einsamkeit.
Um die Straße vor Versandung zu schützen wurden links und rechts des Weges mehrere Reihen Tamariskensträucher gepflanzt.
Alle 5 Kilometer steht ein Pumpenhäuschen an der Straße. Der Pumpenwächter ist verantwortlich dafür, dass seine Pumpe funktioniert und die Tamarisken auf seinem Abschnitt ausreichend mit Wasser versorgt werden. Die Wächter haben einen Vertrag auf Zeit und bekommen einen sehr geringen Lohn für ihre Arbeit. Wir geben an, Wasser zu benötigen und werden von dem Wächter-Paar freundlich aufgenommen. Es gibt anscheinend sehr wenig Abwechslung in ihrem Leben. Ihre Unterkunft direkt neben der laut knatternden Pumpe ist Wohn- und Schlafraum in einem und bietet nicht mehr Platz als unser WoMo. Wir fragen uns, wer diese Menschen mit Lebensmitteln versorgt, denn weit und breit gibt es kein Dorf, geschweige denn einen Laden und einen fahrbaren Untersatz sehen wir auch nicht. Immerhin ist der nächste Nachbar ja „nur“ 5 Kilometer entfernt und man kann sich beim täglichen Kontrollgang durchaus begegnen.
TaZhung soll eine Trucker- und Arbeiterstadt sein mit entsprechenden Angeboten (Was will uns die Reiseleitung damit wohl sagen?). Augenzwinkernd bietet sie uns an, hier ein paar Tage Urlaub zu machen.Wir sehen nicht mehr als eine Tankstelle und herunter gekommene Hütten. Dies ist ein Ort, wo man als Hund nicht tot über einem Zaun hängen möchte Da nehmen wir doch lieber gleich die Abzweigung und flüchten weiter ins Wüstenland. Der Verkehr hat auch merklich nachgelassen und nun müssen wir nur noch auf Eselskarren aufpassen.
In Mingfeng haben wir die Durchquerung der Taklamakan geschafft und bewegen uns nun auf der Südroute der Seidenstraße. Wieder gibt es den ursprünglich vorgesehenen Stellplatz nicht mehr und so kommen zu den 430 Kilometern noch weitere 40 hinzu, bis wir endlich beim Dorf Yutian auf einer Art ummauertem Bauhof landen. Hier ist es nur staubig und heiß, dafür sind wir durch die Umzäunung wenigstens vor neugierigen Blicken und Besuchern geschützt. So langsam sehnen wir das Ende der Wüstenfahrerei herbei, doch zwei Tage müssen wir noch aushalten.

Auch heute sind 360 Kilometer zu bewältigen und wir bewegen uns am Rande der Taklamakan und ganz in der Nähe des Himalaya Gebirges. Immer wieder halten wir danach Ausschau, solch hohe Berge müsste man doch irgendwie sehen können, doch leider ist uns durch den Dunstes kein Blick darauf vergönnt.Wegen der vielen Spannungen zwischen den Uiguren und den Han Chinesen geraten wir ab jetzt immer öfter in Militärkontrollen und kurz vor Yecheng werden wir auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Vor einem Kontrollpunkt stehen wir über eine Stunde bei größter Hitze im Stau. Die Autofahrer zwängen sich ohne Rücksicht an der Warteschlange vorbei und drängeln sich dann brutal in die kleinsten Lücken. Da kommen richtige Aggressionen auf. Doch wenigstens werden wir direkt am Kontrollpunkt einfach durchgewunken und müssen nicht wie die Einheimischen auch noch umständliche Personen- und Fahrzeugkontrollen über uns ergehen lassen. Trotzdem ist das für heute einfach zu viel. Lange Fahrzeit, die Hitze und der Stau haben unsere Nerven zum flattern gebracht. Der Stellplatz am Bahnhof von Yecheng wirkt auf den ersten Blick wegen der vielen Blumen entspannend, aber das täuscht leider. Die Lage ist sehr zentral und so ebbt der Strom der Neugierigen nicht ab und wenn wir sie nicht freiwillig ins WoMo lassen, marschieren sie eben einfach ohne Erlaubnis rein. Wenn ich dann mal schimpfe ernte ich nur Unverständnis und Kopfschütteln. Ich weiß, wir sind Gäste in diesem Land, aber irgendwo hat alles mal seine Grenzen und die sind genau jetzt erreicht!
Die 260 Kilometer bis Kashgar, unserer letzten Station in China, legen wir ohne besondere Vorkommnisse zurück und freuen uns einfach nur auf unser Zimmer im Seman Hotel und die Tatsache, dadurch endlich wieder etwas Privatsphäre zu gewinnen und natürlich auch auf die Klimaanlage. Das Zimmer mutet recht orientalisch an und wenn man nur nach oben schaut ist es sogar hübsch anzusehen.
Kashgar (Kaxgar) zählt 350.000 Einwohner, war einst ein bedeutender Knotenpunkt an der Seidenstraße und ist Chinas westlichste Großstadt. Peking liegt 3.440, Afghanistan jedoch nur 265 Kilometer entfernt. Seit wir in der autonomen Region Xinjiang sind, befinden wir uns zwar immer noch in China und dennoch in einer anderen Welt. Nirgendwo wurde uns das so bewusst wie hier in Kashgar. 77 % der Einwohner sind Uiguren und sprechen eine Turksprache, der Bevölkerungsanteil der Han Chinesen beläuft sich gerade mal auf 9%. So sind politische- und ethnische Konflikte vorprogrammiert und bis zum heutigen Zeitpunkt nicht gelöst. In unserem Hotel wird eine Hochzeit gefeiert, die Braut bekommen wir dabei nicht zu Gesicht und auch sonst keine Frauen. Eine Musikgruppe spielt für die rein männlichen Gäste.
Wir Frauen aus der Gruppe sind etwas verunsichert, ob wir uns überhaupt in den Frühstücksraum wagen können. Manche ziehen es deshalb vor im WoMo zu frühstücken. Doch YonghZhi meint nur „wir sind immer noch in China“ und Gäste dieses Hotels. Er muss es ja wissen. So nehmen wir Platz, aber irgendwie komisch ist das Ganze schon.
Heute steht ein 190 Kilometer langer Ausflug über die Karakorumstraße in die dramatische Bergwelt des Pamir-Gebirges bis hin zum Karakulsee (schwarzer See) an. Wegen der Nähe zu Pakistan, den politischen Konflikten und des unwägbaren Wetters musste diese Tour in den letzten Jahren ausfallen, bzw. kamen die Gruppen nicht am See an. Trotzdem möchten einige Gruppenmitglieder (einschließlich Bernd) die Strapazen auf sich nehmen, den das Pamir-Gebirge lockt natürlich ungemein. Schon von weitem leuchten die schneebedeckten Gipfel.
Laufend verändert sich das Landschaftsbild und wieder einmal muss der Bus für die Fotografen halten. Zu schön ist das Farbenspiel.
Außerdem gibt es dort einen Kräuterladen in dem es nicht nur einen Tee für die Reisenden gibt, sondern man kann sich mit allerlei unheimlichen „Mittelchen“ eindecken.
Schade um die vielen Eidechsen. Gegen was sie helfen sollen wissen wir nicht. Lebend würden sie aber auf jeden Fall Freude bereiten.
Immer dramatischer wird die Bergwelt
und auch die ersten Gletscher kommen in Sicht.
Die Straßenverhältnisse sind einigermaßen erträglich, wenn auch ab und an Hürden zu überwinden sind.
Das Land rund um den See auf 3.645 m ist traditionelles Weidegebiet von kirgisischen Nomaden
die hier in den Sommermonaten ihre Jurten aufstellen.
Spektakuläre Blicke auf die Berge eröffnen sich den Besuchern.
7.719 m hoch ist der Kongur Tag und somit der höchste Gipfel des Pamir-Gebirges.
Sind das eventuell Füße von Riesen, die sich hier am Felsen abmalen?
Trotz der Höhe kann man noch Bauern beim Einbringen ihrer Ernte beobachten.
Bei Bulungkol an einen Stausee türmen sich Sandberge am Ufer auf. Um diese Straße weiter zu befahren, würde man jetzt wohl ein Amphibienfahrzeug benötigen.
Auf einmal wachsen wieder Bäume. Das Gebäude im Hintergrund ist eine Polizeistation.
In Gezcun, an der Kontrollstation, gibt es noch einmal richtig Aufregung, wegen einer fehlenden Passnummer auf der Liste oder eine Namensverwechslung, so genau war das nicht heraus zu bekommen, musste die Gruppe über eine Stunde warten. Merkwürdigerweise war dies bei der Hinfahrt nicht aufgefallen. YonghZhi hat dann letztendlich alles wieder ins Lot gebracht. So kommen alle müde aber überglücklich am späten Abend wieder in Kashar an.
Heute ist Stadtbesichtigung angesagt. Bernd und ich konzentrieren uns dabei wieder mal auf unsere Lieblingsplätze, die Märkte. Gleich erstehen wir frische Feigen.
Bei den Trockenfrüchten laufen die Augen förmlich über.
Reihenweise gibt es Stoffe für die elegantesten Kleider.
Jedoch auch Schuhe aus zweiter Hand.
Bis heute wissen wir nicht wozu man solche Mengen von getrockneten Tagetes-Blüten benötigt.
Essensstände sind überall auf der Welt beliebt.
Braucht jemand lebende Skorpione als Zutat?
Getrocknete Schlangen haben wir heute auch im Angebot.
Mit solch einem Gefährt kommt man bequem vom Markt in die Altstadt.
Zwischen den zweigeschossigen Lehmwohnhäuschen sehen wir Handwerksbetriebe, Läden aber auch Moscheen.
Ob es sie in ein paar Jahren noch geben wird ist ungewiss, denn sie wird zur Zeit trotzt Protesten der Bewohner gnadenlos „saniert“.
Den letzten Abend in China krönt natürlich ein gutes Gruppenessen. Beim Anblick der knusprigen Enten läuft uns schon das Wasser im Mund zusammen.
Einen Geburtstag feiern wir noch so nebenbei und die Torte reicht dann für alle als Nachtisch.
Jetzt heißt es auch von YonghZhi Abschied nehmen. Er hat den Spagat zwischen Aufpasser und Reiseleiter mit Bravour gemeistert und für uns möglich gemacht was immer in seiner Macht stand. Für ihn waren die 6 Wochen unseres gemeinsamen Zusammenseins sicherlich oft nicht einfach. Es 37 Individualisten recht zu machen und dabei die staatlichen Auflagen nicht aus den Augen zu verlieren verlangt Organisationstalent und Nerven aus Stahl. Ganz so schlimm können wir aber dann doch nicht gewesen sein, denn er hat bereits zugesagt die Weltumrundung und die nächste Asientour zu begleiten.
Wir starten um 9.00 Uhr und sammeln uns dann wieder vor der chinesischen Grenzstation. Noch einmal hat YonghZhi alle Hände voll zu tun um das ganze Prozedere reibungslos abzuwickeln. Penibel genau werden alle Unterlagen kontrolliert, das dauert zwar seine Zeit geht aber geordnet seinen Gang. So sind wir schon nach wenigen Stunden fertig und können das Grenztor Richtung Kirgistan passieren. Dort steht YonghZhi und winkt uns ein letztes Mal zu (Fotos im Grenzbezirk nicht gestattet).
Noch circa 50 Kilometer fahren wir auf schlechter Straße immer bergauf bis zum Torugart Pass, noch einmal eine Straßensperre mit Passkontrolle und dann ist auch unser China-Aufenthalt Geschichte. Mit Freuden sehen wir Kirgistan entgegen.

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