Es gibt mehrere sehr bedeutende Klosteranlagen auf dem Berg und die älteste datiert bereits aus dem 1 Jh. n. Chr.. Zu ihrer Blütezeit während der Tang-Dynastie gab es bis zu 200 Anlagen und die Gegend bietet sich zum Wandern an, da die Klöster auf Bergpfaden in einem Umkreis von 5-15 Kilometern zu erreichen sind. Jedoch regnet es die ganze Nacht und auch am Morgen sieht es nicht nach Besserung aus. Es ist zwar wirklich eine Schande, aber was sollen wir bei diesem Wetter auf dem Berg und Klöster werden wir wohl auch noch genug sehen. Wir warten noch eine ganze Weile, aber da die Lage sich nicht verändert, fahren wir eben zum nächsten Ziel, den 40.000 Einwohner zählenden Ort Pingyao. Wo wir wieder auf einem Hotelparkplatz in unmittelbarer Nähe der 6,4 km langen, 10m hohen, zinnengekrönten Stadtmauer unseren Stellplatz haben.
Die Mauer wurde 1370 zum Schutz gegen Mongoleneinfälle errichtet und wie vor 600 Jahren betreten wir Pingyao durch eines der sechs Tore. Direkt nach dem Nordtor besteigen wir die Stadtmauer und den dazugehörigen Wachturm. YonghZhi hat kurzerhand eine Stadtführung organisiert und so bekommen wir eine ausführliche Erklärung zur Stadtgeschichte. Innerhalb der Ummauerung stehen 3.800 historische Wohnhäuser, darunter alleine 400 von besonderem Wert (Originale aus der Ming-Dynastie). Wir fühlen uns in die Zeit des alten Chinas zurück versetzt, bzw. irgendwie hatten wir die romantische Vorstellung, dass viele Dörfer so aussehen würden. Das ist aber genau so ein Irrtum, als der vieler Ausländer, die glauben in ganz Deutschland sähe es aus wie in Rothenburg.
Pingyao lebt recht gut vom Tourismus, ist aber aber beileibe kein Freiluftmuseum, sondern hier wird gelebt und gearbeitet, auch wenn der erste Blick etwas anderes vermuten lässt. Wegen der engen Gassen ist die Stadt nahezu autofrei. Lediglich Fahrräder, Motorroller und Elektro-Rikschas dienen der Fortbewegung.
Der ganze Ort scheint irgendwie vom Handel zu leben. So sehen wir viele Souvenir-Läden, aber auch Restaurants
und einfache Garküchen.
Es gibt winzige Lebensmittelgeschäfte und Nudelhersteller. Die Nudeln haben wir übrigens probiert und sie sind wirklich lecker. Angeblich hat Marco Polo ja die Kunst der Nudelherstellung aus China nach Italien mitgebracht. Das wollen die Italiener aber nicht hören.
Holz- und metallverarbeitenden Handwerker können wir an jeder Ecke bei der Arbeit zusehen.
Nach der Stadtführung schlendern wir noch lange durch die Gassen und erfreuen uns an den prächtigen Häusern und stöbern an den Ständen herum.
Wenn keine Kunden da sind ist eben Zeit für die Körperpflege.
Bei der ortsansässigen Shanxibank soll 1823 die Verrechnungstechnik erfunden worden sein und wir dürfen auch die ersten Geldscheine bewundern.
Die Innenhöfe der Bank laden zum Verweilen ein.
Wie überall in China sind die Leute überhaupt nicht scheu und besonders die Kinder lassen sich gerne fotografieren.
Den pagodenartigen ehemaligen Feuerturm dürfen wir besteigen
und aus 19 m Höhe die Umgebung von oben bewundern.
Hier
suchen fertige Blumengebinde ihre Käufer.
Natürlich
warten auch mehrere Tempelanlagen darauf besichtigt zu werden.Auffallend die Dächer mit den kunstvoll geschnitzten Firsten.
Das alte Rathaus und ehemaliges Gerichtsgebäude
enthält eine Ausstellung mittelalterlicher Foltergeräten. Dieser gemeine nagelbestückte Esel war für untreue Ehefrauen bestimmt. Wie so oft haben wir nichts ähnliches für die untreuen Ehemänner gesehen.
Die traditionelle Rikscha ist auch nur noch fürs Erinnerungsfoto da. Selbst hier werden die jetzt mit Elektro-Motoren angetrieben.
Die Wohnbereiche liegen etwas versteckter. Hier sehen wir ein typisches Hofhaus.
Selbst für eine kleine Grünanlage ist innerhalb der Stadtmauern noch Platz.
Wir können gar nicht aufhören mit Schauen und Staunen. Ach, es ist einfach nur schön hier, übersichtlich und trotz der vielen Besucher sogar irgendwie erholsam. Abends werden Stadtmauer und Festungsturm beleuchtet und das auch noch bei Vollmond und selbst der Wettergott ist uns wieder gnädig.
Nach einem langen, heißen Tag mit fast 400 Kilometern Fahrleistung haben wir die Berge hinter uns gelassen und kommen in tieferen Gefilden an. Wir überqueren den Gelben Fluss und erreichen Luoyang. Die 1,5 Millionen zählende Stadt hat eine große Vergangenheit, denn sie war mehrfach chinesische Hauptstadt, zuletzt im 10. Jahrhundert. Uns zieht es aber 12 Kilometer weiter, direkt zu den Longmen Shiku (Drachentor-Grotten), eines der bedeutendsten Monumente des chinesischen Buddhismus aus dem 5. Jahrhundert. Wir kommen in den besonderen Genuss mit unseren WoMo´s auf dem Parkplatz der Anlage direkt am Yi Fluss stehen zu dürfen.
Leider wurden die Grotten bereits mehrfach geplündert und die meisten Exponate sind im Kunsthandel und in den Museen aller Welt zu finden, dennoch gibt es noch einige Statuen zu bewundern. Außerdem ist die Gesamtanlage als Ganzes sehr imposant und mal wieder UNESCO-Welterbe. Der Anstieg ist eine schweißtreibenden Angelegenheit und alleine sind wir auch nicht gerade.
Die Vielzahl von Buddhastatuen erklärt sich dadurch, dass es seinerzeit üblich war, diese zu stiften um einer Bitte nach Wohlstand, hohen Positionen, Gesundheit etc. Nachdruck zu verleihen. Der lächelnde Buddha (SahyamuniBuddha)
in der Binyang Grotte zählt zu den schönsten der Anlage und wurde 523 von einem Wei-Kaiser gestifftet.
In jede
noch so kleine Nische wurde Figuren gemeiseltdie mehr oder weniger gut erhalten sind. Die Verstümmelungen sind seltener durch Umwelteinflüsse sondern durch Mutwillen herbeigefügt.
Manche Wände sind mit tausenden Kleinfiguren übersät. In der Wanfo Dong (Zehntausend-Budddha-Grotte) sollen es 15.000 sein.
Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes ist die Fengxian Si, mit ihrer Grundfläche von 40 x 35 m. Auf Veranlassung des Tang-Kaisers Gaozong entstand in 20jähriger Bauzeit der 17 m hohe Locana-Buddha mit Wächtern und Himmelskönigen.
Da in nur 70 Kilometern Entfernung bei der Kreisstadt Dengfeg das berühmte 495 gegründete Shaolin-Kloster (Song Shan) liegt, macht sich direkt nach der Grotten-Besichtigung ein Teil der Gruppe dorthin auf. Hier soll der Mönch Bodhidharma den Zen-Buddhismus entwickelt haben. Den meisten von uns allerdings ist es wegen den außerordentlichen Kampfkünsten seiner Mönche bekannt dem Shaolin-Kungfu. Schon in der Kindheit fangen die Jungen mit dem harten Training an.
Im Eintrittspreis für die Klosterbesichtigung ist eine halbstündige Vorführung inbegriffen und so eilen wir direkt in die entsprechende Halle, denn der Andrang dort ist immer recht groß.
Die Beweglichkeit und Schmerzunempfindlichkeit der kleinen Kämpfer lässt uns erschauern.
Grundlage ist die besondere Fähigkeit zur Konzentration und Ruhe. Auf dem Gelände sind Plastiken verstreut, an denen wir die verschiedenen Bewegungsabläufe studieren können.
Unmengen von Schulklassen sind heute zur Besichtigung da und wollen sich mit den „Langnasen“ fotografieren lassen. Da ist Bernd mal wieder so richtig in seinem Element
auch wenn er dabei den grimmigen Blicken der Krieger ausgesetzt ist.
Ansonsten heißt es aber oft: Fotos verboten!
500 m westlich des Klosters liegt der Mönchsfriedhof mit seinen 220 Grabpagoden, von denen die ältesten aus der Tang-Zeit stammen. Hier wie überall gilt, je größer die Anzahl der Dächer, desto wichtiger waren die hier beerdigten Personen zu ihren Lebzeiten.
In Dengfeng gibt es außer der Klosterschule noch zwei Dutzend weitere Kungfu-Schulen mit 10.000en von Schülern und wir haben das Glück, einigen davon beim Training zusehen zu dürfen.
Trotzt des harten Drills sind die Schulen sehr beliebt und nicht jeder der gerne möchte kann dort aufgenommen werden. Angeblich haben die Absolventen dieser Schulen später bei der Aufnahme in die Uni oder beim Start ins Berufsleben die besten Chancen.
Heute
ist mal wieder so ein Tag zum verzweifeln. Der Weg nach Xi´an,
dem früheren Chang`an wird uns so richtig schwer gemacht.
Alleine dreimal stehen wir auf der 380 Kilometer langen Strecke
ellenlang im Stau, den es dann nur noch auf kleinen Landstraßen ohne
ausreichende Beschilderung zu umfahren gilt. Der Verkehr in der 4
Millionen Einwohner zählenden Stadt und die schwüle Hitze steuern
ihren Anteil bei und wir sind vollkommen geschafft, als wir endlich
unserem Stellplatz am Tianyu Gloria Grand Hotel erreichen.
Dort werden wir bereits von einer Tanz- und Gesangsgruppe, sowie dem
Begrüßungskomitees des Hauses erwartet.
Sogar
eine Leuchtschrift erstrahlt am Eingang und einen gerahmten
Scherenschnitt bekommen wir als Geschenk. Als wir dann unseren
Zimmern beziehen können, sind wir mit dem Tag wieder versöhnt.Seit wir vor Jahren in Bonn eine Ausstellung über die Terrakotta-Armee gesehen haben, geisterte in unseren Köpfen der Wunsch herum, diese einmal am Originalplatz sehen zu dürfen. Endlich ist es soweit, 28 Kilometer östlich von Xi`an liegt die bedeutendste archäologische Ausgrabungsstätte Chinas. Dort angekommen lernen wir aber zunächst einmal eine andere Einrichtung Chinas kennen, eine der ehemals landestypischen öffentlichen Toilettenanlagen. Die heißen im übrigen Harmoniehalle und in friedlicher Harmonie hockt man hier üblicherweise nebeneinander. Das ist für uns natürlich mehr als gewöhnungsbedürftig und wir sind deshalb froh, dass diese Örtlichkeiten zu mindest in den Städten durch modernere Einrichtungen ersetzt werden.
Aus Furcht vor dem Jenseits und zur Unterstreichung seiner Bedeutsamkeit ließ der Kaiser Qin Shihuangdi schon zu seinen Lebzeiten eine aus mehr als 7.000 Figuren bestehende Armee aus Terrakotta erstellen. Diese sollte ihn vor der Rache der Könige, die er ins Jenseits befördern ließ und deren Reiche er zerstörte, schützen. Erst 1974 entdeckten Bauern bei der Grabung eines Brunnen diese Kostbarkeit. Es wird noch viele Jahre dauern, bis sie vollständig ausgegraben und restauriert sein wird, zumal viele der Figuren zerschlagen vorgefunden wurden. Der erste Überblick am Originalfundort ist einfach grandios.
Zwar gab es Schablonen zur Herstellung der Körper, jedoch sind die Gesichter individuell modelliert und der Formenreichtum ist groß. Wir können verschiedene Panzer, lange oder kurze Röcke, Mützen oder Haartrachten bewundern. Alle Figuren waren bemalt, davon ist heute jedoch nichts erhalten. Lediglich im Museum sehen wir dann später hinter Glas welche Farbenpracht sie einst hatten. Ebenso sind hier die Bronzewaffen der Krieger ausgestellt. Der größere Teil allerdings ging durch Plünderungen verloren.
Selbst Pferde mit Streitwagen runden das Bild ab. Da die Streitwagen in der Regel aus Holz waren, sind diese in den Jahren verbrannt oder verrottet und nur noch die Abdrücke im Fußboden lassen ihr Vorhandensein erahnen.
Unbestritten gehört dieser Augenblick zu den Höhepunkten unserer Reise und das alleine war schon alle Strapazen wert.
Der bronzenen Kriegswagen mit vier Pferden (steht leider hinter Glas) wurde in mühevoller Kleinarbeit aus 1.000en Stücken wieder zusammengesetzt.
Voll der Eindrücke gibt es am Abend noch eine Lichterfahrt durch das moderne Xi´an. Erst in den letzten 20 Jahren wurde das heutige Stadtbild geprägt und entsprechend Großzügig empfängt es seine Besucher.
Auf den öffentlichen Plätzen üben die Bewohner selbst zur späten Stunde noch ihre Sportarten aus.
Bei dieser Art Litfaßsäulen werden durch LEDs ständig neue Bilder produziert.Von Unterwasserbildern bis hin zu Wäldern.
Die Gebäude werden angestrahlt und die Bewohner genießen den Abendbummel durch ihre Stadt. Hier die Wasserspiele an der großen Wildganspagode.
Auch für das leibliche Wohl ist ausgezeichnet gesorgt.
Gewürze und Trockenfrüchte warten auf ihre Käufer
und die Fleischspieße lassen einem das Wasser im Mund zusammen laufen.
Der heutige Tag steht zur freien Verfügung und so fahren Bernd und ich mit einem Taxi in das Viertel rund um die Große Moschee, da sich dort enge und bunte Marktgassen befinden, in denen wir einmal in aller Ruhe stöbern wollen. Wie in der Nacht so auch am Tag, am besten besucht sind die Lokalitäten, bei denen es etwas zu essen gibt.
Hier werden aus flüssigem Zucker kleine Figuren geblasen, die fast zu Schade zum vernaschen sind.
Es gibt unglaublich viele Dinge zu kaufen von denen wir nicht einmal die Hälfte kennen. Dennoch füllen sich unsere Taschen immer mehr. Kein Wunder also, dass man hier den Händlern und Garküchen-Betreibern Denkmäler setzt.
Beinahe hätten wir in dem Gewimmel die Große Moschee übersehen, zumal sie eher wie eine Pagode aussieht.
Wer braucht noch eine ausgefallene Kopfbedeckung?
Der Abschied aus Xi´an muss natürlich entsprechend gewürdigt werden und so begeben wir uns am Abend zur Tang Palace Dance Show.
Dort werden wir zunächst einmal mit Vorspeisen verwöhnt, die in gewohnte Weise am runden Tisch allen zur Auswahl stehen. Lediglich an den warmen Reisschnapps müssen wir uns noch gewöhnen, der hier aber zum Essen dazu gehört.
Xi´an ist berühmt für seine Vielzahl an Teigtaschen und die wollen wir uns heute schmecken lassen. Dank der Kreativität der Köche wissen wir auch ohne Sprachkenntnisse welche Füllung darin ist. Es gibt Gemüsekörbchen, kleine Schweinchen, Hühnchen usw. Hier werden uns gerade Teigtaschen mit Entenfleischfüllung serviert. Man kann also sagen die Augen essen mit, doch welch ein Aufwand für so einen kleinen Happen!
Die Kostüme der Tänzerinnen
sowie die Masken sind eine wahrer Genuss und im Gegensatz zur Peking-Oper sind Musik und Gesang diesmal melodisch. Wir brauchen uns nur noch zurück zu legen und das Ganze zu genießen. Das ist ein wirklich gelungener Abschluss für Xi´an.
Im übrigen befinden wir uns ab jetzt auf der Seidenstraße, dem nächsten von uns mit Spannung erwarteten Abschnitt unserer Reise.
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