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Dienstag, 29. September 2015

Große Rumänienrundreise – III. Von der Maramuresch zur Bucovina -


Vişeu de Sus (Oberwischau) ist eine Holzfällerstadt. Um das mühevolle Abtransportieren der Baumstämme aus den Wäldern per Floß zu erleichtern, wurde 1932 eine 43 Kilometer lange, mit Dampflokomotiven betriebenen Schmalspur-Waldbahn Trasse (Spurweite 760 mm) gebaut, die immer noch in Betrieb ist. Allerdings fahren die reinen Arbeitsbahnen heute mit Dieselloks. Ein Schweizer Verein hat im Jahre 2.000 die Dampfloks gekauft und restauriert und somit der Stadt eine Attraktion beschert. Einmal am Tag rattert die reine Touristenbahn Mocăniţă (Wassertalbahn) auf einer 21,6 Kilometer langen Strecke mit 7-8 Stundenkilometern entlang des wildromantischen Tals des Flusses Vaser. Wir stehen am Morgen noch immer recht einsam auf dem Parkplatz und glauben schon fast nicht mehr daran, dass der Zug für die Handvoll Touristen fahren wird. Kurz vor 8.00 Uhr geht der Rummel los. Autos über Autos und Busse fallen ein. Menschenmassen quellen aus ihnen hervor und schon nach wenigen Minuten sind die Waggons bis auf den letzten Platz gefüllt. Bernd kann noch schnell für ein Foto auf die Lok steigen und dann muss er sich auch um einen Platz kümmern (er hat eine feste Platzreservierung, doch das interessiert hier offenbar Niemanden). Als um kurz vor 9.00 Uhr noch eine große Gruppe ankommt, wird noch schnell ein weiterer Waggon angehängt und dann geht es fast pünktlich los. Die Lok schnaubt, zischt und qualmt dass es eine Freude für Eisenbahnfans ist.
Überall an der Strecke sieht man fleißige Arbeiter mit Holzstämmen hantieren.


Schon nach wenigen Kilometern hat die Dampflok Durst, es muss Wasser nachgetankt werden. Dafür reicht ein kleines Staubecken am Fluss.


Immer wieder gibt es schöne Ausblicke ins Tal und auf Brücken, die ihrer Aufgabe nicht wirklich gerecht werden.


Am Bahnhof Paltin ist für den Touristenzug Endstation. Es gibt Verpflegung und die Möglichkeit sich ein wenig die Füße zu vertreten. Manche wandern ab hier in die umliegenden Wälder.
Ein Arbeitszug muss vorbei gelassen werden. Er ist mit Baumaschinen, Pferden und Holz beladen.
Ein Traktor zieht Holzstämme durch den Fluss.

Ein zum Schienenfahrzeug umgebauter LKW mit lauter Waldarbeitern auf der Ladefläche hat Vorrang und so muss der Touristenzug an einer Ausweichstelle anhalten. Derweil vergnügt sich die Zugbesatzung beim Kartenspiel.

Gegen 14.30 Uhr schnauft der Zug wieder am Bahnhof von Vişeu de Sus ein. Wir verbringen eine weitere Nacht auf dem Parkplatz und fahren dann am Morgen vor 8.00 Uhr los um dem zu erwartenden Chaos zu entgehen. Lange hatten wir überlegt ob wir die Strecke über den Prislop-Pass nehmen sollen. In allen Reiselektüren wird die Straße als in einem extrem schlechten Zustand beschrieben. Bernd hat im Zug Deutsche getroffen, die sie gerade mit einem PKW gefahren sind und denen die Straßenverhältnisse nicht besonders schlimm erschienen. Also werden wir es heute doch wagen. Zwischen Moisei und Borşa sehen wir einen Bauernmarkt. Hier gibt es Kühe,

Pferde, Schafe und Schweine zu kaufen.

Ganze Wohnzimmereinrichtungen stehen unter freiem Himmel. Eine Romafrau verkauft Blechwaren. Fleisch, Käse, Brot, Obst und Gemüse gibt es natürlich auch noch. Stände mit Gegartem, Marmeladen und Säfte locken mit leckeren Gerüchen Kunden an. Schwer bepackt mit Tüten ziehen wir von dannen.
Wir fahren immer weiter in die Höhe, begleitet vom Fluss Vişeu und erreichen am Prislop-Pass in 1.416 m Höhe das kleine Kloster Sfânta Treime

Ab jetzt befinden wir uns in der Region Moldova und speziell in ihrem westlichen Teil der Bucovina. Abwärts fließt mit uns die Bistriţa. An ihrem Ufer sehen wir aus Plastikplanen notdürftig gefertigte Behausungen. Man könnte meinen, diese seien nicht bewohnt. Müllberge, schmutzige zerlumpte Kinder und elende Hunde belehren uns eines Besseren. So etwas haben wir bisher in ganz Rumänien noch nicht gesehen. Es handelt sich offensichtlich um eine Roma Ansiedlung . Wie werden diese Menschen hier wohl den harten Winter überstehen? Kurz darauf ändert das Bild sich wieder, kleine Dörfer und schmucke, liebevoll gepflegte alte Häuser säumen den Weg. In Ciocănesti steht bereits auf dem Ortsschild Museumsdorf. Typisch für die Gegend sind die kunstvoll verzierten Eier. Was hier auch nicht zu übersehen ist.
Die Dorfbewohnerin Leontina Ţăran hat 1950 ihr Haus auf eine besondere Art verschönern lassen. Die Nachbarn wollten nicht nachstehen und so sind viele Häuser im Ort mit kunstollen Ornamenten versehen, die teilweise das Original bei weitem übertreffen. Das Haus von Leontina kann man momentan nur noch von außen bewundern. Das Museum ist derzeit geschlossen, da sie 2014 verstorben ist.
Die Schule ist aus und die Kinder streben nach Hause.
Wir passieren die Kleinstadt Câmpulung Moldovensc und schon sind wir in Vama. Im Ort gibt es ein privates Museum, dass Muzeu de Ouă Înondeiate (Museum für bemalte Eier). Hier stellt die Künstlerin Letiţia Orşivschi ihre eigenen Werke, sowie 3.000 Eier aus der ganzen Welt aus.
Vom Krokodil-Ei bis hin zum Straußen-Ei ist alles dabei.
Die Moldau-Klöster, meist aus dem 16. Jahrhundert, sind kunsthistorisch von besonderem Wert und gehören allesamt zum UNESCO-Welterbe. Meistens von Innen und Außen aufs prächtigste bemalt. Wobei in der Regel im Inneren der Kirchen ein Fotografier Verbot herrscht. Wir fangen gleich mit der berühmtesten an, dem Mănăstirea (Kloster) Voroneţ. Ganze Busladungen von Touristen aus aller Welt strömen mit uns hierher um die „Sixtinische Kapelle des Ostens“ zu bewundern. Der Moldaufürst Ştefan cel Mare (Stefan der Große) ließ das Kloster 1488 errichten. Besonders die Westwand erstrahlt mit Fresken in leuchtendem Blau. Diese aus Azuit gewonnene Farbe ist unter dem Namen Voroneţ-Blau in Fachkreisen ein Begriff.
Die Darstellung des Jüngsten Gericht mit dem Feuerstrom dominiert die Wand. Wir setzen uns auf eine Bank und versuchen all die Bilder in uns aufzunehmen. Was kaum gelingt bei der Vielzahl der Motive.
Weiter geht es bis Humor. Doch für heute erst mal nur auf den Campingplatz Pension Christina in unmittelbarer Nähe des Klosters. Am Morgen um 9.00 Uhr betreten wir das Mănăstirea. Außer uns sind noch keine Touristen da, selbst der Ticketschalter ist noch nicht besetzt. So können wir uns in aller Ruhe umschauen. Die Außenfresken aus 1535 sind die ältesten in der Bucovina und die an der Südwand am besten erhalten. Hier dominiert die Farbe Rot und wieder mal Szenen vom Jüngsten Gericht.

Bei jeder Sehenswürdigkeit gibt es Budenmärkte und nicht immer können wir dem Angebot widerstehen. Ein handgestickter Tischläufer will unbedingt mit ins WoMo.

Das nächste Welterbe erwartet uns in Vatra Moldoviţei. Hohe Außenmauern mit Wehrtürmen schützen die Anlage. Die Außenfresken sind in Blau, Rot und Gelb gestaltet
und haben die Belagerung Konstantinopels im Jahre 626 n. Chr. zum Hauptthema. Zwischenzeitlich haben wir schon den Überblick verloren und kaufen uns einen Bildband über die Klöster der Bucovina , damit wir in Ruhe alles noch einmal nachlesen können.
Wieder einmal winden wir uns auf schlechter, kurvenreicher Passstraße die Berge hinauf. Jedoch immer wieder belohnt durch herrliche Ausblicke.
Irgendwann wird die Straße richtig gut und es geht flott voran bis wir in 1.109 m den Ciumârna Pass erreichen. Hier steht ein Denkmal für die Helden des Straßenbaus. Wir denken uns auch unser Teil.
Das Kloster Suceviţa ist von starken Wehrmauern umgeben.
Es hat von allen Klöstern die am besten erhaltenen Außenfresken, sowie ein schönes Museum mit kostbaren Grabtüchern und Silbergefäßen.
Hier dominiert die Himmelsleiter der Tugenden.

Inzwischen macht uns die Hitze wieder zu schaffen, das Thermostat zeigt 37° an und wir werden gelinde gesagt etwas lustlos. Außerdem erschweren die vielen Pferdefuhrwerke unser Fortkommen. Höchste Konzentration beim Fahren ist angesagt. So streichen wir die Töpferei in Marginea aus unserem Besichtigungsprogramm , obwohl sie die letzte ist, die die traditionellen schwarzen Tonwaren der Gegend herstellt. Ganz aufhören können wir trotzdem nicht, den Kloster Putna liegt noch auf dem Weg. Es hat zwar keine bemalte Außenfassade, ist den Rumänen aber besonders wichtig, da hier ihr Nationalheiliger Stefan der Große bestattet liegt
und endlich dürfen wir auch mal Innen Fotografieren. Hier liegt er begraben, der Fürst und Heilige. Am 2. Juli, dem Tag seiner Heiligsprechung strömen die Gläubigen in Scharen hierher.
Die Innenfresken sind pompös mit Blattgold verziert.
Noch ein kurzer Abstecher zur chilia sihastrului Daniil (Felsenklause des Einsiedlers Daniil), des Beichtvaters Stefan des Großen.
Jetzt reicht es aber wirklich und wir sind heilfroh Dragomirna und den gleichnamigen Campingplatz unterhalb des Klosters an einem kleinen See zu erreichen. Damit wir überhaupt hinein passen, säbelt Bernd an einem Baum erst einmal ein paar Äste ab. Ein Foto des Klosters in Abendstimmung und Ende im Gelände.
Früh am Morgen besucht uns ein Grünspecht.
Das einsam gelegene Kloster Dragomirna ist von hohen Mauern umgeben. Die Klosterkirche ist nur 9,50 m breit und 35 m lang. Die Außenwände sind unbemalt, aber mit symbolträchtigen Ornamenten aus Stein verziert. Die Innenfresken wurden 2012 restauriert und erhielten einen Preis der Europäiche Union. Außerdem besitzt das Kloster eine angeblich wundertätige Marienikone.
Es wird wieder über 32° heiß und so beschließen wir einen Tag auszuspannen. Wir genießen den schönen Platz, sitzen im Schatten und bekommen Besuch von Kühen und Schweinen.
Genug ausgeruht! Wir sind ja schließlich nicht im Urlaub! Quer durch Suceava fahren wir zur Cetatea (Festung) de Scaun. Die von Petru I. Muşat erbaute mächtige Anlage wurde im Jahre 1388 erstmals urkundlich erwähnt und bis heute aufwendig restauriert. Die Innenräume sind allerdings leer und so sind wir recht schnell mit der Besichtigung fertig.
Nur wenige Schritte von der Festung entfernt liegt da Muzeul Satului Bucovinean (Bucovina Freilichtmuseum). Die Anlage ist anschaulich gestaltet und es gib sogar Erklärungen in Deutsch, was durchaus nicht Selbstverständlich ist. Zum Beispiel wird in einem Haus die lautstarke Beweinung eines Toten optisch und akustisch dargestellt.
Alle Häuser sind komplett eingerichtet: Hier mit Spinnrad und Webstuhl sowie den obligatorischen bestickten Tüchern die überall im Raum verteilt sind.
Typische Häuser der Bucovina.
Natürlich darf auch eine Hochzeit nicht fehlen (mit Ansprache und Musik).
Selbst eine kleine Kirche gibt es hier. Der Boden ist bedeckt von einem farbenfrohen Teppich.
Wir sehen fast mehr Pferdefuhrwerke als PKW´s auf der Straße. Die Ernte ist im vollen Gang. Vor allem Mais und Kartoffeln werden jetzt eingefahren.
Auf sehr schlechter Straße fahren wir zum abgelegenen Kloster Probota. Hier sind wir zunächst ganz alleine. Selbst die Klosterpforte ist nicht besetzt. Lediglich im Innenraum passt eine Nonne auf das wir keine Fotos machen.
Noch weitere 50 Kilometer sind es bis Târgu Neamt und dort bis zur Cetatea Neamt. 500 Meter müssen wir zu Fuß steil den Berg hinauf und das bei mindestens 35°. Gut nur das es meistens durch Wald geht und wir so wenigstens Schatten haben. Über eine imposante Brücke
gelangen wir ins Innere der Burg. Die Räume sind teilweise anschaulich eingerichtet. Es gab zwei Kerker, einen für gewöhnliche Gefangene, wie Diebe, Kriegsgefangene etc. und den sogenannten „schwarzen Kerker“ in dem man die Gefangenen einfach an Hunger und Kälte hat sterben lassen. Erklärungen gibt es leider nur auf Rumänisch. Jetzt kommt mein Sprachübersetzer im Smartphone endlich mal zum Einsatz. Erbaut wurde die Festung von Petru I. Muşat, ihre Blütezeit erlebte sie unter Stefan dem Großen. Sie überstand den Angriff von Mohamd II. und dennoch kam im 18. Jahrhundert der Niedergang. Sie wurde auf Befehl eines Moldaufürsten zerstört, damit der Feind sie nicht nutzen konnte.



Fünf Kilometer außerhalb des Ortszentrums im Stadtteil Oglinzi dürfen wir bei der Pension Carol kostenlos stehen, wenn wir eine Mahlzeit einnehmen. Da lassen wir uns nicht lange bitten und Stärken uns bei landestypischem Essen bevor es mit den Kirchen weiter geht.



































































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