Der indische Ozean meinte es gut mit uns, die Überfahrt nach Nosy Boraha oder Ile Ste. Marie, wie die Insel auch Jahre nach dem Ende der französischen Kolonialzeit (1960) immer noch genannt wird , war ruhig und nach gut einer Stunde legten wir im winzigen Hafen von Ambodifotatra (am Fuße des Baumes Fotatra), einem uninteressanten Nest das sich Inselhauptstadt nennt, an. Die Insel ist 200 km² groß und hat ungefähr 20.000 Einwohner, die sich Hauptsächlich aus den Stämmen der Merina und der Sakalava zusammensetzten.
Wir verteilten uns, auch schon wegen des vielen Gepäcks, auf drei Taxis und alleine die Taxifahrt war schon ein Erlebnis für sich. Im Innenraum unseres Taxis gab es keinerlei überflüssige Dinge, wie z. B. Türverkleidungen und ähnliches. Gestartet wurde mit kurzgeschlossenen Zündkabeln. Dann fuhren wir erst einmal zur Tankstelle, wo genau 3 Liter !!! Benzin getankt wurden. Dann gab unser Taxifahrer Gas, wollte er doch die vorausfahrenden wieder einholen, was nur unter Lebensgefahr für alle auf der Straße befindlichen Personen, Fahrräder, Tiere usw. möglich war und von uns reden wir erst gar nicht. Kaum aus dem Gewimmel der Hauptstadt heraus wurde der Fahrer nervös und schaute immer wieder nach hinten, offensichtlich hatte sich ein Hinterrad gelockert, was nun erst einmal angezogen werden musste. Um an den Schraubschlüssel zu kommen, warf er unser sämtliches Gepäck aus dem Kofferraum auf die Straße und insgeheim sagten wir dem Gepäck schon auf Wiedersehen. Unsere Bedenken waren aber unbegründet und der Schraubschlüssel nun sicherheitshalber griffbereit verstaut. Die Straße war nach einer Weile nicht mehr geteert, sondern recht unregelmäßig gepflastert. Was dem Hinterrad dann wiederum nicht gut tat und so gab es einen erneuten Stopp. Diesmal aber an leicht abschüssiger Strecke. Wegen der defekten Handbremse rollte das Auto nun rückwärts, doch man weiß sich ja zu helfen. Zwei Pflastersteine wurden aus der Straße gerissen (bei den vielen fehlenden kommt es ja auf einen mehr oder weniger sowieso nicht an) und hinter die Räder gelegt. Jetzt konnte das Hinterrad wieder angezogen werden und wir die Fahrt fortsetzen. Endlich war eines der vorausfahrenden Taxis in Sicht, aber nur deshalb weil es stand. Der Fahrer mit Barbara und Georg im Innenraum musste die Zündkerzen reinigen. Unser Fahrer freute sich wie ein Schneekönig und fuhr lachend und winkend am seinem Kollegen vorbei. Weit kamen wir aber nicht, denn an einer kleinen Anhöhe hatten wir zu wenig Schwung, also mussten wir rückwärts rollen und nochmals Anlauf nehmen und wirklich im Schritttempo wurde dann der Anstieg bewältigt. Wen wundert es also, dass für eine Fahrstrecke von 10 Kilometern eine ¾ Stunde wirklich nicht zu knapp berechnet ist und wir kaum noch einen Blick für unsere Umgebung übrig hatten, sondern nur noch hofften irgendwie anzukommen.
Ergeben in unser Schicksal erwarteten wir nicht mehr viel und waren um so überraschter als wir die Anlage La Crique am gleichnamigen Strand erreichten.
Gelegen in einer Art Parklandschaft mit direktem Zugang zum Meer und einem herrlichen Sandstrand standen unsere Bungalows. Wir waren nicht mehr zu halten und verstauten schnell unsere Sachen um dann in das wunderbar warme Wasser zu springen.
Auch von oben sah es immer noch traumhaft aus und so einsam blieb es auch die ganze Zeit während unseres 17-tägigen Aufenthaltes hier.
Lediglich mit den Hunden mussten wir uns unsere Liegestühle teilen.
Besuch von allerlei Getier hatten wir dann auch gleich. Diese Echse hat sich uns zwar nicht namentlich vorgestellt, aber doch immerhin fast jeden Tag Gesellschaft geleistet.
Wie wir es schon gewohnt sind, Strom gibt es nur zu bestimmten Zeiten über Generator und ab 22.00 Uhr sowieso nicht mehr. Das ist leider etwas ungünstig wenn man in der Nacht mal raus muss. Doch wir hatten ja eine Taschenlampe dabei und für alle Fälle stand eine Kerze und Streichhölzer auf dem Nachttisch. So konnten wir vereinzelte Kakerlaken durchs Zimmer flitzen sehen, gleich verfolgt von ihren Feinden den Geckos. Wohlgemerkt die Bungalows sind in traditioneller Bauweise errichtet, es gibt keine Fensterscheiben und es lässt sich überhaupt nicht vermeiden, dass noch weitere Bewohner die Räume nutzen. Wir sind da auch gar nicht empfindlich und unser Bett wird ja von einem gut schließenden Moskitonetz umhüllt. Welches uns darauf hoffen ließ die anderen Bewohner von unserem Schlaf fern zu halten.
Wir wünschten dem grünen (Abbildung stark vergrößert)
und braunen Gecko eine gute Nacht und viel Erfolg bei der Jagd.
Ein Gärtner rief uns und zeigte uns voller Stolz eine Leioheterodon madagascariensis (auf madagassisch Bibylàva, langes Tier), die seelenruhig in der Nähe eines der Bungaloweingänge lag und sich sonnte. Wer mein gespanntes Verhältnis zu Schlangen kennt, weiß dass es nun mit meiner Ruhe vorbei war. Obschon es in Madagaskar keine für den Menschen giftigen Schlangen gibt, das liebe Tierchen tagaktiv ist und nützlich bei der Schädlingsbekämpfung, blieben ab sofort in der Nacht, trotzt größter Hitze, alle Türen und Fenster fest verschlossen und beim abendlichen Gang zum Restaurant wurde erst mal gründlich mit der Taschenlampe der Weg ausgeleuchtet bevor ich dann schnellen Schrittes weiter eilte. Manchmal sahen wir die Bibylàva ein paar Tage nicht und dann war sie wieder da. Wir mussten uns mit ihrer Gesellschaft abfinden, zum Paradies gehört eben eine Schlange.
Nach drei Tagen war unsere Reise offiziell zu Ende. Rosi, Helmut, Knut und Georg Sch. verabschiedeten sich und Georg, Barbara, Bernd und ich hatten nun die nächsten 14 Tage (mal abgesehen von wechselweise 2 – 6 weiteren Gästen) die Anlage für uns. Es gab nichts zu tun und trotzdem hatten wir keinerlei Langeweile. Wir verbrachten unsere Zeit mit sonnen, schwimmen, schnorcheln, lesen, Tagebuch nachschreiben, Bilder auswerten, Massagen und warten auf das Abendessen. Was auch hier immer von besonderer Güte war. Avocados mit Zucker und viel Vanille ergeben einen köstlichen Nachtisch, von Papayas kann man Suppe kochen und endlich lernten wir auch die Vielfalt der Brotbaumfrucht kennen: Von Püree über Chips bis Kuchen für alles ist diese Frucht zu gebrauchen und immer wieder lecker.
Am Fang des Tages
konnten wir schon am Nachmittag sehen, auf was wir uns des Abends freuen dürfen.
Nur dieser Geselle, der hochgiftige Steinfisch, gefangen noch im Flachwasserbereich und direkt vor unseren Augen , machte uns ein wenig Sorgen. Von da an wussten wir, ohne Badeschuhe gehen wir besser nicht mehr ins Wasser.
Die Unterwasserwelt war bunt
und Artenreich.
Wir brauchten kein Boot, sondern mit wenigen Schwimmzügen war das Riff erreicht und ließ uns teilhaben an seinem Leben.
Seeigel mit besonders langen Stacheln, große Muscheln und
gestreifte Fische waren eindeutig in der Überzahl
und sogar eine Seeschlange gab es zu entdecken.
Kurz vor Reiseende packte uns doch noch das schlechte Gewissen. Sollten wir so lange hier gewesen sein , ohne uns wenigstens noch ein wenig von der Insel angesehen zu haben? Also mieteten wir uns für einen Tag ein Taxi. Wir baten Mark, den Hotelbesitzer ausdrücklich um ein funktionierendes Exemplar. Wer wollte uns das verdenken? Mark zuckte nur mit den Schultern und versprach sein Bestes zu geben. Das Taxi war dann auch einigermaßen und allemal bequemer als der Familientransporter a la Madagaskar.
An einem kleinen Wasserfall machten wir den ersten Stopp. Auch auf Nosy Boraha sind die Dörfer nicht unbedingt mit Wasserleitungen versorgt und so muss der Wasserfall eben zur Körperpflege und zum Wäschewaschen herhalten.
Wir fuhren Richtung Süden, vorbei an Ambodifotatra (der Ort hat außer einem kleinen Supermarkt absolut nichts zu bieten, nicht einmal einen vernünftigen Obst- und Gemüsemarkt), über einen schon recht mitgenommenen Damm konnten wir noch einen Blick auf die Ilot Madame werfen, ehe wir an teuren Luxushotelanlagen vorüber fuhren und dann den winzigen Flughafen passierten.
Irgendwann war das Ende der Straße erreicht und wir mussten mit einem Boot die kurze Strecke nach Nosy Nato übersetzen. Das Wasser war klar und flach. Wir hätten genauso gut rüber laufen oder schwimmen können, wenn nicht unsere Rucksäcke gewesen wären.
Wir wanderten am Meer entlang bis wir den wahrscheinlich schönsten Strandabschnitt gefunden hatten um zu baden und Muscheln zu sammeln. Machen wir das eigentlich nicht schon die ganze Zeit?
Wir finden ein seltsames Gebilde und Barbara und Georg erklären uns, dass es sich um das Gerüst einer Seespinne handelt. Schade das wir es nicht mit nach Hause nehmen können!
Ein Harpunist mit seiner Beute kommt uns entgegen und für ihn sind die Papageienfische eben auch nur Nahrung.
Es soll hier irgendwo einen Leuchtturm geben und ein vorbei kommender Mann bietet sich an uns hin zu führen. Dazu müssen wir ein paar Reisfelder durchqueren und der Matsch quietscht nur so unter unseren Füßen, was ein ausgesprochen unangenehmes Gefühl ist. Wir erklettern pustend und schwitzend eine Anhöhe empor und befinden uns auf dem Gelände des Leuchtturms. Zugegeben die Anlage ist recht gepflegt, dafür der Leuchtturm weniger. Hatte ich schon erwähnt, dass Nosy Boraha eine Pirateninsel war? Und zwar der größte Piratenstützpunkt weltweit, mit teilweise bis zu 1.500 Piraten gleichzeitig. Viele der Piraten haben sich mit der einheimischen Bevölkerung vermischt und so einem Nachfahren der Piraten fallen wir gerade jetzt in die Hände. Er legt uns ein Buch vor in das wir uns eintragen sollen und dann will er 10.000 Ariarys je Paar Gebühr, für was auch immer. Für uns sind das 3,50 Euro, für die Madagassen der Lohn für 5 Tage Arbeit. Zuerst wollen wir debattieren, doch wie macht man das ohne ausreichende Sprachkenntnisse? Zähneknirschend zahlen wir, dafür dürften wir jetzt auch kostenfrei, wie der Mann betont, den Leuchtturm besteigen. Worauf wir dann großzügig verzichten.
Wir gehen zurück zum Strand und treffen an einer fast leeren Hotelanlage sogar noch auf ein paar zahme Varis, die wir hier gar nicht mehr erwartet hätten und die wahrscheinlich nur für die Touristen gehalten werden.
Der Bootsführer hat auf uns gewartet und rudert uns auf die andere Seite. Wir wecken unseren Taxifahrer auf und machen uns auf den Rückweg. Die Löcher in der Straße hat zwischenzeitlich auch keiner gefüllt und so fahren wir im Schritttempo voran.
Bis wir wieder kurz vor dem Damm am Kassenhäuschen zum Piratenfriedhof stehen. Der Piratenfriedhof ist ein angebliches Muss beim Inselbesuch und so gehen wir mit einem Führer (er spricht ein ziemlich genuscheltes Englisch) die 800 Meter entlang einer Dorfstraße bis zu einem Steg aus wackeligen Steinen. Bei Flut bringt ein Kahn die Leute hinüber, doch im Moment ist Ebbe und so gehen wir vorsichtig Stein für Stein über den Damm. Der Führer hat sogar eine Sicherheitsnadel für mich, damit ich meinen Rock hochbinden kann, dass ist ja mal richtig weitsichtig gedacht. Er erklärt mir lachend, dass er eine Frau habe und somit das Problem mit den Röcken kennt.
Der Piratenfriedhof gibt nicht viel her. Ein paar schiefe Grabsteine, ein paar verwitterte Inschriften. Laut unserem Führer sind die meisten hier an Malaria gestorben. Einer wurde umgebracht und auf seinem Grab steht wir sollen für ihn weinen. Zum Weinen ist uns auch zu Mute wenn wir in dieser Hitze an den Rückweg denken.
Lediglich die schöne Aussicht von hier oben auf die Bucht entschädigt uns etwas.
Wir eilen unserem Taxi entgegen, froh den Wackeldamm hinter uns zu haben und um einige Mückenstiche reicher. Wie war das noch? Die meisten Piraten sind an Malaria gestorben. Gut das wir schon die ganze Zeit eine Prophylaxe einnehmen.
Zurück in La Crique wissen wir jetzt, dass wir bisher nichts verpasst haben und die ganze Zeit schon am schönsten Ort der Insel waren.
Stolz präsentiert die Tochter von Touristen aus Südafrika uns ihren in der Zwischenzeit geangelten Thunfisch, der morgen Abend dann wohl das Abendessen bereichern wird.
Bernd und ich hatten immer abwechselnd jeden Tag eine Massage und Julienne, die kleine aber überaus kräftige Masseurin war richtig traurig als wir abfuhren. Sie hatte wohl selten so viel zu tun und außerdem konnte sie noch die verschiedensten Gewürze an uns verkaufen, denn ohne Vanille und Co. können wir ja Madagaskar nicht verlassen.
Ein letzter Sonnenuntergang.
Dann war es soweit, denn auch die schönste Zeit geht einmal zu Ende und so brachen wir bei strömendem Regen auf zum Flughafen von Nosy Borah. Wir hatten ja schon einige Horrorgeschichten über die Unpünktlichkeit von Air Madagaskar gehört, aber wie um uns das Gegenteil zu beweisen, flogen wir nicht mit Verspätung sondern sage und schreibe 50 Minuten zu früh ab. So etwas haben wir auch noch nicht erlebt.
Bei unserer Ankunft in Antananarivo stand schon ein Fahrer bereit der uns ins Sifaka Hotel brachte, von wo am gleichen Abend noch Barbara und Georg zurück zum Flughafen und mit Air France nach Hause flogen. Unsere Maschine von Corsair flog erst am nächsten Morgen um 12.45 Uhr und nach 12 Stunden Flugzeit waren wir pünktlich um 22.45 in Paris-Orly. Wir übernachteten wieder im Ibis Hotel und nach dem Frühstück setzte sich Bernd mit ein wenig Herzklopfen in ein Taxi. Er hatte unser Auto einfach in einer Straße in Orly geparkt und hoffte nun, dass es nach 6 Wochen auch immer noch dastand. Welch eine Freude, das Auto war da und sprang auch direkt an. So stand dann unser Heimfahrt nichts mehr im Wege.
Zu Hause waren die Magnolien schon fast verblüht und unser Kater verlangte ausgiebige Schmuseeinheiten. Wobei wir ihm dann von dem schönen Land Madagaskar, unseren vielen Erlebnissen und den freundlichen Menschen dort berichten konnten. Wir hoffen, dass wir euch die Insel ein wenig näher gebracht haben und vielleicht hat der ein oder andere Lust bekommen selber einmal dorthin zu reisen. Wir können es nur empfehlen und ein wenig mehr Tourismus würde dort sicherlich auch nicht schaden.