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Sonntag, 24. April 2011

Madagaskar IV – Antsirabe, Ambatolampy, Antananarivo, Naturreservat Peyrieras bei Marozevo -

Die quirlige Stadt Antsirabe ( wo es viel Salz gibt) mit ihren 180.000 Einwohnern liegt auf 1.500 Metern Höhe und hat daher ein ausgesprochen angenehmes Klima (zumindest für Europäer). Sie wird vorwiegend von den Stämmen der Betsileo und Merina bewohnt. Die Menschen haben hier ein relativ gesichertes Einkommen, da allerlei Kleingewerbe aber z.B. auch die größte Brauerei Madagaskars (Three Horse Beer THB) hier angesiedelt ist. Allerdings seit der Vertreibung des Präsidenten Ravalomanana im Jahr 2.009 und der Schließung seines Tiko Werkes ist an einigen Stellen der Glanz erheblich abgeblättert.

Wir fahren mit den WoMo´s mitten durch das Stadtgewühl, denn wir gieren nach einem richtigen Supermarkt. Das erste Mal seit wir in Madagaskar sind gibt es zu kaufen was das Herz begehrt. Schokocroissants, Wurstwaren oder Camembert gefällig? Die Preise sind entsprechend und arme Leute kaufen hier sicher nicht ein. Es gibt fast mehr Wachpersonal als Kunden und als wir ein Foto von dem Warenangebot machen, werden wir sofort genötigt es wieder zu löschen. Vor dem Supermarkt bettelt eine Horde vollkommen zerlumpter und verwahrloster Kinder und so sind wir wieder in der realen madagassischen Welt angelangt.

Nur wenige Kilometer außerhalb des Stadtgebietes, im Garten des ausgesprochen gepflegten Hotels Admiral kommen wir für die nächsten zwei Nächte unter. Farah, die Besitzerin ist eine gute Bekannte von Georg Sch. und dementsprechend herzlich werden wir dort empfangen. Nach dem Abendessen bekommt Monsieur Edmond Heimaturlaub. Er wohnt nämlich in Antsirabe und hat seine Familie seit Wochen nicht mehr gesehen.
Der folgende Tag ist mit Programmpunkten vollgestopft und so machen wir uns schon frühzeitig auf den Weg. Die Reiseleitung plant und die dafür berüchtigte Polizei von Antsirabe wirft alle Planung über den Haufen. Kaum haben wir die Hauptstraße mit unserem Begleitbus erreicht, werden wir auch schon angehalten. Sie lassen sich viel Zeit mit allerlei Überprüfungen und hurra, sie werden fündig. Wir können da nur die Augen verdrehen. Wie viele Polizeikontrollen haben wir schon unbeschadet überstanden? Nirena unser Fahrer, sowie Hasina kommen obschon Madagassen , nicht mehr weiter und so muss Georg Sch. heran telefoniert werden. Es sind zu viele Personen im Fahrzeug ( es ist ja ein umgebautes WoMo und als solches zugelassen) , da reichte die Versicherung nicht aus (Gerade eben fährt ein Kleintransporter vorbei, auf dessen Dach sogar noch einige Leute absolut ungesichert sitzen, den übersehen die Polizisten geflissentlich). Erst als auch noch Farah erscheint und mit den Polizisten verhandelt, kommen wir aus der Sache raus. Jedoch muss jetzt umgeplant werden, da Georg Sch. in Antsirabe die Sache mit der Versicherung klären muss. Also fangen wir eben außerplanmäßig mit einer kurzen Stadtbesichtigung an.
Wegen der Thermalquellen und des milden Klimas war Antsirabe während der französischen Kolonialzeit ein beliebter Erholungsort und das prunkvollste
Überbleibsel dieser Zeit (1897) ist das Hotel des Thermes ( jetzt in die Jahre gekommen und dringend renovierungsbedürftig) mit seinem Park und den umliegenden großzügigen Straßenzügen und hübschen kleinen Villen.
Endlich ist mit der Versicherung alles geklärt und wir können Antsirabe Richtung Belazao verlassen. Wir fahren durch kleine Ortschaften in denen die Bevölkerung hauptsächlich von der Landwirtschaft lebt. Hier ist gerade die Kohlernte in vollem Gang.
Überall hängen die Bäume voller Kaki-Früchte.
Die Bauerngehöfte sind von Blumen umgeben, was durchaus ja nicht selbstverständlich ist.
Dann haben wir den mit vielen Fadys belegten Vulkansee Tritriva erreicht. Wir wandern mit einem örtlichen Führer, der aufpassen muss, dass wir gegen keines der Fadys verstoßen, aber auch die Pflanzen erklärt und uns die Sagen rund um den See näher bringt, auf beschwerlichem Weg abwärts bis zum Ufer. Natürlich ist eines der Fadys ein Schwimmverbot und so können wir uns nur am Ufer niederlassen und die schöne Umgebung bewundern. Weil es schon so heiß und leider Dank der lieben Polizei auch schon spät ist, verzichten wir auf den geplanten Rundgang um den See herum.
Natürlich kommen wir nicht ungeschoren an den Andenkenhändlern vorbei.
Hasinas Hut, gefüllt mit Kakis verspricht uns ein leckeres Mittagessen.
Vorbei an einigen der typischen madagassischen Familiengräbern
erreichen wir den Lac Andraikiba, an dem uns dann eine kurze Pause vergönnt ist. Dieser Kratersee ist das Trinkwasserreservoir von Antsirabe und wen wundert es noch, natürlich auch mit einigen Fadys belegt. So darf man unter anderem, warum auch immer, hier kein Schweinefleisch essen.
Gebrauchsgegenstände und Schmuckstücke aus Zebuhorn werden fast überall angeboten und so bietet es sich an, eine Werkstatt aufzusuchen, wo wir den Bearbeitungsprozess von A - Z verfolgen können. Damit das eigentliche Hornmaterial sich vom Knochen lösen lässt, wird es zunächst einmal über Feuer geröstet. Was nicht unbedingt eine Freude für unsere Nasen ist.
Danach ist das Material biegsam und kann mit den verschiedensten Werkzeugen verarbeitet werden. So entsteht hier in wenigen Arbeitsgängen die Grundform eines Vogels.
Natürlich wird dann noch verfeinert, gefeilt und lackiert, bis dann die verschiedensten Modelle zum Verkauf angeboten werden können.
Wir lassen uns in der Zebu-Bank über das ungewöhnliche Bankgeschäft mit dem Erwerb und Verleih eines Zebus beraten und sehen wieder mal an einem Haus den Gerüstbau a la Madagaskar.
Madagaskar ist reich an Quarzen, Halbedelsteinen und Edelsteinen. Daher gibt es in Antsirabe auch eine Reihe von Steinschleifereien. Bei Chez Joseph, einer der bekanntesten ist aber gerade Pause und so bekommen wir die verschiedensten Arbeitsgänge im Schnelldurchgang vermittelt. So bleibt dann genügend Zeit für die Bewunderung und natürlich auch den Kauf der bereits fertigen Stücke.
Richtig interessant wird es bei Miniature Mamy. Hier bekommen wir anschaulich vorgeführt, was man aus Abfall alles machen kann. Ob alte Blechdosen, Schläuche oder Kabel, alles kann irgendwie verwertet werden und nach und nach entsteht vor unseren Augen ein Miniaturfahrrad. Wer wie Bernd und ich einmal „Ente“ als erstes Auto gefahren ist, kann hier auch in Erinnerungen schwelgen.
Angeschlossen ist auch eine Stickerei und schon wieder müssen wir uns Gedanken wegen des Übergepäcks machen.
Doch immer noch sind wir nicht am Ende angelangt. Bei Chez Marcel dürfen wir zusehen, wie aus Zucker und natürlichen Geschmackszutaten einfache, aber sehr wohlschmeckende Bonbons entstehen. Gewichtszunahme wird beim Rückflug ja nicht angerechnet und so dürfen wir hier wenigstens ungestraft zuschlagen.
Nach so einem erlebnisreichen Tag haben wir dann auch noch eine besondere Belohnung verdient. Monsieur Edmond bekam für das heutige Abendessen Unterstützung direkt aus Bayern (es sah wenigstens so aus) und so wurde unsere ohnehin schon ausgezeichnete Küche um ein paar Spezialitäten erweitert.
Musikbegleitung gab es dann auch noch. Zu guter Letzt hielt es kaum noch jemanden auf den Stühlen und das Erlernen von madagassischen Tanzschritten fiel dem einen oder anderen gar nicht mal so schwer.
So wurde dann der Familie von Monsieur Edmond der Abschied für die nächsten Wochen etwas erleichtert und auf dem üblichen Erinnerungsfoto sind ausnahmsweise auch mal alle sechs Tourteilnehmer vollständig abgebildet.
Allgegenwärtig sind in Madagaskar Aluminium Kochtöpfe und die werden nur in einem einzigen Ort und zwar in Ambatolampy hergestellt. Daher haben wir uns auf unserem heutigen Fahrtag dort zu einer Besichtigung verabredet. Dass es sich hier mal wieder um einen reinen Familienbetrieb handelt, brauche ich eigentlich nicht mehr zu erwähnen. Aluminiumabfälle aller Art ( alte Fenster, zerbrochene Gebrauchsgegenstände, Autofelgen usw. ) werden in primitiven Öfchen geschmolzen.
Aus einem bestimmten Sand, den es nur in dieser Gegend gibt, wird dann eine Form hergestellt und das flüssige Aluminium unter Missachtung sämtlicher Schutzbestimmungen in die Form gegossen.
Schon nach wenigen Minuten ist alles erkaltet und der Topfrohling fertig. Danach wird er noch geschliffen und poliert. Reich werden die Leute mit ihrer Arbeit offensichtlich nicht und ungesund scheint es auch zu sein, denn alle sehen irgendwie krank aus. Wir sind jedenfalls froh, diesen unwirtlichen Ort wieder verlassen zu können.
Es soll noch einen Schmetterlingspark in Ambatolampy geben, den wir gerne besichtigen würden. Nirena wird losgeschickt ihn zu suchen. Der sogenannte Park hat aber schon lange keine Schmetterlinge mehr und so müssen wir uns mit ein paar elend untergebrachten Chamäleons aber wenigstens schöner Flora begnügen.
Wobei wir wieder mal zu unserem Erstaunen feststellen müssen, dass selbst Dahlien keine europäischen Pflanzen sind.
Um unser Gepäckproblem endgültig auf die Spitze zu treiben, muss unterwegs auch noch ein Katta aus Bast unbedingt mit ins WoMo.
Später treffen wir uns alle an einer Tankstelle kurz vor Antananarivo. Ab jetzt fahren wir Kolonne um die schwierige Durchfahrt, aber vor allem die enge und unglaublich steile Auffahrt zu unserem heutigen Stellplatz am Haus von Jürgen M. zu schaffen. Bei den letzten Kilometern kommen uns ernste Zweifel, ob wir den Höhenanstieg auf der Piste überhaupt schaffen können. Gut nur, dass es nicht geregnet hat sonst könnten wir die Zufahrt glatt vergessen, dafür stehen wir zu guter Letzt aber mit toller Aussicht auf das Häusermeer des hiesigen Stadtteils.
Jürgen M. ist ein Freund von Georg Sch. und so kommen wir in den Genuss so allerhand Annehmlichkeiten wie z. B. Internet und Deutsche Welle. Regelrecht gierig sind wir nach den Wochen des Radio-, Fernseh- und Internetentzuges auf die vermeintlich wichtigen Dinge des Lebens. Wir verzichten auf ein Bad im Pool und werfen unsere Laptops an. Der E-mail Posteingang quillt über und endlich sehen wir einmal Nachrichten aus der Heimat und der Welt. Erdbeben in Japan mit Atomgau Krieg in Libyen und Wahlkampfdebatten in der Heimat lassen uns sehr schnell zu dem Entschluss kommen, manchmal ist es gar nicht verkehrt nicht zu wissen was in der Welt passiert. Wir schalten alle Geräte ab und überlassen uns wieder ganz und gar unserem Mikrokosmos.
Da das Versorgungsfahrzeug den Anstieg nicht geschafft hat, werden wir im Haus auf das Beste versorgt und genießen mal wieder den Luxus eines schön gedeckten, sehr gepflegten Esstisches und natürlich auch eines guten Essens für das extra ein Koch geordert wurde.
Da wir Antananarivo schon in groben Zügen genossen haben und uns die Stadt ehrlich gesagt auch nicht besonders zusagt, besuchen wir am Morgen lieber die Hilfseinrichtung des Paters Pedro Opeka im Ortsteil Akamasoa. Hier finden 10.000 Kinder mit ihren Familien, die sonst im Müll leben würden, eine Heimat und ein Auskommen. Pater Pedro ist Slowene und durch Aufenthalte in Südamerika mit dem Leid armer Menschen vertraut. Er wird auch Soldat Gottes genannt und ist wegen seiner kompromisslosen Art nicht unumstritten. Wer sich interessiert kann unter www.paterpedro.de genaueres nachlesen.
Wir wussten nicht, das ausgerechnet heute eine Festveranstaltung war und so hatten wir das Vergnügen einer Tanzvorführung
und das Gänsehauterlebnis von tausenden von Kindern umgeben zu sein.
Die uns im übrigen direkt Sitzplätze freimachten um selber dann auf dem Boden zu knien.
Später mussten wir viele Kinderhände drücken und manch ein Kind sagte zu Bernd: Bonjour Padre. Wahrscheinlich weil er auch so einen grauen Bart wie der Pater Pedro hat.
Immer noch Gedanklich bei Pater Pedro und seinem großartigen Werk fuhren wir weiter bis nach Mandraka zu dem privaten Naturreservat Peyrieras. Der französische Biologe André Peyrieras hat die Pflanzen des Regenwaldes gesammelt um heimischen Tieren eine Ernährungsgrundlage zu bieten. Es leben verschiedene Lemurenarten in Freiheit hier, die aber angefüttert werden (was in den richtigen Naturreservaten strikt verboten ist) , damit die Touristen sie besser zu Gesicht bekommen sowie Chamäleons, Schlangen, Krokodile und Frösche in Gehegen.

Mit dem obligatorischen Führer machten wir uns zunächst auf die Suche nach den Lemuren. Wobei uns zu aller erst diese seltsame Exemplar einer sogenannten Krebsspinne mit ihrem Netz den Weg versperrt.

Sifakas nahmen unsere Bananenspende gerne entgegen, weitere Lemuren ließen sich aber trotz intensiver Suche nicht mehr blicken.
Natürlich war uns dann an den Gehegen mehr Erfolg beschieden und ein bunter Frosch hatte das zweifelhafte Vergnügen eines Fototermins.
Die kleinste Chamäleonart der Welt.
Bernd mit lebendiger Halskette (da kann er lange warten bis er heute noch von mir umarmt wird).
Da sind mir die Blumen doch wesentlich angenehmer.
Die Chamäleons lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen.
Den krönende Abschluss bildet dann ein Tenrek, eine Art madagassischer Igel, auf den wir in freier Natur sicher keine Chance gehabt hätten.
Natürlich kann man geteilter Meinung sein, ob das hier eben nur ein Zoo in natürlicher Umgebung war. Jedoch ehe wir verschiedene Tiere gar nicht zu Gesicht bekommen war das immerhin eine Alternative und ein echter Nationalpark ist ja schließlich unser nächstes Ziel.

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